„Mir si Premier“

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Die zwei letzten Auftritte von Noch-Staatsminister Jean-Claude Juncker sprachen Bände.

Da wäre zum Ersten die Hesperinger Intervention vom 11. Juli, dem Tag nach der Parlamentssitzung, während der er sich ungerecht und unfair behandelt fühlte, sich dermaßen in Rage redete, dass er selbst vor europakritischen Tönen nicht zurückschreckte: ein Auftritt, der ebenso schnell von der Internetseite der Christlich-Sozialen verschwunden war, wie er draufgesetzt worden war.

Robert Schneider rschneider@tageblatt.lu

Die „Mir wëlle bleiwe, wat mir sinn“-Parolen ließ er am vergangenen Samstag wohlweislich beiseite, als er zur Kandidatenkür in Ettelbrück sprach. Ein weitaus besser vorbereiteter Juncker, auffallend um jugendliches Auftreten bemüht, bediente hier – ganz der Wahlkämpfer – so ziemlich alle Schichten der Bevölkerung. Die CSV sei eine Bauernpartei, der Mittelstand sei das Fundament der Wirtschaft, die Industrie müsse erhalten und diversifiziert werden, die Ausländer müssten einbezogen werden (Wahlrecht sollen sie aber keines bekommen), die Mütter werden ihre „Mammerent“ behalten (die ihnen niemand wegnehmen will).

Bei beiden Auftritten rieb er sich am Noch-Koalitionspartner, der LSAP, den er als Verräter sieht, und am jungen Spitzenkandidaten der Sozialisten, Etienne Schneider. Damit ist spätestens seit letztem Sonntag das Duell Juncker-Schneider lanciert.

Auch wenn die Wahlvorbereitungen jetzt während einiger Wochen wohl eher hinter den Kulissen, in den Parteizentralen laufen werden (Sommerferien verpflichten), darf mit einem stark polarisierenden Wahlkampf ab September gerechnet werden.

Prinzipiell zwei Möglichkeiten

Es wird nach dem 20. Oktober (außer es passiert ein nicht zu erwartender politischer Erdrutsch) lediglich zwei Alternativen geben:

Die CSV und damit Juncker findet einen Partner, mit dem sie weiterregieren kann, oder eine Dreierkoalition (LSAP, DP, „déi Gréng“) macht 34 Jahren christlich-sozialer Staatsminister (davon 18 Jahre Juncker) ein Ende.

Die Angst vor diesem Machtverlust treibt die Partei, die nichts anderes als den Ton anzugeben gewöhnt ist, offensichtlich in panikähnliche Gefühlswelten. Das nicht wenig arrogante, von der Bistumszeitung vorgegebene Motto „Mir si Lëtzebuerg“ zeugt von diesem Größenwahn der in die Enge getriebenen Konservativen, die mit dem Spruch „mir mam Premier“ so gerade eben am „Mir si Premier“- Slogan vorbeirutschten.

Soll das Husarenstück gelingen, die CSV in die Opposition zu schicken, so werden alle Kräfte jenseits jener der Kirche gebraucht. In diesem Kontext stellt sich übrigens die Frage, ob es nicht nützlich wäre, die Linke mit einzubeziehen. Zweifellos wollen auch deren Wähler einen Wechsel weg von Juncker.

Die Strategen der potenziellen Dreierkoalition sollten sich überlegen, ob sie im Bedarfsfall diese politische Richtung nicht mit einbinden sollten (eventuell durch ein Tolerierungsabkommen).

Denn auch wenn CSV-Präsident Michel Wolter am Samstag in Ettelbrück erklärte, die Partei werde bei dem anstehenden Wahlkampf lediglich 40 Prozent der Finanzmittel jenes von vor vier Jahren einsetzen, so ist bereits jetzt klar, dass der Kampf seiner Partei um die Erhaltung der Macht im Staate Luxemburg mit allen zur Verfügung stehenden politischen Hieb- und Stichwaffen ausgetragen werden wird.