Kirchen und Staat

Kirchen und Staat
(Tageblatt-Archiv)

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"Kirche(n) und Staat in Luxemburg" heißt ein sechsteiliger Artikel des ehemaligen Generalvikars Mathias Schiltz Mitte August im Luxemburger Wort.

In diesem versuchte er zu belegen, warum die Kirche ein Anrecht auf ihre Privilegien hat. Im Folgenden nur einige interessante Beispiele von Schiltz’ Argumentation.

Claude Molinaro cmolinaro@tageblatt.lu

In Teil zwei der Serie zitiert er den Beschluss der Luxemburger Diözesansynode (1972-1981): „Da aber beide Gesellschaften – Kirche und Staat – im Dienst desselben Menschen stehen und ihren Beitrag zum Wohlergehen derselben menschlichen Gesellschaft zu leisten haben, ergeben sich breite Zonen, innerhalb derer sich die Interessen von Kirche und Staat berühren und überschneiden.“ Die Kirche versteht sich also als Dienst an der Gesellschaft, dem Staat ebenbürtig. Sollte sich der Staat aber nicht um seine Bürger und die Kirche um die Gemeinschaft der Gläubigen kümmern? Will uns die Kirche sagen, beide seien identisch?

Köstlich ist Schiltz’ Zitat von José Manuel Barroso, der das Christentum als einigende Kraft darstellt, das die Integration der keltischen, germanischen und slawischen Kulturen ermöglichte. Die einigende Kraft war aber wohl eher der Macht des Schwertes zu verdanken als der Macht christlicher Gebete.

Streitpunkt Schule

Die Kirche und ihre nahestehenden Kreise, allen voran die Vereinigung „fir de choix“, führen sich auf, als ob man ihnen einen Maulkorb verpassen wolle. Warum sie ihren Religionsunterricht nicht in außerschulischen Räumen abhalten können, wird mit keinem Wort erwähnt.
Niemand will Religionsunterricht verbieten. Doch gerade das will die Kirche uns glauben lassen. Warum kann der Religionsunterricht nicht in einer Sonntagsschule stattfinden? Auf diese Frage verweigert die katholische Kirche beharrlich eine Antwort. Wohl weil sie dann die Lehrer selbst bezahlen müsste?
Auch Schiltz bleibt uns die Antwort schuldig. Bischof Koppes (1843-1918) habe als Reaktion auf das Schulgesetz von 1912 den Religionsunterricht aus der Schule herausnehmen und ihn in kircheneigene Räume verlegen wollen, erfährt man von Schiltz. Na also, es geht doch, wenn man nur will. Der Allianz von Atheisten und Agnostikern (AHA) wird vorgeworfen, religiöse Erziehung als intellektuelle Vergewaltigung von Kindern darzustellen. Dabei blieb es ja oft nicht bei der intellektuellen Vergewaltigung. Dieses Thema wird von Schiltz übrigens mit nur einem Satz erwähnt.

Nicht überzeugend sind Schiltz’ Überlegungen zu den Konventionen: „Als es 1998 um die Genehmigung der Konventionen ging, gab es im Parlament und wohl auch in der Bevölkerung einen breiten, parteienübergreifenden Konsens. Ob dieser in so kurzer Zeit zerbröckelt ist, möchte ich bezweifeln.“ Warum soll man das nicht bezweifeln? Gibt es kein Nachwuchsproblem in der Kirche? Weniger Priester? Weniger aktive Kirchengänger? Vielleicht hat es diesen Konsens in der Bevölkerung schon 1998 nicht mehr gegeben.

Gegen Ende seines Artikels wirft Schlitz der Regierung vor, dass die Bürgerforen, wo über die Referenden diskutiert werden soll, von den Koalitionsparteien organisiert werden. Es ist schwer vorzustellen, dass das Bistum und die anderen Kirchen keine Veranstaltungen abhalten werden, wo sie ihre Sicht der Dinge darstellen werden.
Fast nichts schreibt Schiltz über die finanzielle Seite des Themas. Schade, das wäre sicher interessant gewesen. Aber da liegt wohl der Hase im Pfeffer.

(Claude Molinaro/Tageblatt.lu)