Athens Pläne für die Rückkehr an die Märkte

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Griechenland denkt das Undenkbare: Sich an die Märkte zu wagen - und ganz ohne EU-Hilfe auszukommen. Finanzminister Stournaras glaubt, das sei noch in diesem Jahr machbar. Viele Experten sehen das aber anders. In Athen will man die Wette gewinnen.

Das Mantra lautet immer gleich: „Ja, wir wollen an die Märkte. Ja, es ist machbar.“ Das hört man in diesen Tagen überall offiziell in Athen. Griechenland sieht die EU-Ratspräsidentschaft als gute Gelegenheit, seine optimistischen Pläne hinauszuposaunen. Regierungschef Antonis Samaras hatte schon in seiner Neujahrsansprache angekündigt: „2014 wird Griechenland auf die Märkte zurückkehren und anfangen, wieder ein normaler Staat zu sein“. Ob das machbar ist? Darüber wird heftig debattiert. Viele zweifeln daran.

Im Athener Finanzministerium steht schon der Fahrplan: Griechenland hat nach eigenen Angaben 2013 einen kleinen sogenannten primären Überschuss (ohne Zinslasten) erwirtschaftet. Die Eurogruppe hatte schon im November 2012 den Griechen in Aussicht gestellt, ihnen unter dieser Voraussetzung mit weiterer Hilfe unter die Arme zu greifen. Athen will aber – wegen der damit verbundenen Sparauflagen – weder ein drittes Hilfspaket noch einen Schuldenerlass. Finanzminister Ioannis Stournaras betont: „Nein, wir wollen keinen Schuldenschnitt.“

„Informeller“ Schuldenschnitt

Er weiß auch, dass es für die meisten Regierungen der Euroländer nicht vertretbar wäre, mit dieser Forderung vor ihre Parlamente zu treten. Den Griechen geht es vielmehr um einen „verdeckten“, „informellen“ Schuldenschnitt – nämlich längere Rückzahlungsfristen und noch niedrigere Zinsen für die jetzigen Hilfskredite. Dann würde der griechische Schuldenberg tragfähig, dann könnte Athen sich an die Märkte wagen.

Der Stichtag ist der 23. April. Mit Spannung blicken die Griechen nach Luxemburg, wo an diesem Tag das Europäische Statistikamt Eurostat die Daten über die öffentliche Defizite bekannt gibt. Dann wird klar sein, ob Griechenland tatsächlich 2013 einen Primärüberschuss erzielt hat und die neue „Hilfe-an-Athen-Debatte“ beginnt. In den ersten elf Monaten des Jahres 2013 hat Griechenland laut Finanzministerium aus eigener Kraft 1,2 Milliarden Euro erwirtschaftet. 2014 soll die Summe auf 3 Milliarden Euro steigen.

„Hilfe ist weiter notwendig“

Experten wie der Direktor der Brüsseler Denkfabrik Bruegel, Guntram Wolff, glauben allerdings nicht, dass Athen schon bald auf EU-Hilfe verzichten kann: „Diese Annahme ist zu optimistisch.“ Entscheidend seien neben dem Haushaltsdefizit auch der Schuldenberg und die Wachstumsaussichten eines Landes: „Dabei sieht es in Griechenland immer noch nicht rosig aus.“ Noch drastischer formuliert es der Chefvolkswirt der Bank ING-DiBa, Carsten Brzeski, der sagt: „Das ist reines Wunschdenken.“

Denn die Lage in Griechenland bleibt schwierig. Die Wirtschaft soll in diesem Jahr erstmals seit 2008 wieder zart wachsen, doch der Schuldenberg ist erdrückend hoch. Das Verhältnis der Schulden zur Wirtschaftsleistung lag 2013 nach EU-Schätzungen bei 176 Prozent – bei diesem Stand gilt es als unrealistisch, dass ein Land sich wieder an den Märkten finanziert.

Neues Hilfspaket nicht ausgeschlossen

Die Szenarien der Ökonomen sehen anders aus: „Wenn Griechenland nicht Ende 2014 an die Kapitalmärkte zurückkehrt, bedarf es wohl eines neuen Hilfspakets“, sagt der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer. Das erwartet auch die ING-DiBa – plus eine Senkung und Streckung der Zinszahlungen. Volkswirt Brzeski sagt: „Der Schuldenerlass wird durch die Hintertür kommen.“

Doch warum prescht die griechische Regierung vor? Es sind vor allem politische Gründe. Außenminister Evangelos Venizelos warnt davor, dass ein neues Hilfspaket mit neuen Sparauflagen radikale und euroskeptische Kräfte stärken oder gar an die Macht in Griechenland bringen könnte. Die Athener Koalitionsregierung aus Konservativen und Sozialisten braucht dringend einen Erfolg.

Athen verteidigt seine hochfliegenden Pläne. „Stell Dir vor, welch ein Erfolg es für Europa sein würde, wenn Portugal und Griechenland Ende des Jahres zusammen erfolgreich an die Märkte gehen“, sagte ein hoher Beamter des Finanzministeriums der Nachrichtenagentur dpa am Mittwoch. Der griechische Wirtschaftsminister Konstantinos Chatzidakis nannte die Pläne im griechischen Fernsehen eine „Wette, die Athen gewinnen muss“.