Netanjahu in Bedrängnis

Netanjahu in Bedrängnis
(AFP/Abir Sultan)

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Im Ermittlungsverfahren gegen den israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu werden immer neue Vorwürfe bekannt. Er soll der wichtigsten Tageszeitung finanzielle Vergünstigungen für eine positive Berichterstattung versprochen haben.

Die israelische Polizei geht im Rahmen ihrer Korruptionsermittlungen gegen Ministerpräsident Benjamin Netanjahu offenbar einem weiteren Verdacht nach. Wie der Fernsehsender Channel 2 am Sonntag berichtete, prüfen die Ermittler den Mitschnitt eines Gesprächs, in dem Netanjahu mit dem Zeitungsverleger Arnon Moses über eine für den Regierungschef vorteilhaftere Berichterstattung verhandelte. Demnach schlägt Netanjahu dem Verleger vor, im Gegenzug für eine bessere Marktposition seiner Zeitung zu sorgen. Moses ist Besitzer des Massenblattes „Jediot Ahronot“ und dessen Nachrichtenwebsite Ynet. Die Zeitung ist bekannt für ihre kritischen Berichte über den rechtsgerichteten Ministerpräsidenten.

Lange Zeit war „Jediot Ahronot“ die auflagenstärkste Zeitung in Israel, inzwischen aber wurde sie von dem 2007 gegründeten Gratis-Blatt „Israel Hajom“ überholt. Es gehört dem jüdischen US-Milliardär Sheldon Adelson, einem langjährigen Unterstützer Netanjahus. Laut Channel 2 soll der Ministerpräsident vorgeschlagen haben, sich für eine Einstellung oder geringere Auflage der Wochenendbeilage von „Israel Hajom“ einzusetzen, wenn „Jediot Ahronot“ positiver über ihn und seine Politik berichte. Wann das Gespräch stattgefunden haben soll und ob eine Einigung zustandekam, ließ der Privatsender offen.

Zahlreiche Korruptionsvorwürfe

Ein Sprecher des Ministerpräsidenten wollte den Bericht zunächst nicht kommentierten. Die Polizei hatte bereits zuvor erklärt, sich zu laufenden Ermittlungen nicht zu äußern. Gegen Netanjahu laufen seit einiger Zeit Vormittlungen wegen Bestechlichkeit, in den vergangenen Tagen wurde er von der Polizei zwei Mal zum Vorwurf der Vorteilsnahme befragt. Medienberichten zufolge geht es um Zuwendungen reicher Israelis und ausländischer Geschäftsmänner im Wert von mehreren zehntausend Dollar. Zudem spekulieren israelische Medien über weitere, noch schwerwiegendere Korruptionsvorwürfe.

Der Regierungschef weist jedes Fehlverhalten von sich. Unter anderem soll der Hollywood-Produzent Arnon Milchan nach Informationen von Channel 2 Netanjahu Zigarren im Wert von zehntausenden Dollar geschickt haben. Netanjahus Frau Sara erhielt demnach von Milchan teuren Champagner, der pro Flasche 100 Dollar (95 Euro) kostet. Laut den Medien wurden in dem Fall bereits 50 Zeugen befragt, darunter auch der Präsident des Jüdischen Weltkongresses, der US-Milliardär Ronald Lauder. Er soll Reisen Netanjahus finanziert haben.

Doppelte Abrechnung

Mögliche Affären um Netanjahu und sein Umfeld hatten wiederholt für Schlagzeilen gesorgt. So ordnete der Generalstaatsanwalt im November Ermittlungen gegen einen Vertrauten des Regierungschefs an. Hintergrund ist der Kauf von drei U-Booten aus deutscher Produktion. Der Anwalt der Familie Netanjahu, David Schimron, soll Berichten zufolge zugleich für den Agenten von ThyssenKrupp in Israel tätig sein.

Im Juni räumte Netanjahu eine Geldspende eines Geschäftsmannes ein, der später in Frankreich wegen millionenschweren Steuerbetrugs beim Emissionshandel zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde. Netanjahus Büro betonte aber, die Spende habe nicht gegen geltendes Recht verstoßen. Im Mai veröffentlichte der israelische Rechnungshof einen kritischen Bericht über Flugreisen Netanjahus, welche dieser zumeist in Begleitung von Frau und Kindern in seiner Zeit als Finanzminister von 2003 bis 2005 unternommen hatte. Dabei ging es um die möglicherweise missbräuchliche Verwendung von Bonusmeilen und um den Verdacht der doppelten Abrechnung von Tickets.