„Panama Charly“ auf der Zielgeraden

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Lange vor der LuxLeaks- Affäre machte Charles Ewert, alias „Panama Charly“, schon sein Geld mit Domiziliationen von multinationalen Betrieben, den sog. Briefkastenfirmen.

Einer seiner Hauptkunden war der schwerreiche österreichische Waffenproduzent Gaston Glock, der die in Polizeikreisen sehr beliebte gleichnamige Pistole entwarf. Er wurde am 27. Juli 1999 in einer Tiefgarage der Luxemburger Oberstadt Opfer eines misslungenen Mordanschlags.

Ewert wurde damals nicht nur vorgeworfen, diesen Anschlag durch den früheren französischen Catcher Jacques Pêcheur in Auftrag gegeben zu haben, sondern auch, ab 1989, bis zu 100 Millionen US-Dollar aus der Glock-Gruppe in seine Briefkastenfirmen umgeleitet zu haben. Am 12. März 2003 wurde Pêcheur denn auch zu siebzehn und „Panama Charly“ zu zwanzig Jahren fester Haft verurteilt.

Dies sollte den Prozess jedoch nicht stoppen, der durch alle Instanzen ging, um dann wieder neu aufgerollt zu werden, ohne aber die Frage zu beantworten, warum der etwas unbedarfte Pêcheur, der scheinbar in die Schusslinie dieser beiden Waffen- und Geldmanipulateure geriet, sich beim Überfall auf Glock eines Hammers aus Gummi bediente – obwohl man in seinem Auto einen eisernen fand.

Kontakte zu Haiders FPÖ

Im weiteren Verlauf des Prozesses stellte der Verteidiger von Ewert, Me Philippe Penning, dann aber die politisch unterlegte Frage, ob Glock als Nebenkläger nicht vielleicht seine guten Kontakte zu Jörg Haiders rechtspopulistischer FPÖ (Freiheitliche Partei Österreich) und zum österreichischen Geheimdienst (*) nutzte, um die Luxemburger Justiz unter Druck zu setzen, Ewert – der noch im Gerichtssaal verhaftet wurde – so lange wie möglich im Gefängnis zu belassen.

Ein Vorwurf, den kein geringerer als der damalige Justizminister Luc Frieden im Zeugenstand entschärfen musste.

Zu allem Überdruss wurde der heute 85-jährige Glock Ende 2014 dann auch noch von seiner Ex-Frau Helga vor ein Gericht im US-Bundesstaat Georgia zitiert. Sie forderte 500 Millionen US-Dollar, die er aus dem gemeinsamen Familienbesitz abgezweigt haben soll. Es ging dabei auch um Diebstahl, Betrug und Geldwäsche. Dazu muss man wissen, dass Glock mit einem vor Jahren geschätzten Vermögen um die halbe Milliarde Euro als einer der reichsten Männer der Alpenrepublik gilt.

Wird Glock geschont?

Am Freitag nun ging es dann in der zweiten Instanz um das Anfang der 90er Jahre von Ewert gedrehte, wegen Betrugs und Fälschung strafrechtlich relevante finanzielle Karussell von Gaston Glocks Geldern über Panama, zu dem „Panama Charly“ am 7. Mai 2014 in erster Instanz mit seinem heute in der Schweiz residierenden Partner B. zu drei Jahren, resp. 6 Monaten Haft verurteilt worden war.

Der Vertreter der Generalstaatsanwaltschaft, die Berufung eingelegt hatte, sprach von einem Dutzend Fälschungen in dieser Affäre und forderte die Bestätigung des Urteils aus erster Instanz. Ewerts Anwalt berief sich auf die Verjährung der vorgeworfenen Fakten, wenn sie denn stattgefunden hätten. Sein zweiter Anwalt, Me Philippe Penning, sah in dieser Affäre das Motiv für den tragikomischen Überfall auf Glock, wer auch immer diesen in Auftrag gab. Er bedauerte, dass die Verteidigung in erster Instanz keine klaren Antworten von Ermittlern und Beteiligten bekam, als ob man etwas zu verheimlichen hätte.

