Auto-Revolution lässt auf sich warten

Auto-Revolution lässt auf sich warten
(Christian Muller)

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Erstmals stellt Audi eines seiner Modelle im sozialistischen Kuba vor. Eine Aktion, die auf den Charme des sich öffnenden Karibikstaates setzt. Die Realität auf den Straßen sieht noch immer anders aus.

Die rot lackierten Neuwagen fallen auf den heruntergekommenen Straßen Havannas sofort auf. Denn seit Jahrzehnten prägen amerikanische Straßenkreuzer aus den 1950er Jahren das Straßenbild Kubas. Beim Anblick der neuen Audis bleiben einige Menschen stehen und winken dem halben Dutzend Fahrzeugen zu.

Mit dem neuen Stadtgeländewagen Q2 hat Audi an diesem Sonntag erstmals eines seiner Modelle in dem sozialistischen Inselstaat vorgestellt – kurz vor der offiziellen Präsentation in Zürich. Kuba liegt gerade im Trend. Touristen, Prominente und Firmen aus aller Welt haben die Karibikinsel entdeckt, vor allem seitdem die USA Ende 2014 eine Wende in ihren jahrzehntelang zerrütteten Beziehungen zu Kuba einleiteten.

Nach dem Sieg der Revolution von 1959 war der Karibikstaat in die Isolation im Zuge des Kalten Krieges zwischen Ost und West geraten. Nun scheinen es viele eilig zu haben, bei der langsamen Öffnung dabei zu sein. Zuletzt hatte das französische Modehaus Chanel erstmals in seiner Geschichte seine Models über einen Catwalk in Havanna laufen lassen.

Der Wandel auf Kuba schreitet nur langsam voran

Audi-Entwicklungsvorstand Stefan Knirsch sagte in Havanna, Kuba sei ein Land, in dem „wahrscheinlich niemand ein neues Auto vorgestellt hat, in den letzten 50 Jahren ganz sicher nicht.“ Gerade der Automarkt ist aber ein gutes Beispiel dafür, dass der Wandel auf Kuba nur langsam voranschreitet. Seit einigen Jahren schon fährt die Regierung von Staatschef Raúl Castro (84) einen vorsichtigen marktwirtschaftlichen Kurs, inzwischen arbeiten fast rund 500 000 der 11 Millionen Kubaner im wachsenden Privatsektor.

Anfang 2014 öffnete die Regierung offiziell auch den Markt für Neuwagen – jeder Kubaner, hieß es damals, dürfe nun ein neues Auto erwerben. Die Ankündigung kam damals einer Revolution gleich, nachdem zwei Jahre zuvor schon der freie Handel mit Gebrauchtwagen genehmigt worden war.

Kuba hatte nach 1959 den Autohandel weitgehend verboten. In den Jahrzehnten danach hatte nur der Staat Autos ins Land eingeführt, in der Regel alte sowjetische Modelle wie Lada, in letzter Zeit vor allem chinesische Marken. Neuwagen wurden bis 2014 nur als Prämien an Regierungsbeamte oder etwa Ärzte vergeben.

Ein durchschnittlicher Monatslohn von rund 25 Euro

Inzwischen sind aber in Havanna immer mehr modernere Autos zu sehen. Nur: Eigentlich kann sich der Normalbürger nach wie vor kaum einen Neuwagen leisten. So manches Fahrzeug kostet ein vielfaches dessen, was man beim Händler in Europa dafür bezahlen würde. Und das in einem Land, in dem der durchschnittliche Monatslohn im Staatssektor umgerechnet etwa 25 Euro beträgt.

So bleibt die Kontrolle des Automarktes in der Realität in Staatshand – der Staat importiert wenige Autos und legt später eigentlich unerschwingliche Preise fest. Private Autohändler darf es nach wie vor nicht geben. „Aktuell ist es so, dass wir Fahrzeuge nur anbieten können, wenn eine politische Anfrage gestellt wird“, erklärt etwa Ulrich Widmann, Leiter der Projektsteuerung bei Audi. Als Markt sei Kuba deswegen eigentlich kaum interessant.

Kritiker vermuten, dass durch die Restriktionen Kubas Regierung vor allem die wachsenden sozialen Unterschiede in Zeiten der wirtschaftlichen Öffnung kaschieren will. Der Staat selbst sagt, dass die maroden Infrastrukturen des Landes noch ausgebaut werden müssten, bevor massenhaft neue Fahrzeuge eingeführt würden.

Für viele Kubaner bleibt der Neuwagen-Kauf ohnehin ein Traum.