Klimawandel und royales Silbergeschirr

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Auch am zweiten Tag des Staatsbesuchs in der Bundesrepublik Deutschland verwöhnte Berlin seine Gäste mit frühlingshaftem Wetter.

Zum Dank dürfen die Berliner und die Gäste der Stadt sich nun die Silberkammer der Luxemburger Dynastie anschauen; eine Ausstellung, die am Dienstagabend im Deutschen Historischen Museum eröffnet wurde.

Außenminister Jean Asselborn und sein deutscher Amtskollege Guido Westerwelle.

Zwei Motoren der europäischen Integration

Nach ihrem bilateralen Treffen traten die beiden Außenminister Asselborn und Westerwelle im Auswärtigen Amt kurz vor die Presse und unterstrichen die hervorragenden Beziehungen zwischen den zwei Staaten.

Guido Westerwelle sieht sowohl Deutschland als auch Luxemburg als Motor der europäischen Integration.

Es sei falsch, in Krisenzeiten nationalpolitische Wege beschreiten zu wollen. Mehr Europa statt Anstrengungen, um die Reisefreiheit einzuschränken, wurde von beiden Politikern gefordert.

Asselborn gab zu verstehen, dass er das französische Wahlergebnis auch als Resultat einer aggressiven Asylpolitik des noch-amtierenden Präsidenten sehe, der versucht habe, Frankreich über Europa zu stellen. Zudem gab er seiner Hoffnung Ausdruck, dass es den Niederländern gelingen werde, eine Regierung ohne Wilders auf die Beine zu stellen.

Beide Minister äußerten sich kritisch zu den Bestrebungen Israels, die Siedlungen im Westjordanland legal zu zementieren. Sei dieser Teil Palästinas erst zerstückelt, dann könne mit dem kleinen Gaza und einem Teil Jerusalems kein lebensfähiger Staat aufgebaut werden, und eine Zwei-Staaten-Lösung sei in dem Konflikt der einzige Weg zum Frieden.

Westerwelle sieht dies ähnlich, auch wenn er es weniger engagiert formulierte.

Auch in den französischen Wahlkampf wollte der FDP-Politiker sich nicht einmischen.

(r.s.)

Die Ausstellung ist eine Premiere: Noch nie wurde das Silber des Hofes in seiner Gesamtheit ausgestellt. Gefäße, Toilettenutensilien, Kandelaber und weitere Gold- und Silberarbeiten, die im Besitz des Hauses Nassau-Weilburg sind, wurden am Dienstagabend von Großherzogin Maria Teresa bei der Vernissage kommentiert. Bereits vorher hatte die Großherzogin die einführende Rede im Rahmen einer Podiumsdiskussion über Mikrofinanzen und deren Zukunftsprognosen gehalten.

Am Dienstag stand der Staatsbesuch nach einem kurzen Gespräch des Großherzogs mit Kanzlerin Angela Merkel im Zeichen des Bundeslandes Brandenburg, des fünftgrößten Landes der BRD, das etwa 2,5 Millionen Einwohner zählt und die Hauptstadt (die ein eigenes Bundesland ist) komplett umschließt.

Glienicker Brücke

Dass es eines der neuen deutschen Länder ist, sieht man u.a. an der Glienicker Brücke, bekannt aus Zeiten des Kalten Krieges, als dort regelmäßig gefangene Spione zwischen West und Ost ausgetauscht wurden.

Der Brandenburger Regierungschef Matthias Platzeck begrüßte die großherzoglichen Gäste inklusive des Erbgroßherzogs, der am Dienstag anreiste und der Minister Jean Asselborn und Etienne Schneider, an der Mitte der früheren Alliiertenbrücke, wo zu Zeiten der Teilung Deutschlands ein weißer Strich den Grenzverlauf markierte und wo Amerikaner und Russen je eine Hälfte des Bauwerks pflegten (die unterschiedlichen grünen Farbgebungen sind immer noch erkennbar).

Wo Einstein einst forschte

Eine weitere Etappe des Besuchs in Brandenburg war das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Das Forschungsinstitut, das sein Direktor Prof. Dr. Dr. h.c. Hans Joachim Schellnhuber wohl zurecht als das schönste Europas bezeichnete, hat eine lange Tradition.

Der erste optische Telegraf hatte auf dem sog. Telegrafenberg eine Station und erlaubte den Preußenkönigen von Berlin aus eine schnelle Kommunikation mit anderen Regionen. Ein heute nach Einstein benannter Turm diente dem genialen Physiker vor einem Jahrhundert als Laboratorium und die Klimaforscher des 21. Jahrhunderts nutzen den Beobachtungsturm immer noch. Einstein konnte auf dem Telegrafenberg seine Feldgleichungen lösen, die interstellare Materie wurde hier von Johannes Hartmann gefunden, das Michelson-Experiment wurde hier erstmals durchgeführt, Ernst von Rebeur-Paschwitz nahm die ersten teleseismischen Beobachtungen hier vor …

Wichtige Beratungsfunktion

Heute ist das PIK eine weltweit renommierte und führende Forschungsinstitution, die sich mit Fragen des Klimawandels und entsprechender Gegenmaßnahmen beschäftigt und eine wichtige Beratungsfunktion für Politik, Wirtschaft und die Zivilgesellschaft darstellt.

Außenminister Jean Asselborn erinnerte auf dem PIK-Gelände daran, dass sich das renommierte Max-Planck-Institut demnächst mit einer Filiale zur Erforschung des europäischen Rechtes in Luxemburg niederlassen wird. Nach dem Besuch dieses wissenschaftlichen Juwels endete der Besuch des Bundeslandes. Am Mittwoch (25.04.12) steht übrigens das kulturell recht spannende Land Thüringen auf dem Programm des Staatsbesuchs.

Regenerative Energie

Luxemburg wird das Klimaziel, bis 2020 elf Prozent seines Energiebedarfs aus regenerativen Quellen zu beziehen, nicht erreichen können. Aus diesem Grund verhandelte Wirtschafts- und Energieminister Etienne Schneider mit seinem deutschen Amtskollegen über eine Beteiligung an Energieprojekten in der Nordsee. Zwei Prozent des Bedarfs Luxemburgs sollen hierbei herausspringen und die Energiebilanz in Richtung Nachhaltigkeit frisieren.

Finanzminister Luc Frieden führte währenddessen am Sitz des Bankenverbandes ein öffentliches Zwiegespräch mit seinem Kollegen Wolfgang Schäuble über die Zukunftsfähigkeit Europas und der Eurozone. Zur selben Zeit trafen sich die Außenminister beider Länder im Auswärtigen Amt, ein Gebäude, das architektonisch u.a. durch seine seit vielen Jahrzehnten reibungslos funktionierenden Paternoster auffällt.

Der Dienstagabend war, wie oben beschrieben, der Vernissage im Historischen Museum vorbehalten. Am Mittwoch (25.04.12) stehen die Städte Jena, Weimar und Erfurt auf dem Programm des dritten und letzten Tages der Visite.