Wenn die Seele Hilfe braucht

Wenn die Seele Hilfe braucht
(dpa/Nicolas Armer)

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Mobbing, Missbrauch, Beziehungsstress bis hin zur Datensicherheit im Netz – immer öfter vertrauen sich Kinder den Mitarbeitern des "Kanner-Jugendtelefon" anonym an, heißt es im Jahresbericht der Organisation.

Warum wählt man die Nummer des „Kanner-Jugendtelefon“ (KJT)? Die Bandbreite der Themen, die die Anrufer beim Kinder- und Jugendtelefon anonym ansprechen, reicht von Mobbing, Missbrauch oder Selbstmord bis zu Fragen über Sexualität, Familie und Freunden, schreibt die Direktionsbeauftragte des KJT, Barbara Goerges-Wagner in ihrem Jahresbericht am Dienstag. Die Zahl der Anrufe bei allen Diensten steigt, die Online-Beratung „Bee Secure“ ist dabei Spitzenreiter. Seit 2013 haben sich die Kontakte auf der Hotline mehr als verdoppelt, heißt es.

Mobbing im Netz setzt Teenagern so zu, dass sie Hilfe beim KJT anonym suchen. (Bild: dpa)

Zum KJT gehören folgende Dienste: die anonyme Beratung des „Kanner-Jugendtelefon“, die Beratungsabteilung Online-Help, das Elterntelefon, die Beratung über sicheres Surfen und neue Medien „Bee Secure“ sowie die Anlaufstelle zur Meldung illegaler Inhalte im Netz „Bee Secure Stopline“.

Die 11611, die Nummer des „Kanner- Jugendtelefon“, ist eine internationale Hotline. Wenn ein Kind in einem EU-Mitgliedstaat in Not ist und diese Nummer wählt, wird es mit der nationalen Helpline des jeweiligen Landes verbunden.

Langeweile, Angst, Einsamkeit

Zu den fünf am häufigsten angesprochenen Themen gehört an erster Stelle die psychische bzw. psychosoziale Gesundheit. Langeweile, Angst und Sorgen, Depressionen, Essstörungen, Selbstmord – alles Sorgen rund um das psychische Wohlbefinden, welche die Jugendlichen umtreiben, heißt es. In der Kategorie Langweile fällt unter anderem ein beliebter Kinderstreich: Klingeln an fremde Haustüren, der hier am Telefon passiert. Diese Anrufer wählen die KJT-Nummer, um die Menschen an der anderen Seite der Leitung zu testen. Manchmal entwickeln sich daraus auch „fruchtbare Gespräche“, sagt Goerges-Wagner.

An zweiter und dritter Stelle rangieren Fragen zur Beziehung zu Gleichaltrigen und Sexualität. Die erste Liebe, sich trauen, den ersten Schritt in Richtung Beziehung zu machen, oder aber auch der erste Liebeskummer lassen die Anrufer die Nummer des KJT wählen. Die Top-fünf-Rangliste wird von Fragen zu Beziehungen innerhalb der Familie ergänzt, noch vor Themen wie Missbrauch und Gewalt, verrät der Bericht.

Scheidung und Sexualität

Offenbar suchen Kinder und Jugendliche die neutrale Meinung eines Außenstehenden im Bereich „Beziehungen zur Familie“, wenn nach einer Trennung oder Scheidung die Familie neu geordnet wird oder wenn Kinder den Verlust eines Familienmitglieds verarbeiten müssen. Auch Kinder von Suchtkranken suchen Rat bei den zur Verschwiegenheit verpflichteten Helfern. Auch Dauerbrenner unter den Konflikten in der Familie wie Regeln, Strafen, Grenzen setzen finden sich in dieser Kategorie der Anrufe.

Durch Facebook, SnapChat und Co. ist im vergangenen Jahr die Zahl der Mobbing-/Cybermobbing-Fälle beim KJT deutlich gestiegen, ebenso die Fragen zur sexuellen Identität, Homo- und Transsexualität.

Zahl der Anfragen steigt

2015 haben 733 Kinder diese Nummer in Luxemburg gewählt, die meisten Anrufer waren zwischen 10 und 18 Jahre alt. Mädchen sind dabei leicht in der Überzahl, heißt es. Wenn sie erst einmal Mut gefasst haben, sich dem Berater an der anderen Seite der Leitung anzuvertrauen, sprechen Mädchen länger als Jungs, schreibt Direktionsbeauftragte Barbara Goerges-Wagner im Bericht.

Im Bereich der Online-Hilfe bekamen die Helfer 47 Anfragen mehr gegenüber dem Vorjahr. Das hängt vor allem mit der Einrichtung eines englischsprachigen Ablegers des Dienstes zusammen. Dort nehmen die familienbezogenen Fragen den ersten Platz vor der psychosozialen bzw. psychischen Gesundheit ein.

Eltern fragen um Rat

Aggressive Jungs unter sieben Jahren machen vielen Eltern Sorgen und lassen sie zunehmend sich an die Helfer des „Elterentelefon“ wenden. Probleme wie Abhängigkeit und Sucht folgen dicht dahinter.

Die Nummer der „Bee Secure Helpline“, deren Partner das „Kanner-Jugendtelefon“ ist, zählte 2015 293 Anrufe. Die steigende Zahl sei auf die zurückliegenden Kampagnen „Clever Klicken“ und „Clever Cloud User“ zurückzuführen, heißt es.