Das Europa der zwei Geschwindigkeiten

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(Reuters)

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Premierminister Xavier Bettel prognostiziert, dass Entscheidungen in der Europäischen Union künftig häufiger ohne Einstimmigkeit unter den EU-Mitgliedstaaten gefällt werden.

„Ich habe lieber ein Europa der zwei Geschwindigkeiten als eine Sackgasse und kein Tempo“, sagte Bettel in einem Interview der Nachrichtenagentur AP. Mit einem Europa der zwei Geschwindigkeiten ist eine EU gemeint, in der sich einige Länder stärker an der Union beteiligen als andere.

Diese Idee, die ursprünglich von den Benelux-Staaten Luxemburg, Belgien und den Niederlanden vorgebracht wurde, setze sich immer mehr durch, sagte Bettel. „Wir im Benelux waren anfangs alleine. Dann kam Land nach Land hinzu, weil wir gesehen haben, dass bestimmte (Länder) uns als Geiseln nehmen“, so Bettel. Damit spielte er auf Polen an, das beim letzten EU-Gipfel vor zwei Wochen wegen der Wiederwahl des polnischen EU-Ratspräsidenten Donald Tusk die gemeinsame Gipfelerklärung nicht mittragen wollte.

Papst Audienz

Zum 60. Jahrestag der Römischen Verträge hat Papst Franziskus die Europäische Union eindringlich zu Solidarität und Zusammenhalt aufgerufen. Bei einer Audienz für die Staats- und Regierungschefs der EU im Vatikan sagte der Papst am Freitagabend, Solidarität sei das wirksamste Heilmittel gegen die modernen Formen des Populismus. Am Samstag feiern die 27 EU-Mitglieder – ohne das abtrünnige Großbritannien – in der italienischen Hauptstadt die Unterzeichnung der Verträge von 1957, die zur Grundlage für die Europäische Union wurden.

Bei der Papst-Audienz waren neben Premierminister Xavier Bettel und den 26 anderen „Chefs“ auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und weitere EU-Spitzen dabei. „Sechzig Jahre später nach Rom zurückzukehren darf nicht bloß eine Reise in die Erinnerungen sein“, mahnte Franziskus. Die Gründungsideale der Europäischen Union dürften nicht auf wirtschaftliche und finanzielle Erfordernisse reduziert werden. „Solidarität ist nicht ein guter Vorsatz. Sie ist gekennzeichnet durch konkrete Taten“, mahnte der Papst.

Problem Griechenland

Immerhin geht die EU der 27 geschlossen in den Jubiläumsgipfel. Auch Polen stimmte der geplanten Erklärung zur Zukunft der Union zu. Die polnischen Forderungen seien erfüllt worden, sagte Ministerpräsidentin Beata Szydlo vor ihrem Abflug nach Rom.

Auch Griechenlands Regierungschef Alexis Tsipras sagte vorab zu, das Abschlussdokument mitzutragen. Sein Land sei berechtigt, klar und deutlich zu erfahren, ob die sozialen Errungenschaften der EU auch für Griechenland gültig seien, schrieb er an EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker. Das Land und seine Gläubiger ringen um Arbeitsmarktreformen.

Juncker erklärte, natürlich würden europäische Sozialstandards auch für Griechenland gelten. Er rief aber zu einer raschen Einigung der Athener Regierung mit den Gläubigern noch vor dem Treffen der Euro-Finanzminister am 7. April auf.