Medien auch als „Agenten“ abstempeln

Medien auch als „Agenten“ abstempeln

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Zwei umstrittene Gesetze, die offenbar auf die Opposition zielen, hat die Duma vor wenigen Tagen verabschiedet. Nun geraten kritische Medien und sogar Parlamentarier ins Visier des Regimes. Die Opposition ist empört.

Russischen Medien mit Auslandskapital droht laut einer Gesetzesinitiative eine Ächtung als „ausländische Agenten“. Viele Zeitungen, Magazine und Internetportale würden sich „im Auftrag fremder Mächte in die Politik einmischen und Propaganda verbreiten“, sagten zwei Abgeordnete der Regierungspartei Geeintes Russland der Zeitung „Iswestija“ (Montag). Das „Agenten“-Stigma soll es demnach für Medien geben, die zu mehr als 50 Prozent aus dem Ausland finanziert werden. Die Staatsduma in Moskau werde die Initiative im September diskutieren, hieß es. Kremlgegner kritisierten das Vorhaben als weiteren Schritt zur Aushöhlung der Meinungs- und Redefreiheit.

„Der Vorstoß passt leider ins Schema“, sagte ein ranghoher Mitarbeiter eines deutschen Verlags der Nachrichtenagentur dpa in Moskau. Nach jüngsten Schritten gegen Nichtregierungsorganisationen wäre ein Vorgehen gegen die kritische Presse „der nächste logische Schritt“, betonte der Mann, der namentlich nicht genannt werden wollte. „Wer kritisiert, das sei nicht im Sinne der Pressefreiheit, sollte sich klarmachen, dass in Russland noch nie etwas im Sinne der Pressefreiheit geschehen ist.“ Im Riesenreich sind auch deutsche Verlage wie die Axel Springer AG und die WAZ Mediengruppe aktiv. Von ihnen lag zunächst keine offizielle Reaktion vor.

Finanzierung nicht transparent

„Die Öffentlichkeit hat das Recht zu wissen, wer diese Vertreter der vierten Gewalt finanziert und wie es um ihre Unabhängigkeit steht“, sagte der Abgeordnete Ilja Kostunow. Es sei ja „allgemein bekannt“, dass Medien stets im Sinne ihrer Herausgeber arbeiteten. Auch sei die Finanzierung nicht immer transparent.

Kremlkritiker wiesen auf zwei weitere Gesetzesvorhaben hin, mit denen die Führung offenbar den Druck auf Regierungsgegner erhöhen wolle. Zum einen soll der Parlamentschef „unliebsame“ Abgeordnete ohne Gerichtsentscheidung feuern können. Zweitens will das Parlament die bürokratischen Hürden für freiwillige Helfer erhöhen. Die Behörden sähen in der Selbstorganisation Tausender Freiwilliger eine Gefahr, schrieb die Tageszeitung „Wedomosti“ am Montag.

Die Duma hatte erst am Freitag die Agenten-Klausel für Stiftungen beschlossen, die Geld vom Westen bekommen. Außerdem führte das Parlament den Tatbestand der Verleumdung wieder ins Strafgesetzbuch ein und erhöhte die Geldstrafen für üble Nachrede drastisch.