Jedenfalls gäbe es „megagroße“ schwarze Löcher in diesem Prozess, die er anhand von Beispielen belegte. Me François Turk, der Luxemburger Anwalt von B. schloss sich dem an und brachte auch die exzessiv lange Prozessdauer ins Spiel. Diese Affäre hätte mit der des Überfalls verhandelt werden müssen.
Me Arsène Kronshagen, der Anwalt von Glock wehrte sich natürlich gegen jedes Amalgam und wies darauf hin, dass dieser zweite Prozess auf Dokumenten basiert, während sich der Prozess des Überfalls auf Indizien berief … was wiederum Me Turk auf den Plan rief, der sich wunderte, warum man denn 15 Jahre auf diesen Dokumenten sitzen blieb.

„Keine relevanten Aussagen“

Auch Me Penning bedauerte, dass die Verteidiger Glock, der laut ihm „keine für die Wahrheitsfindung relevante Aussagen habe“, in all dieser Zeit keine direkten Fragen stellen konnten.
Sogar der Vertreter der Generalstaatsanwaltschaft schloss sich dieser Argumentation an und erwähnte die Tatsache, dass dieser Fall 2005 hätte abgeschlossen werden müssen und die Richter im Prozess des Überfalls kein Motiv zurückbehielten.

Danach trat Ewert vor die Richter und bedauerte, dass die Verhandlungen um Unipatent – die implizierte Firma in Luxemburg (die panamesische heißt Reofin) – geführt werden, als handele es sich um nominative Aktien, dabei waren es anonyme „actions au porteur“, die unkontrollierbar sind.

Er verwies auf die Differenzen zwischen Glock und Perz, nachdem sie über ihre Luxemburger Holding und die amerikanische Glock-Gruppe den internationalen Markt aufgerollt hatten. Perz wurde 1987 mit der ganzen Familie aus Österreich ausgewiesen. Vorher hatte er die Unipatent-Aktien über einen Schweizer Banker und ihn selbst an Glock verkauft, die laut ihm aber nie ankamen.

Waffenmarkt

Dazu müsste man die in Glocks Besitz befindlichen Originalverträge einsehen können. Der Vorsitzende sah dies etwas anders und fragte sich, warum Ewert immer wieder Firmen zwischenschaltete, um Aktien zu kaufen, ohne in die Tasche zu greifen. Der Angeklagte konterte dies mit der Argumentation, dass Glock ihm lange vertraute und er ein Genie sein müsste, ihn unauffällig hintergangen zu haben.

Im Gegenteil, er sei von Glock hinters Licht geführt worden, weil er nie eine Abrechnung und schon gar kein Geld sah. Interessant war die Aussage, dass Glock 1998 mit Ewert nicht mehr wirtschaftlicher Nutznießer sein wollte und ihm die Frage stellte, wessen Freundin man nun einsetzen sollte. Man entschied sich für die von Glock, weil keine Luxemburgerin für 80 Millionen Dollar gut war.

Doch gehörte die Firma beiden. Ewert ging dann auch noch auf den von Staaten und ihren Geheimdiensten überwachten, doch ansonsten in aller Transparenz arbeitenden Waffenmarkt ein, auf dem Glock mit seiner Pistole in nur fünf Jahren allein in den Vereinigten Staaten seinen alteingesessenen Konkurrenten Smith & Wesson mit nicht weniger als 75 Prozent des Marktes ausstach.

Der Prozess wird am kommenden Dienstag fortgesetzt.

(*) Zufälligerweise war die FPÖ damals in der Regierung in Wien und damit der einzige Verbündete Luxemburgs im Brüsseler Kampf um das Bankgeheimnis. Ausserdem basierten sich Juncker und Frieden, die damals das Parlament belogen, bei der Ausweisung eines in Bosnien verheirateten tunesischen Oppositionellen der Ennahda-Partei auf Informationen des österreichischen Geheimdienstes.