„Ich bin nur ein kleiner Arzt aus dem Süden“

„Ich bin nur ein kleiner Arzt aus dem Süden“
(Hmontaigu)

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Seit Montag muss sich ein 52-jähriger Arzt vor den Richtern der Strafkammer wegen fahrlässiger Tötung verantworten. Der Mann soll für den Tod einer Patientin verantwortlich sein.

Es war am 24. Januar 2004, als die 28 Jahre alte Sylvie B. mit starken Bauchschmerzen ins Krankenhaus in Niederkorn eingeliefert wurde. Die diensttuenden Ärzte konnten allerdings nicht sofort diagnostizieren, was das genaue Problem war.

In der darauffolgenden Nacht fiel sie ins Koma und verstarb schließlich am 29. Februar 2004. Erst danach stellte sich heraus, dass die Frau unter einem Dünndarmverschluss („strangulation de l’intestin grêle“) gelitten hatte und die Ärzte diese Diagnose im Krankenhaus nicht gestellt hatten.

Entschuldigung

Der angeklagte und zuständige Arzt trat gestern vor die Richter. Zu Beginn entschuldigte er sich bei der Familie des Opfers für das, was vor zwölf Jahren passierte. Der Mediziner ist heute noch als Gastroenterologe in dem Krankenhaus aktiv. „Damals wurde ich von den diensttuenden Ärzten gerufen. Einer der Ärzte betonte mir gegenüber, dass die Patientin unter einer Magen-Darm-Grippe leiden könnte. Daraufhin untersuchte ich die Frau. Ich habe sie abgetastet und abgehört, jedoch konnte ich weder beim Abtasten noch beim Abhören Anomalien feststellen“, erklärte der Angeklagte. Auch optisch habe er nichts feststellen können.

Der Arzt gab im Zeugenstand an, dass er der Patientin Mittel gegen Schmerzen verabreicht hatte. Zudem sollte sie in der Nacht im Krankenhaus bleiben. Er betonte ebenfalls, dass er alles darangesetzt habe, um die Patientin von ihren Schmerzen zu befreien und sie zu heilen.

12 Jahre hat es gedauert

„Nachdem ich der Frau verschiedene Mittel verabreicht und sie mehrere Male untersucht hatte, konnte ich mit ruhigem Gewissen nach Hause fahren. Ich habe alle Prozeduren befolgt und habe mir nichts vorzuwerfen. Ich bin schließlich nur ein kleiner Arzt aus dem Süden des Landes“, sagte der Angeklagte. Er gab abschließend an, dass ein Dünndarmverschluss, der tödlich ausgeht, sehr selten sei in der Medizin. Kommende Woche soll der Prozess abgeschlossen werden.

Bereits zwölf Jahre sind seit dem Tod der Patientin vergangen. Die Schwester des Opfers stellt sich viele Fragen, warum es erst jetzt zu einem Prozess gekommen ist. „Eigentlich sollte diese Affäre bereits im Dezember des vergangenen Jahres verhandelt werden, doch damals war eine Gutachterin nicht erschienen und der Prozess wurde ausgesetzt“, sagte sie.

Darüber hinaus ist die Frau der Meinung, dass der Prozess bisher fair und gerecht abgelaufen ist. „Ich vertraue der Justiz und wünsche mir, dass das Urteil gerecht ausfällt. Ich hoffe, dass der Mann verurteilt wird. Die Höhe der Strafe spielt für mich keine Rolle“, betonte die Nebenklägerin.

Anzeige erstattet

Von 2004 bis 2006 wurden die Hinterbliebenen des Opfers vor allem beim „Collège médical“ aktiv. Dieser hörte damals einzelne Zeugen und wies die Familie darauf hin, dass sie auf straf- und zivilrechtlicher Ebene eine Klage gegen den Arzt einreichen müsste.

Die Anzeige wurde dann auch am 24. Oktober des Jahres 2006 erstattet. Zwischen den Jahren 2006 und 2010 befasste sich die Staatsanwaltschaft mit der Akte. Erst Ende Januar des Jahres 2010 sollte sich die Ratskammer mit der Affäre befassen. Die Familie bedauerte bereits damals, dass es bis dahin sehr lange gedauert habe. Die Zivilkläger verstehen zwar, dass der Fall fachspezifische Probleme mit sich bringt, jedoch umfasst er nur eine Akte – vier Jahre, um einen Aktenordner zu analysieren, erschienen ihnen unangemessen.

Im November 2013 wurde der Rechtsanwalt der Familie erneut aktiv, um zu wissen, wie es nun weitergeht.
Im Dezember des gleichen Jahres entschied die Ratskammer, den Fall vor die Strafkammer des Bezirksgerichtes zu verweisen. Zu diesem Zeitpunkt dachte die Familie, dass es nun sehr schnell gehen würde. Jedoch wurde sie enttäuscht.

Ein Jahr später musste der Rechtsanwalt der Familie erneut eingreifen und die Staatsanwaltschaft kontaktieren, um zu erfahren, wann es nun endlich zum Prozess kommen würde.
Im Januar 2015 betonte die Staatsanwaltschaft, dass sie zurzeit überlastet sei und es noch einige Zeit dauern werde, bis dieser Fall vor Gericht verhandelt wird.