Kultur im Dialog

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Einen wahren Dialog hat die Stadt Luxemburg mit ihrem Museum für zeitgenössische Kunst aufgenommen. Es geht um urbane Gestaltung und Respekt vor natürlichen Ressourcen. Eine Auseinandersetzung mit überraschenden Momenten.

Die Gestalter des ehrgeizigen Projektes hatten Glück. Bei strahlendem Sonnenschein und frühlingshaften Temperaturen konnten sie die riesige Holzinstallation „Overshoot“, ihrem Schicksal übergeben. Sie soll den Stadtpark nicht nur verschönern, sie soll ihn vor allem beleben. Die Installation ist nämlich nichts anderes als eine große Schaukel. Und die verführt nicht nur die Kleinen. So gesehen am Mittwoch am Einweihungstag.

Rund um Design City
Bis zum 15. Juni

Sechs Wochen lang bleibt die Riesenschaukel mit ihren Hinweisschildern und Mülleimern auf der „Kinnekswiss“.

Parallel dazu findet am Donnerstag (24.04.14) von 14.00 bis 18.00 Uhr ein Symposium statt, bei dem es um den Begriff arm und reich im Design geht.

Am 28. April wird eine weitere Verlängerung der Aktion in den Annexes des Schlosses von Burglinster eröffnet. Die Gäste werden ab 17.15 Uhr und bis 20,00 Uhr mit Shuttlebussen nach Burglinster gefahren.

Auch eine Reihe Geschäfte, die ebenfalls Designer eingeladen haben, nehmen an der Aktion teil.

In der Boutique des Mudam stehen rund 100 Stühle zum Verkauf, die der Designer Didier Faustino entworfen hat. Sie laden unter dem Titel „Love me tender“ zwar eher zum Anschauen als zum Verweilen ein, sind aber auf jeden Fall ein künstlerischer Hingucker.

Alle Infos auf
www.mudam.lu

Lange Zeit waren sie sich spinnefeind. Die Stadt Luxemburg, regiert vom Gemeinderat Lydie Polfer I. (1982-1999) und der Kirchberg, Heimat des lange Zeit umstrittenen und missverstandenen Museums für zeitgenössische Kunst, das Mudam. Heute haben sie sich unter dem Gemeinderat Lydie Polfer II. wieder versöhnt und sie reichen sich sogar die Hand. Die Ausstellung im Museum, in der sich unter dem Titel „Never for money, always for love“, 13 junge Künstler aus Luxemburg und aus Portugal den Kopf zerbrochen haben über Produktion, Nachhaltigkeit und verantwortungsvollen Umgang mit natürlichen Ressourcen und Humankapital, hat jetzt ihre Verlängerung gefunden. Und zwar im Stadtpark.

Das Pariser Architekten-Kollektiv „Encore Heureux“ hat auf der „Kinnekswiss“ zwischen dem Glacis und der Statue von Prinzessin Amalia eine Installation aufgebaut, die zum Dialog auffordert. An einem hölzernen Gerüst hängen acht Schaukeln, die zum Spielen geradezu einladen.

Dabei sollen sie ihre Benutzer allerdings auch zum Nachdenken bringen. Der Begriff „Overshoot“, dessen riesige Buchstaben hoch oben über dem Gerüst thronen, bezieht sich nämlich auf den „Earth Overshoot Day“, eine Kampagne, bei der jährlich das Datum ermittelt wird, an dem der Mensch die natürlichen Ressourcen, die der Planet in einem Jahr zur Verfügung stellen kann, erschöpft hat.

Letztes Jahr war der 20. August das Datum, ab dem wir Menschen hier über unsere ökologischen Verhältnisse leben. Mit ihrer spektakulären Inszenierung will die Installation die Spaziergänger im Park wachrütteln und auf diese Gegebenheiten hinweisen.

Kopf oder Zahl?

Das geht bei der strahlenden Sonne und dem zarten Grün der erwachenden Natur jedoch nicht ganz ernst über die Bühne.

Um die Spaziergänger aus dem ganzen Park zur Einrichtung zu geleiten, wurde eine Beschilderung ausgearbeitet. Unter der Bezeichnung „Kopf oder Zahl“ weist das Designerduo Maurice + Paula dem Besucher den Weg.

Das macht es mit Totempfählen, die an den Eingängen des Parks errichtet wurden und mit Markierungen auf dem Boden. „Kopf oder Zahl“ beruht auf dem Prinzip von Wetten, Intuition und Zufall und lehnt an die „Schueberfouer“ an, deren Besucher ab Mitte August durch den Stadtpark zum Kirmesplatz strömen werden.

Den größten Eindruck jedoch machten die Abfalleimer von Aurélie Brunet vom Designstudio „Wakeup“. Nach einer qualitativen Umfrage bei den Nutzern sowie den Gärtnern, Historikern und Geografen, die sich mit dem Park befassen, beschloss die Designerin, den Abfalleimern, die bis dahin die große Wiese verunzierten – und trotz ihrer Auffälligkeit häufig nicht genutzt wurden – den Garaus zu machen. Sie hat die hässlichen Metallkörbe mit Spiegeln verkleidet. So verschmelzen sie mit der Vegetation. Dadurch, dass sie höher und schwere sind als ihre Vorgänger, können sie im Prinzip nicht zweckentfremdet werden. Auch dieses Projekt trägt den Gedanken des Umweltschutzes.

Spielerisch verlängern

Es erfüllt auf jeden Fall seinen Zweck. Ausnahmslos alle Besucher haben davon gesprochen.

Das letzte Projekt des urbanen Designs hat sich aus dem Park ausgeklinkt und bespielt stattdessen den Zaun, hinter dem sich die Baustelle des Rechnungshofes am „Place d’Armes“ versteckt. Hier hat das Kreativbüro „Nouvelle Etiquette“ mit poetischen Sätzen gearbeitet, die mit einer Art Schreibmaschinenschrift grafisch in Szene gesetzt wurden.

Um diese spielerische Verlängerung der durchaus ernst zu nehmenden Design-Ausstellung im Mudam zu genießen – sie ist an vielen Gelegenheiten länger geöffnet und bietet geführte Besuche an – und zu schätzen, braucht man kein großer Kunstkenner und Spezialist zu sein.

Lieber sollte man sich von dem Projekt tragen, vielleicht auch ein wenig umgarnen lassen. Warum nicht einmal hüpfen, wetten oder schaukeln, während man durch den Stadtpark zum nächsten Termin eilt? Oder kurz nachdenken über das, was uns die Zukunft bringt, wenn wir die uns umgebende Natur nicht mehr berücksichtigen.