Junge Dschihadisten

Junge Dschihadisten
(AP/Archiv)

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Den europäischen Regierungen bereiten junge EU-Bürger oder -Immigranten, die nach Syrien und in den Irak ziehen, um dort die Ränge der Terror-Sekte IS zu stärken, besondere Sorgen.

Es fällt auf, wie viele junge Moslems, bevor sie zu Terroristen wurden, erst eine Karriere als Kriminelle verfolgten. Raub, Körperverletzung, Erpressung, Drogenhandel und Zwangsprostitution haben etliche von ihnen noch als Schüler hinter Gitter gebracht. Im Knast jedoch widerfährt ihnen plötzlich die Erleuchtung und sie folgen dem Ruf des Herrn.

Francis Wagner fwagner@tageblatt.lu

Und aus dem kleinen Caïd aus der Cité wird dann jemand, der seine Verbrechen nicht mehr aus Hab- und Konsumsucht begeht, sondern weil er fortan im allerhöchsten Auftrag zu handeln glaubt. Und wenn sie die Frauen in ihrem ersten Leben auf den Strich schickten, so versuchen sie, sie in ihrem zweiten Leben unter die Knute der radikalen Religion zu zwingen.

Ein wesentliches Problem dieser Leute scheint denn auch der extreme Machismo zu sein, der in ihren Gemeinschaften grassiert. Ob als Gemeinkrimineller oder als Dschihadist: Diese Typen spüren offenbar eine unbändige Lust darauf, „déi aner schäissen ze dinn“ und Macht über sie auszuüben.

Überdruss am Überfluss

Das höchste der Gefühle ist es natürlich für diese kranken Gesellen, wenn sie über dem Leben anderer Menschen den Daumen senken können. Was für ein Gefühl der totalen Macht muss es für einen drittklassigen britischen Rapper sein, wenn er vor laufender Kamera einem Wehrlosen den Kopf absäbeln kann. Ein echter Held fürwahr!

Sorgen muss einem aber auch der Umstand machen, dass nicht nur Jugendliche, die in Europa keinen Ausweg aus der Armut sehen, sondern durchaus auch Mittelklassekinder den Weg in den „Heiligen“ Krieg wählen. Es scheint gar nicht mal so selten zu sein, dass diese Dschihad-Aspiranten keinen blassen Schimmer vom Koran haben, ja dass verschiedene von ihnen nicht einmal Moslems sind. Bei diesen Verirrten ist es wohl die schiere Langweile oder der Überdruss am Überfluss, der sie dazu bringt, im Nahen Osten das ganz große Abenteuer zu suchen. Auch wenn sie dann recht bald merken, auf was sie sich da eingelassen haben und sie möglichst bald wieder nach Hause zu Mami möchten.

Ganz neu ist dieses Phänomen ja nun auch wieder nicht. Früher gingen die Abenteuerlustigen zur Legion, um sich als Kanonenfutter in Frankreichs Kolonialkriegen verheizen zu lassen. Am Ende waren sie dann vielleicht sogar selber tot, doch wenigstens war ihnen dabei niemals fad. Derlei Ausprägungen des Taedium vitae treiben leider immer wieder Menschen dazu, nicht nur ihr eigenes Leben zu zerstören, sondern auch andere mit in den Tod zu reißen.

(Francis Wagner)