„Regierung Luxemburgs agierte illegal“

„Regierung Luxemburgs agierte illegal“
(Alain Rischard)

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Die Steuerdeals internationaler Konzerne mit den Finanzbehörden in Luxemburg waren nach Ansicht eines Verteidigers im Prozess um die sogenannten "Luxleaks" illegal.

Vielleicht etwas unmoralisch, aber nicht illegal – so hat EU-Kommissionspräsident Juncker die Steuerpolitik der einst von ihm geführten Regierung in Luxemburg stets verteidigt. Ein Anwalt hält jetzt dagegen: Steuerdeals mit Großkonzernen seien auch illegal gewesen. Dies sagte Rechtsanwalt Bernard Colin, der einen wegen der Veröffentlichung von Steuerbescheiden angeklagten Hinweisgeber verteidigt, am Mittwoch vor dem Berufungsgericht in Luxemburg. Die einst vom heutigen EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker geführte Regierung habe Steuervereinbarungen („Tax Rulings“) mit den Konzernen geduldet, für die es keinerlei Rechtsgrundlage gegeben habe. Sie hätten auch rechtsstaatlichen Prinzipien widersprochen.

Colin vertritt den Ex-Angestellten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC), Raphaël Halet, der im Juni in erster Instanz wegen der Veröffentlichung von Steuerbescheiden zu neun Monaten Haft auf Bewährung und 1000 Euro Geldbuße verurteilt worden war. „Halet hat nicht illegale Praktiken seines Arbeitgebers PwC kritisiert, sondern solche des luxemburgischen Staates“, sagte Colin.

Die „fehlende Seite“

Er berief sich auf eine bisher „fehlende Seite“ aus einem Bericht des luxemburgischen Politikers Jeannot Krecké aus dem Jahr 1997 über die „Tax Rulings“. Diese Seite war bereits 2015 von Juncker an den Linken-Europaabgeordneten Fabio de Masi übermittelt worden. Darin heißt es unter anderem: „Die Praxis eines Rulings oder einer vorherigen Einigung mit der Steuerverwaltung existiert nicht in unserer Steuergesetzgebung.“

Tatsächlich habe die luxemburgische Regierung die „Tax Rulings“ jahrelang ohne irgendeine Rechtsgrundlage und ohne irgendwelche schriftlichen Anweisungen einigen wenigen Finanzbeamten überlassen. Dies habe dazu geführt, dass PwC Steuerbescheide über absurd geringe Steuerzahlungen schon auf dem offiziellen Papier der Finanzbehörde druckte und dann praktisch ohne Prüfung von einem Finanzbeamten abzeichnen ließ. Erst die Veröffentlichung der „Luxleaks“ habe wieder „Ordnung in das Gesetzgebungssystem Luxemburgs“ gebracht.

Neben Halet hat auch der Ex-PwC-Mitarbeiter Antoine Deltour Berufung gegen seine Verurteilung zu zwölf Monaten Haft auf Bewährung und 1500 Euro Geldbuße eingelegt. Für kommenden Montag ist eine weitere mündliche Verhandlung geplant. Für beide Angeklagten fordern die Verteidiger Freispruch.