„Das Management in Cattenom ist gut“

„Das Management in Cattenom ist gut“
(dpa)

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Mit Lob und geringen Tadeln endete eine zweiwöchige Untersuchung der Atomanlage in Cattenom (Lothringen) durch die Internationale Atom-Energie-Behörde. Geprüft wurde nur das Management nach einer Katastrophe.

Zum Schluss wurde es ungemütlich. Er verstünde nicht, wie der deutsche Experte Dieter Majer zu Aussagen kommen könne, wie sie in der deutschen Presse zu lesen gewesen seien. Es handele sich hier um eine Meinung. Man müsse bei der Beurteilung des Stresstests für Atomanlagen doch sehen, dass es sich am Ende um eine Expertise und nicht nur um eine Meinung handele, kanzelte der Chef der Atomanlage Cattenom den Beauftragten aus Deutschland und Luxemburg für den Stresstest von Cattenom, den Regierungsrat a.D. Dieter Majer, am Donnerstag ab. Der hatte zu Beginn der Woche in Saarbrücken vor dem Ausschuss für Katastrophenschutz des interregionalen Parlamentarierrates eine kritische Würdigung des bisherigen Standes des Cattenom-Stresstestverfahrens abgegeben und damit einen empfindlichen französischen Nerv getroffen.

Stéphane Dupré de la Tour, Chef der Atomanlage, ließ es nicht bei der Kritik. Auf Nachfrage zählte er auf, dass man im Internet die Anlage in ihren einzelnen Bereichen genau verfolgen könne. Das Kernkraftwerk mit seinen vier Blöcken sei in der Konzeption, in der Sicherheit, im Management und mit allen Pannen genau dokumentiert. Und dies auch auf deutsch. Cattenom übe eine totale Transparenz. Das können man von Deutschland nicht behaupten, legte er nach. Nach der Pressekonferenz fügt er hinzu: „Wir haben uns von den Deutschen keine Lektionen geben zu lassen“.

Aufgeheizte Stimmung

Die Stimmung zwischen Franzosen und Deutschen rund um Cattenom ist aufgeheizt. Der Direktor ist dünnhäutig geworden. Warum? „Wir haben uns viel Mühe gegeben während des Stresstests. Und dann lesen wir so etwas“, sagt Florien Kraft, Abteilungsleiter bei der französischen Nuklearen Sicherheitsbehörde, der in Straßburg stationiert ist.

Die Inspektoren der Atomenergie-Behörde (IAEA) schienen zu Beginn der 90-minütigen Pressekonferenz am Donnerstag früh im Spielfilm Palast Kinepolis in Thionville geahnt zu haben, dass es zu Pulverdampf kommen könnte. Ausführlich legten sie dar, was eigentlich ihre Aufgabe gewesen sei. Und die bestand im wesentlichen darin, zu prüfen, wie das Kenkraftwerk geführt wird. Es ging ihnen nicht darum, zu erkunden, ob die Atomanlage einen Flugzeugabsturz überleben würde. Ihre Aufgabe bestand vielmehr darin, zu prüfen, wie die Führungsmannschaft des Kraftwerkes eine Situation in den Griff bekommt, wo die Katastrophe bereits eingetreten ist. „Wir prüfen, was sie tun, wenn das Kraftwerk zerstört ist, wenn Radioaktivität entwichen ist, ob sie noch Strom haben und Kühlwasser und wie die Mannschaft reagiert. Wir prüfen die Ausbildung, wir prüfen, wie gut die Mannschaft ist.“ Florien Kraft dazu: „Wenn Sie das prüfen, dann ist es egal, ob ein Kernkraftwerk durch eine Überflutung oder durch einen Flugzeugabsturz zerstört ist“.

Stolz auf die Prüfung

Die Betreiber der Anlage waren daher auch stolz darüber, dass dies geprüft wurde. Sie meinten, dass sie dadurch das Handling des Kernkraftwerkes verbessern würden, und dass sie sich sogar auf solche Ereignisse vorbereiten müssten. Und dann kam im Vorfeld dieser Beurteilung der Ausschuss für Katastrophenschutz mit dem Vortrag von Dieter Majer. Das Problem dabei: Zu Beginn der Woche wurde über Konzept und Sicherheit der Anlage geredet. Am Donnerstag ging es um die Kompetenz der Mannschaft. Dabei musste die Expertenrunde der Atomenergie-Behörde erstmals überhaupt ein Katastrophen-Szenario prüfen. Bis zu Fukushima hatte das nicht auf dem Programm gestanden.

Das Management der Anlage ist gut. Es hat im wesentlichen die vier Blöcke in Cattenom im Griff, lautet zusammengefasst das Urteil. Das gelagerte Material sei klar gekennzeichnet. Die Sicherheitsvorschriften würden eingehalten. Das Kommunikationssystem sei in Ordnung, es sei mehrfach ausgelegt. Die Mannschaft sei gut. Es gebe im Katastrophenfall eine genügende technische Unterstützung. Die Handhabung im radioaktiven Bereich sei individuell beschrieben, garantiere Einfachheit und Sicherheit. Stéphane Dupré de la Tour konnte mit diesen Aussagen also sicher sein, dass alles gut für ihn verlaufen würde, bis die Fragestunde begann.

Kino war gut gewählt

Die Behörde hat gleichwohl Empfehlungen an die Kraftwerksleitung herausgegeben. So sollten neben der normalen Schulung des Personals regelmäßige Vertiefungen und Wiederholungen erfolgen. Das Trainingsprogramm für die Mannschaft solle intensiviert werden. Bei Pannen sollten die Gründe für das Ereignis tiefgehender analysiert werden. Dupré de la Tour nannte dazu als Beispiel die automatische Abschaltung von Block zwei im vergangenen August. Und schließlich wünschten die Inspektoren, dass die Leitung des Kernkraftwerksparks sich unbedingt vergewissern muss, dass alle Anordnungen klar an das Personal kommuniziert und dort auch befolgt werden.

Die Inspektoren werden in 18 Monaten nach Cattenom zurückkehren und prüfen, was umgesetzt wurde und wie es umgesetzt wurde. Irgendwie hatte man am Ende den Eindruck, dass das Kino nicht schlecht gewählt war. Man war knapp an einem filmreifen deutsch-französischen Drama vorbeigerutscht. Möglicherweise müssen sich die coolen Deutschen doch ein wenig mehr auf französische Befindlichkeiten einstellen, sonst gibt es am Freitag (2.12.2011) bei der Sitzung des Interregionalen Parlamentarierrates in Metz eine Fortsetzung des Kino-Auftritts.