Hochschulpolitik, keine Sozialpolitik

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LUXEMBURG – Hochschulminister Biltgen reagiert auf die Klage-Drohung der EU-Kommission. Luxemburg werde nicht von seiner Position abweichen. Die Börsen seien ein Teil der Schulpolitik, nicht der Sozialpolitik.

Die EU-Kommission fordert Luxemburg auf, die Diskriminierung der Grenzgänger und ihrer Familienangehörigen bei der Vergabe von Stipendien, Zuschüssen für Freiwillige und dem sogenannten „Kinderbonus zu stoppen. Hier liegt eine Verletzung des EU-Rechts hinsichtlich der Freizügigkeit der Arbeitnehmer vor, heißt aus Brüssel. Wenn Luxemburg seine Regelung nicht abändert, droht die EU-Kommission mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof.

Hochschulminister, François Biltgen versteht die ganze Aufregung nicht. Die Studienbörse dürfe auf keinen Fall als Sozialmaßnahme angesehen werden, betont Biltgen in einer am Donnerstag veröffentlichten Pressemitteilung. Sie sei vielmehr Teil der Hochschulpolitik, die als Ziel hat, die Mobilität der Studenten zu fördern und bis 2020 die Quote der Hochschulabsolventen um 40 Prozent zu erhöhen. Die Maßnahmen seien konform mit dem Bologna-Prozess, sowie der Agenda 2020 der EU, unterstreicht Biltgen. Studienbörsen seien ein persönliches Recht, das den Studenten mehr Autonomie gebe. Die EU-Kommission betrachte die Studenten als „Kinder“. Das seien die meist großjährigen Auszubildenden jedoch nicht.

„Verstoßen nicht gegen geltendes EU-Recht“

Des Weiteren erklärt Biltgen, dass gemäß den EU-Verträgen die Kompetenz der Hochschulausbildung in die Hände der Mitgliedstaaten liegt. Residenz-Klausen würden ebenfalls von anderen EU-Ländern angewendet, betont der Minister. Auch die Schlussfolgerungen der Generalstaatsanwaltschaft in einem ähnlichen Fall, wo die Niederlande vor den Europäischen Gerichtshof gezerrt wurden, stünden nicht im Widerspruch zu der luxemburgischen Politik. 1999 hat der Europäische Gerichtshof in einem Urteil die Gleichstellung aller Bürger der EU (Europäische Union) gefordert. Damals hatten die Niederlande sich geweigert, Studienhilfen an belgische Pendler auszuzahlen. Um die finanzielle Unterstützung zu erhalten, müsse man in den Niederlanden wohnen, argumentierten damals die holländischen Behörden.

Zudem verstoße die Kommission mit ihrer Forderung gegen geltendes EU-Recht, weil dadurch die traditionelle Freizügigkeit der luxemburgischen Studenten in Europa infrage gestellt werde, ärgert sich Biltgen. Allen Studenten eine Börse zu gewähren stelle des Weiteren eine finanzielle Mehrbelastung dar, dessen Folgen nur schwer absehbar seien, erinnert Biltgen. Das hätte auch die Staatsanwaltschaft in der Affäre gegen die Niederlande festgehalten.

Die Neuregelung zur Studienbeihilfe trat im Oktober 2010 in Kraft. Sie sieht vor, dass nur Studenten, die seit mindestens fünf Jahren in Luxemburg leben, in den Genuss von Stipendien kommen. Grenzgänger-Kinder sind davon ausgeschlossen. Sie haben damit auch keinen Anspruch auf Kindergeld. Seit 2010 haben sich Hunderte von Betroffenen an das Verwaltungsgericht in Luxemburg gewandt und Einspruch gegen die neue Stipendienregelung eingelegt. Am 6. April schon hatte die EU-Kommission Luxemburg ermahnt, diese ungleiche Behandlung aufzuheben. Luxemburg hatte am 26. Mai den Kommissaren seine Antwort zukommen lassen. Darin erklärte die Regierung, warum sie ihre Entscheidung nicht revidieren wird. Hochschulminister Biltgen hat jetzt zwei Monate Zeit, um auf die Klage-Androhung zu reagieren.