Meisterwerk doch nicht verbrannt?

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In Bukarest ist der Prozess gegen die mutmaßlichen Kunstdiebe von Rotterdam gleich nach Auftakt vertagt worden. Mehrere Verteidiger erklärten, dass die für verbrannt gehaltenen Bilder noch intakt seien – und forderten für deren Rückgabe eine Prozessverlagerung in die Niederlande.

Tagelang durchkämmte die Polizei im Februar das abgelegene Dorf Carcaliu in Rumäniens Donaudelta. Und Ola Dogaru bekam es allmählich mit der Angst zu tun. Wohin mit dem Plastikpaket, das ihr der Ende Januar verhaftete Sohn Radu im letzten Herbst anvertraut hatte? Zunächst hatte sie es im Garten dann bei der Schwester versteckt und zeitweise auf dem Dorffriedhof vergraben. Dann kam der geplagten Mutter die scheinbare rettende Idee: Sie schürte in ihrem Badezimmer den Holzofen.

Am Dienstag wurden gegen Mutter Ola, ihren Sohn Radu und vier weitere Komplizen in Bukarest der Prozess in einem der spektakulärsten Kunstraube des Jahrzehnts eröffnet – und gleich nach Auftakt auf den 11. September vertagt. Mehrere Verteidiger behaupteten, dass die sieben im Oktober aus der Rotterdamer „Kunsthal“ entwendeten und verbrannt geglaubten Meisterwerke noch intakt seien. Der Wert der vermissten Kunstwerke, darunter Gemälde von Monet und Gaugin sowie Zeichnungen von Picasso und Matisse, wird von Experten auf rund 100 Millionen Euro geschätzt, die Staatsanwaltschaft geht von 18 Millionen Euro aus.

Museum ohne Wachpersonal

In ihrem später widerrufenen Geständnis hatte Ola Dogaru noch erklärt, die Bilder verbrannt zu haben, um sie als mögliche Beweise gegen ihren Sohn zu beseitigen. Ohne das Paket zu öffnen, habe sie es in den Ofen gestopft, einige Holzscheite und ihre Plastikslipper darüber gelegt und abgewartet, bis alles verbrannt gewesen sei: „Am nächsten Tag säuberte ich den Ofen, entnahm die Asche und beförderte sie mit der Schubkarre in den Garten.“

Weniger als drei Minuten und die Hilfe einer Zange hatten am 16. Oktober letzten Jahres die Diebe benötigt, um das elektronische Sicherheitssystem der renommierten Kunsthal in Rotterdam zu überlisten und das Museum am helllichten Tag um die sieben prominenten Leihgaben zu erleichtern. Zwar traf die alarmierte Polizei schon fünf Minuten später am Tatort ein, doch waren die Täter längst über alle Berge. Das ohne Wachpersonal operierende Museum sei nicht geeignet, Kunstwerke von derartigem Wert auszustellen, so Ton Cremers, niederländischer Fachmann für Kunst-Sicherung: „Weltweit machen die Museen denselben Fehler. Sie vertrauen auf die Elektronik – und wenn etwas passiert, ist es zu spät.“

Für die findigen Kunsträuber von Rotterdam fingen die Probleme hingegen erst nach dem erfolgreichen Beutezug an: Sie vermochten ihr aus den Rahmen geschnittenes und nach Rumänien geschmuggeltes Hehlergut selbst zum Schleuderpreis nicht zu verscheuern. Für 400.000 Euro wollten sie zu Jahresbeginn die Beute schließlich versilbern. Doch die Übergabe an einen von Rumäniens Polizei instruierten Unternehmer scheiterte, als der Haupttäter im letzten Moment eine Warnung erhielt, dass sein Telefon abgehört werde.

Drei Ölgemälde wurden verbrannt

Die nach dem Widerruf des Geständnisses der Mutter aufkeimende Hoffnung, dass die Bilder doch noch existieren, hatte nach der Untersuchung der Asche im Juli einen Dämpfer erhalten. Zumindest drei Ölgemälde – teils aus dem 19. Jahrhundert – seien in dem Ofen verbrannt worden, sagte Gheorge Niculescu, Leiter des Experten-Teams, das die Asche-Reste analysierte. Er könne zwar kann nicht mit Sicherheit sagen, dass die Überreste von den gestohlenen Bildern stammen. „Aber von so vielen Kunstwerken in Carcaliu habe ich nicht gehört.“

Die Verteidiger beteuerten zu Prozessauftakt am Dienstag jedoch erneut, dass ihre Mandanten bereit seien, den niederländischen Behörden die „intakten“ Bilder zurückzugeben, sofern sie einen „korrekten Prozessrahmen“ erhalten würden. Schon seit einigen Monaten fordern die Angeklagten die Verlagerung ihres Prozesses in die Niederlande.