Ausflug in den Regenwald

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Die heutige Postkarte ist sehr, sehr feucht. Nicht nur, weil sie aus dem Regenwald kommt, sondern vor allem, weil dieser seinem Namen alle Ehre gemacht hat.

Anscheinend regnet es im Regenwald täglich. Mitunter allerdings länger und heftiger. Ausgerechnet so einen Tag hatten wir erwischt.

Dabei hatte alles gut angefangen. Das Wetter versprach beim Start in San Jose gar nicht so schlecht zu werden, die Sonne strahlte und die umliegenden Berge, deren Wolkenkranz Aufschluss über die Wetterlage geben, sahen gar nicht so schlecht aus. Der Parque Nacional Braulio Carillo, der unser Ziel war, liegt nur knappe 32 Kilometer von der Hauptstadt entfernt. Der Weg führt allerdings über einen rund 1.700 Meter hohen Bergrücken und dann herunter bis auf knapp 300 Meter über dem Meeresspiegel. Der Rücken des Berges erwies sich als fatal. Er hatte nicht nur den Kopf in den Wolken, diese wollten uns auch bei der Abfahrt gar nicht mehr loslassen. Die Sonnenstrahlen wurde immer seltener und die interessante Fahrt mit dem „Rainforest Aerial Tram“ zum völlig verregneten Abenteuer.

Das schmälert allerdings die Entdeckung des Parks nicht. Es war der Bau der Verbindungsstrasse zwischen San Jose und der Hafenstadt Limon, der 1978 zur Gründung des Parks führte, um die Hauptwasserscheide der Hauptstadt, die genau zwischen Atlantik und Pazifik liegt, zu schützen.

Der Park mit seinen rund 480 Quadratkilometern Fläche gehört zu den zerklüftetens Regionen des Landes. Die automatisierte Seilbahn, die ihn durchquert, gibt einen höchst ungewohnten, aber sehr lehrreichen Blick auf ihn frei.

Ein Regenwald ist nämlich völlig zugewachsen. Es gibt kaum Wege, die in das Dickicht hineinführen, weil sie nach kurzer Zeit sofort wieder verwildern würden. Und auch die Fauna hält sich in der Regel lieber auf den Baumgipfeln auf, wo sie besser sieht und mehr Licht hat.

Ein amerkanischer Forscher kam daraufhin auf die Idee, die Touristen auf das gleiche Niveau zu bringen. Gebaut wurde eine Seilbahn, die Besucher des Parks in etwas mehr als einer Stunde über die Baumgipfel hinweg führt. Wer die notwendige Aufmerksamkeit und genügend Ruhe mitbringt, hat die Chance, Vögel, Affen, Schmetterlinge und jede Menge Blumen sozusagen auf Augenhöhe zu sehen. Es braucht allerdings etwas Glück für eine interessanten Blick, was bei strömendem Regen nicht unbedingt der Fall war. Dennoch war die lautlose Tour durch das vielfältige Grün des Urwaldes – die Costarincaner weisen den Ausdruck Dschungel zurück, den sie den Afrikanern lassen – ein Naturspektakel, das viel über das Ökosystem beweist, mit dem Costa Rica seit den 90er Jahren die Entwaldung und den Schwund der Tierarten bekämpft.

So wurden die Masten der zwei Millionen Dollar teuren „Rainforest Aerial Tram“ mit Hubschraubern eingerichtet, um den Wald nicht mehr als notwendig zu stören und zu durchbrechen. Das verhindert nicht, dass einer der Parkwächter täglich vor der Eröffnung der Seilbahn zu Fuss durch den Regenwald marschiert und jeden einzelnen Posten kontrolliert, beziehungsweise von den schnell wachsenden Lianen und Schlingpflanzen befreit. Die Machete, die er bei der 45minütigen Tour mit sich trägt, dient in erster Linie dieser Arbeit, kann aber im Notfall auch als Personenschutz dienen. Wobei der grösste Feind nicht die Raubkatzen oder der sehr beeindruckende Tapir sind, sondern die Schlangen.

Deshalb müssen die Touristen beim Rundgang durch den Regenwald und den Marsch bis zur Seilbahn auf den befestigten Pfaden bleiben und geschlossene Schuhe tragen. Auch der Regenmantel ist empfehlenswert. Vor allem an Schlechtwettertagen.