Ein Pionier, der nicht debattiert

Ein Pionier, der nicht debattiert
(Didier Sylvestre)

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Im Rahmen des Europäischen Semesters trafen sich am Montag die Regierung und die beiden Sozialpartner. Auch wenn sich keine Debatte entwickelte, nimmt Luxemburg eine Vorreiterrolle ein, was den "europäischen" Sozialdialog betrifft.

Bei der Versammlung am Montag ging es um das nationale Stabilitäts- und Wachstumsprogramm. Laut Xavier Bettel will die Regierung „eine robuste Wirtschaft auf die Beine stellen und die Arbeitslosenquote senken“. Ein Anliegen, dem im Prinzip sowohl die Europäische Kommission als auch die Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter nicht widersprechen. Der Weg dorthin ist allerdings nicht unumstritten.

Länderspezifische Empfehlungen

Das sogenannte „Europäische Semester“ ist Teil der verstärkten Haushaltsüberwachung der Europäischen Union. Dieses Instrument, welches länderspezifische Empfehlungen verteilt, wurde vor vier Jahren im Kontext der Europa-2020-Strategie eingeführt. Hierdurch soll eine frühzeitige Überprüfung der nationalen Haushalts- und Reformentwürfe sichergestellt werden. Im Idealfall wird die nationale Haushaltsdisziplin gestärkt. Ende des nächsten Monats lässt Luxemburg Brüssel das neue Stabilitäts- und Wachstumsprogramm zukommen. Mitte Mai gibt die EU-Kommission länderspezifische Empfehlungen ab.

Die Europäische Kommission bescheinigt dem Großherzogtum gesunde Staatsfinanzen und schließt ein makroökonomisches Ungleichgewicht aus. Allerdings legt Brüssel eine Reihe von Empfehlungen vor. Hierzu gehören unter anderem mehr Anstrengungen in den Bereichen Arbeitsmarkt- und Haushaltspolitik.

Auf dem richtigen Weg

Die Regierung will diese Kritik jedoch nicht gelten lassen. Mit dem Zukunftspakt, der mehrjährigen Finanzplanung und der Umsetzung der „Jugendgarantie“ sei man auf dem richtigen Weg und mache bedeutende Fortschritte. Sowohl Finanzminister Pierre Gramegna als auch Wirtschaftsminister Etienne Schneider bescheinigen Luxemburg letztlich eine gesunde wirtschaftliche Situation und sprechen von einer zu strengen Einschätzung der Europäischen Kommission, besonders wenn man die Situation des Großherzogtums mit dem Ausland vergleiche.

Wie zu erwarten war, vertraten OGBL-Präsident André Roeltgen und UEL-Präsident Michel Wurth eine ganz eigene Position. Ersterer wirft der Europäischen Kommission vor, falsche Prioritäten zu setzen („Armut und Arbeit müssen im Zentrum stehen“) und Luxemburg eine Austeritätspolitik aufdrängen zu wollen.

Die Kritik am angeblich zu hohen Lohnsystem lässt der Gewerkschafter nicht gelten. Löhne seien immer noch die treibende Kraft für Investitionen und viel mehr als nur ein Kostenfaktor. Der Präsident der Arbeitgebervereinigung UEL, Michel Wurth, sieht dies naturgemäß anders. Hohe Löhne würden jegliche Form von Investitionen hemmen und würden nicht zu einer niedrigen Arbeitslosenquote führen. Eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik benötige vor allem leistungsfähige Unternehmen.

Vorreiterrolle

Letztlich fällt auf, dass auch wenn Luxemburg in Europa eine Vorreiterrolle innehat was den Sozialdialog zu europäischer Politik betrifft, es weder am Montag noch im ersten Treffen zwischen der Regierung und den Sozialpartnern Ende Januar zu einer Debatte kam. Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter sowie die Regierung präsentieren sich einfach gegenseitig ihre vorhersehbaren Ansichten, ohne miteinander darüber zu diskutieren.

Daher kommt es nicht von ungefähr, dass die Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter am Montag darauf hinwiesen, dass sie mehr als eine reine Konsultationsveranstaltung wollen, um wirklich Einfluss auf das Stabilitäts- und Wachstumsprogramm nehmen zu können.