Das Provisorium nimmt kein Ende

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Bürgermeisterin Vera Spautz ist besorgt: „Ich hoffe, dass die Container den Winter überstehen!“ Seit zehn Jahren dienen inzwischen mehr und mehr marode „Blechhütten“ am Parking „Bourgaart“ Obdachlosen als Nachtasyl.

Die Geschichte des „Foyer Abrisud“ geht auf den Winter 2004/2005 zurück. Bis dahin bot allein die Hauptstadt Obdachlosen die Möglichkeit, die kalten Winternächte in derartigen Einrichtungen zu verbringen. Die Stadt Esch leistete einem Aufruf des Familienministeriums Folge und schuf im ehemaligen Polizeikommissariat in der Kanalstraße Unterkünfte für 15 Personen, die Anfang Januar 2005 nutzbar waren. Trotz großer Nachfrage wurde diese Notunterkunft am 31. März des Jahres geschlossen.

Familienministerium bleibt hart

Im darauf folgenden Winter wurde die Einrichtung wieder eröffnet und der Schöffenrat fasste den Entschluss, das Foyer ab sofort das ganze Jahr über geöffnet zu lassen. Aufgrund des miserablen Zustands des alten Polizeigebäudes entschied sich die Gemeindeführung jedoch im Jahr 2007, provisorisch am Parking „Bourgaart“ eine aus Wohncontainern bestehende Notunterkunft zu errichten. Diese sollte 18 Personen Platz bieten, so lange, bis ein geplanter Neubau fertiggestellt sein sollte. Ein ganzes Jahrzehnt ist seitdem ins Land gezogen und das Provisorium besteht immer noch.

Bürgermeisterin Vera Spautz zeigte sich gestern denn auch auf Nachfrage enttäuscht über die sture Haltung des Familienministeriums bezüglich der Finanzierung des besagten Neubaus, für den die Stadt Esch schon das Bauland zur Verfügung stellte. Das Ministerium möchte lediglich 75 Prozent zur Finanzierung beisteuern, so dass die Stadt Esch noch 2,6 Millionen aus der Gemeindekasse zahlen müsste.

Wasser floss aus Steckdosen

„Dabei sind wir nach der Hauptstadt die einzige Gemeinde des Landes, die derartige Einrichtungen anbietet“, so die Bürgermeisterin, „und die Tatsache, dass unter den Besuchern lediglich 22,7 Prozent im vergangenen Jahr aus Esch selbst stammten und die übrigen aus anderen Gemeinden, unterstreicht die nationale Bedeutung des Abrisud“.
Inzwischen befinden sich die Container in einem mehr oder weniger desolaten Zustand: „Als es im Juli zu den heftigen Regenfällen kam, floss das Wasser aus den Steckdosen.“ Abgesehen einmal von den immer weiter wachsenden Reparaturkosten, sorgt sich Vera Spautz auch um die Gesundheit der Besucher und der Betreuer.

Es gibt aber auch Positives zu berichten: 2009 schloss das Foyer einen Mietvertrag mit der Stadt Esch ab und diese erwarb ein Wohnhaus in der Jean-Pierre-Michels-Straße und nahm Verhandlungen mit dem Familienministerium bezüglich Konzept und Finanzierung auf. Nach drei Jahren Umbau konnte das Haus, das in Anlehnung an den Standort „Maison Michels“ genannt wird, an das „Foyer de nuit Abrisud“ übergeben werden. In diesem Haus gibt es zehn Studios, die von Einzelpersonen (acht) bzw. Paaren (zwei) bewohnt werden können. „Und das alles funktioniert sehr gut. Auch mit der ‚Fixerstuff‘ und der Aufnahmestelle für Flüchtlinge kommen wir gut voran.“

Aus dem Jahresbericht 2015 von Abrisud geht hervor, dass die Einrichtungen auch im vergangenen Jahr wieder stark genutzt wurden. Die Auslastung lag bei 83,4 Prozent gegenüber noch 78,8 Prozent im Vorjahr. Insgesamt wurden 5.883 Übernachtungen gezählt, darunter 4.933 von Männern und 950 von Frauen. Im Vorjahr waren es 5.561 Übernachtungen (Männer: 4.595, Frauen: 966).

Durchschnitt von 39,7 Jahren

Insgesamt waren es 172 verschiedene Personen, die 2015 das Nachtfoyer nutzten, 5,4 Prozent mehr als im Vorjahr (149). Dies ist auch der bisherige Rekord. Zuvor war 2013 mit 157 Besuchern das Rekordjahr, mit 118 Personen besuchten im Jahr 2009 die wenigsten Obdachlosen die Escher Einrichtung.

Was das Alter der Personen angeht, die da Abrisud-Angebot nutzen, so lag der Durchschnitt 2015 bei 39,7 Jahren. Am stärksten vertreten war die Altersgruppe der 31- bis 40-Jährigen, am schwächsten diejenige von Menschen über 61 Jahren.

Suchten 2014 noch insgesamt 31 Personen unter 25 Jahren das Foyer auf, so sank diese Zahl im vergangenen Jahr auf 22 – 16 Männer und sechs Frauen.

Insgesamt 34 verschiedene Nationalitäten waren vertreten. 69 Personen hatten die Luxemburger Nationalität, 77 kamen aus anderen EU-Staaten und 25 aus nichteuropäischen Ländern. Was die Obdachlosen aus EU-Ländern angeht, so stellen die Portugiesen die Mehrheit. 2015 nutzten 37 portugiesische Staatsbürger die Escher Einrichtung. Was die Aufenthaltsdauer angeht, so nutzten 81 Personen das Angebot des Nachtfoyers für ein bis drei Tage, 31 blieben zwischen einem und drei Monaten und fünf sechs Monate oder länger.