Prozess: Luxemburger Taxifahrer sollen Flüchtlinge nach England geschleust haben

Prozess: Luxemburger Taxifahrer sollen Flüchtlinge nach England geschleust haben

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Einem 46-Jährigen wird vorgeworfen, in mindestens elf Fällen die Logistik für die illegale Einreise von Flüchtlingen nach England organisiert zu haben. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft war überzeugt, dass der Angeklagte nur aus reiner Profitgier gehandelt habe und nicht aus Nächstenliebe. Sie forderte zehn Jahre Haft und eine angemessene Geldstrafe.

Acht Männer aus Portugal sowie drei Taxifahrer aus Luxemburg wurden zwischen Oktober 2015 und März 2017 in der Nähe des Eurotunnels von den französischen Behörden dabei ertappt, wie sie Menschen ohne Papiere nach England schmuggeln wollten. Die Fahrer wurden verhaftet und in Schnellverfahren zu Gefängnisstrafen bis zu 18 Monaten verurteilt.

Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte der Kopf der Menschenschmugglerbande war. Sie wies auf die widrigen Umstände hin, die die Flüchtlinge in den Lkws erdulden mussten. Es grenze an ein Wunder, dass niemand gestorben sei. Unter den Menschen, die von der Polizei in den Lkws entdeckt wurden, befanden sich auch mehrere Kleinkinder.

Die Fahrer sollen zwischen 400 und 1.500 Euro für die Fahrten nach England erhalten haben. Bezahlt wurden sie jedoch nur, falls die Flüchtlinge unbemerkt nach England einreisen konnten. Die Fahrer hatten angegeben, die Flüchtlinge in Brüssel oder in der Nähe von Calais aufgenommen zu haben.

Bis zu 4000 Euro für die Schleuser

Die Flüchtlinge berichteten, zwischen 3.000 und 4.500 Euro an die Schleuser gezahlt zu haben, allerdings nur nach erfolgreicher Ankunft in England. Das Geld wurde aus der ganzen Welt auf das Konto des Beschuldigten überwiesen. Immer wieder jedoch aus einem englischen Grenzort nach Luxemburg.

Ganz schnell führte die Spur der Ermittler nach Luxemburg, denn alle benutzten Fahrzeuge waren hierzulande angemeldet. Auch der Name des Angeklagten wurde in den Verhören bei der französischen Polizei immer wieder von den Verhafteten genannt. Die Polizei konnte zudem belegen, dass der Angeklagte die Fahrzeuge gemietet hatte und die nötige Kaution übernommen hatte. Obwohl die Straftaten in Frankreich oder Belgien begangen wurden, muss sich der Mann nun in Diekirch verantworten, da er zur Tatzeit in Echternach angemeldet war.

Der Beschuldigte hatte zugeben, in mindestens elf Fällen die illegale Einreise der Migranten organisiert zu haben. Er habe jedoch nie direkten Kontakt zu den Flüchtlingen gehabt. Zudem sei nicht er der Chef der Bande, sondern ein unter dem Pseudonym „Der Engländer“ bekannter Mann habe den Menschenschmugglerring geleitet. Nur unter Androhung von Gewalt habe er selbst mitgemacht.

Verkehrskontrolle in Frankreich

In der Nacht zum 21. Oktober 2015 wurde ein luxemburgischer Mietwagen von den französischen Behörden in Coquelles, in der Nähe von Calais, kontrolliert. An Bord befanden sich der Fahrer sowie zwei Albaner, die gestohlene Ausweise bei sich hatten. Wie sich im Laufe der Ermittlungen herausstellen sollte, waren die Ausweise zwei Drogensüchtigen geklaut worden. Sie konnten nicht mehr vernommen werden, da der eine an einer Überdosis starb und der zweite nicht mehr in Luxemburg lebt. Im Handschuhfach fanden die Beamten zudem den Mietvertrag, der von dem Angeklagten unterschrieben war.
Auf dem Gelände des Eurotunnels entdeckte die französische Polizei in der Nacht zum 16. Dezember 2015 drei Iraner und drei Iraker ohne Papiere in einem Lieferwagen mit luxemburgischen Kennzeichen. Sie hatten sich zwischen Möbelgarnituren versteckt. In einer Kommode fanden die Beamten ein Rezept, das Rückschlüsse auf die Lebensgefährtin des Angeklagten zuließ.

Am 26. April entdeckten die Beamten sechs Menschen, die unter Holz versteckt waren. Der verhaftete Fahrer erklärte, der Beschuldigte sei der Kopf hinter dem Menschenschmugglerring. Er konnte den Beamten sogar die Adresse des Angeklagten nennen. Im Juli 2016 wurde ein Kleintransporter mit insgesamt 15 Menschen im Laderaum von der Polizei gestoppt. Sie hatten sich zwischen Reifen versteckt. Zu einem früheren Zeitpunkt hatten die Polizisten bereits elf Menschen in einem Lieferwagen entdeckt. Insgesamt wurden elf Fahrer mit Flüchtlingen an Bord gestoppt. Sie alle gaben an, von dem Angeklagten angeheuert worden zu sein.

Das Urteil wird am 4. April verkündet.