„Luxemburg muss aufpassen“

„Luxemburg muss aufpassen“
(Didier Sylvestre)

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Großbritannien hat den Brexit eingereicht. Außenminister Jean Asselborn spricht mit uns über die Konsequenzen, die Gefahren für Luxemburg und die Auswirkungen auf den Balkan. Ein Interview.

Tageblatt: Heute hat Großbritannien offiziell den Brexit bei der EU eingereicht. Was sind die nächsten Schritte, die auf uns zukommen?

Jean Asselborn: „Das was jetzt feststeht, ist dass am 29. April der Europäische Rat zusammenkommt. Was auch noch feststeht, ist dass der 27. April in Luxemburg der „Conseil des Affaires Générales“ stattfindet um die Zusammenkunft des Europäischen Rates vorzubereiten. Darauf wird jetzt hingearbeitet. In Zwischenzeit sehen wir Anfang April Barnier in Luxemburg. Ich bin auch von David Davis, der die Sache führt, gefragt worden, ob er nach Luxemburg kommen kann. Ich bin natürlich damit einverstanden, wir müssen nur noch ein Datum finden.“

Worauf muss Luxemburg aufpassen?

„Das Leben vieler Luxemburger hängt direkt oder indirekt vom Finanzplatz der Großherzogtums ab. Deshalb müssen wir das ‚Level Playfield‘ mit der City of London weiterhin beibehalten. Es dürfen keine Vorteile für den Finanzplatz London herausspringen, nur weil das Land sich nicht mehr in der EU befinden. Das ist vielleicht ein spezifisches Problem für Luxemburg und deshalb müssen wir uns dafür einsetzen.“

Was sind die Prioritäten, die nun gesetzt werden?

„Das erste, was man beim Brexit bedenken sollte ist, dass 1,3 Millionen Briten in der EU leben, und umgedreht 2,5 Millionen Europäer in Großbritannien wohnen und arbeiten. In Luxemburg leben rund 6000 britische Staatsbürger. Diese Leute haben zum größten Teil Angst, über das, was nun passieren könnte. Als ich vor ein paar Monaten in London war, habe ich von all denen, die etwas beim Thema Brexit zu sagen haben, gehört, dass dies absolute Priorität hat und das muss auch eine Priorität sein, damit hier Klarheit geschaffen wird. Das ist eine europäische Herausforderung, die wir angehen müssen.

Das zweite ist, dass man nochmal die Prinzipien wiederholen muss. Man darf nicht bestraft werden, wenn man die EU aus freien Stücken verlässt, was ja der Fall ist, und man darf natürlich auch nicht dafür belohnt werden. Der Ausdruck „no deal is better than a bad deal“ gilt nicht nur für eine, sondern für beide Seiten.

Das dritte ist, dass der Brief mit dem Brexit-Antrag, der am heutigen Mittwoch an EU-Ratspräsident Donald Tusk geschickt wurde, eigentlich recht soft gehalten ist. Darin ist keine Aggressivität zu spüren, und es steht auch nicht drin, dass Großbritannien nun befreit wird, so wie es der britische Außenminister mal formuliert hatte. Im Brief wird angedeutet, dass Großbritannien in Zukunft auch geographisch in der Europäischen Union bleiben wird und dass wir darauf zählen können, dass Großbritannien in Zukunft ein zuverlässiger Partner für die EU bleiben wird.“

Sie sind gerade auf Visite im Balkan und haben seit Dienstag den Kosovo, Serbien und Montenegro besucht. Wie sind die Reaktionen in diesen Ländern, die doch genau das Gegenteil von Großbritannien vorhaben, nämlich den Einstieg in die EU? Großbritannien war darüber hinaus auch noch ein großer Fürsprecher für die Erweiterung der EU.

„Wir haben weder mit dem Premier, noch mit dem Außen- oder Innenminister oder im Parlament diesen Fall präzise angesprochen. Sie haben mir auch keine Andeutung gemacht, dass sie Angst haben. Nur die serbischen Journalisten haben ihre Besorgnis anhand ihrer Fragen bei der Pressekonferenz durchblicken lassen. Es stimmt, dass Großbritannien das Land war, das dauernd auf die Erweiterung gedrückt hat, was dazu geführt hat, dass Anfang der Nullerjahre 12 weitere Länder der EU beigetreten sind. Das will aber nicht heißen, dass wir uns bei einem Ausstieg Großbritanniens unserer Aufgabe im Balkan nicht mehr bewusst wären. Auch Großbritannien hat damals gesehen, dass es Schwierigkeiten gibt, die überwunden werden müssen.“

Wie stehen die Chancen um die Beitrittskandidaten auf dem Balkan?

„Serbiens Premier Aleksandar Vucic ist beim Thema EU-Beitritt nicht sehr optimistisch. Die Blockade in Mazedonien wird schwer zu lösen sein. In Bosnien-Herzegowina gibt es drei Gemeinschaften, die nicht zu einer Nation zusammen gewachsen sind und wo es dadurch Probleme gibt. Die Reibereien zwischen Kosovo und Serbien sind meiner Meinung nach noch am einfachsten zu lösen. Da liegt alles auf dem Tisch und muss nur noch umgesetzt werden. Dort ist die Geschichte noch zu jung und die Emotionen noch zu groß um einen Konsens zu finden.

Es könnte noch eine Generation lang andauern, bis man rational an ein friedliches Nebeneinander von Belgrad und Pristina denken kann. Das ist aber lösbar. Montenegro könnte tatsächlich in den nächsten Jahren den Schritt in die EU vollbringen. Albanien hat gute Fortschritte gemacht. Und Serben ist das Herzstück des Balkans. Ohne Stabilität in Serbien gibt es keine Stabilität hier auf dem Balkan. Ich glaube nicht, dass der Brexit die Lage in diesen Ländern verbessern oder verschlechtern wird.“

Das gesamt Interview lesen Sie in der Donnerstagsausgabe des Tageblatt oder im E-Paper.