„Plata o plomo“

„Plata o plomo“
(Daniel Daza)

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Sie sind kriminell und erbarmungslos, trotzdem faszinieren sie zurzeit die Serienwelt: Ein paar Gedanken zum Boom der TV-Drogenbosse bei Netflix und Co.

„Plata o plomo“, also Geld oder die Kugel, sagt Drogenboss Pablo Escobar in „Narcos“, dem neuen Serienhit des Streamingdienstes Netflix. Die drei Wörter prägten sich vielen Zuschauern ins Gedächtnis. Das könnte daran liegen, dass der Satz kurz und prägnant ist. Eher aber ist er Sinnbild für die kompromisslose Gewalt der mexikanischen Drogenkartelle.

Die Drogenbosse boomen gerade in der Serienwelt der letzten Jahre. Von Walter White aus „Breaking Bad“ bis hin zu Pablo Escobar in „Narcos“: Sie alle wurden zu einer Quelle der Faszination. Am Mittwoch wurde vom Streamingdienst Netflix ein neuer Trailer vorgestellt. Im nächsten Jahr soll eine Serie über den Mexikaner „El Chapo“ anlaufen. Der Baron hatte vor kurzem Schlagzeilen gemacht, weil er im Januar 2016 wieder geschnappt wurde – nachdem er zum dritten Mal entkommen war. Also schon wieder ein Drogenboss als TV-Serienprotagonist.

Doch woher kommt dieser Boom? Wieso diese plötzliche Faszination? Um dies zu verstehen, muss man ein paar Jahre in der Zeit zurückreisen. Das Stichwort heißt: „Breaking Bad“. Die amerikanische Serie lief 2008 an und eroberte die Herzen der Zuschauer. Kurz und knapp: Walter White, ein Chemielehrer, wird mit unheilbarem Krebs diagnostiziert. Er fängt an, Methamphetamine zu „kochen“ und zu verkaufen, um seine Behandlung zu bezahlen, und rutscht dabei immer tiefer ins Milieu ab, bis er zu einem ganz dicken Fisch wird.

Für viele Medienanalysten war das die Wende. Der Drogenboss ist auf einmal nicht mehr ein unantastbarer, zigarrenrauchender Krimineller, der nur in zwielichtigen Hinterzimmern mit einer Knarre in der Hand auftaucht. Er ist Familienvater. Mit seinen guten und schlechten Seiten. Wichtig ist auch, dass der Zuschauer seine ganze Entwicklung mitverfolgen konnte. Von Walter White, dem netten Lehrer von nebenan, zu „Heisenberg“, dem skrupellosen Drogenboss und Mörder.

Auch kann man sich nun in den bösen, aber faszinierenden Kerl hineinträumen. Es klingt abartig und dennoch hat sich wohl jeder mal vorgestellt, wie er sich denn als Drogenboss machen würde. Denn der Drogenhandel, und vor allem dessen Spitze, hat schon immer Geld und Macht bedeutet. Die Begeisterung für „Breaking Bad“ war riesig. Weltweit wurde die Serie als eine der besten aller Zeiten gefeiert. Publikum sowie Kritiker überschütteten sie mit Lorbeeren.

Alte Faszination

Die Faszination für das „Gangster“-Milieu an sich ist alt und relativ einfach nachzuvollziehen. Der Gangster ist das Sinnbild des Rebellentypus. Nur ist er dazu noch derart mächtig, dass ihm keiner mehr etwas anhaben kann. Diese Seite der Faszination hat die Biografie-Serie „Narcos“ voll ausgeschöpft. Es geht um den berüchtigten kolumbianischen Kartellboss Pablo Escobar.

Escobar hatte in Kolumbien zeitweise so viel Macht, dass er sich alles erlauben konnte. Um sich vor den amerikanischen Drogenbehörden zu schützen, die ihm auf den Fersen waren, übergab er sich selbst der kolumbianischen Justiz. Diese versprach ihm dann, dass er nicht in die Staaten ausgeliefert wird. Außerdem wurde er in einem Gefängnis eingesperrt, das er sich selbst erbaute und „La Cathedrale“ taufte.

Vermenschlichung des Bösen

Auch in dieser Serie hat der böse Escobar wieder eine gute Seite. Er wird privat gezeigt, wie er als „guter Familienvater“ seine Frau und seinen Sohn ständig vor seinem eigenen Leben schützt. Weiterhin wird sein Einsatz für die ärmere Bevölkerung Kolumbiens thematisiert. Es findet, genau wie bei „Breaking Bad“, eine Vermenschlichung des Bösen statt. Der Wolf trägt wieder den Schafspelz. Die Kriminalität und vor allem der Mord wird vermenschlicht. Auf einmal ist es okay, dass der Drogenboss diesen oder jenen erschossen hat: Er hat es ja gemacht, um seine Familie zu schützen.

Ob „El Chapo“, die neue Serie von Netflix, wieder in diese Fußstapfen tritt, ist unklar. Der Trailer verrät recht wenig über den Inhalt des neuen Formats. Allerdings hat der echte Joaquin Guzman, wie El Chapo mit richtigem Namen heißt, mehrere Frauen und neun Kinder. Mehr als genug Gelegenheit also, um wieder den netten Familienvater zu zeigen. Reichlich mächtig war El Chapo auch. 2009 besetzte er auf der Liste der mächtigsten Menschen der Welt des Forbes Magazine Platz 41.