Differdingen: Staatsanwaltschaft ermittelt gegen zurückgetretenen Bürgermeister Traversini

Differdingen: Staatsanwaltschaft ermittelt gegen zurückgetretenen Bürgermeister Traversini

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Was viele vermutet hatten, ist nun offiziell: Auf einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz hat Differdingens Bürgermeister Roberto Traversini am Freitagvormittag seinen Rücktritt erklärt. Er wird sein Amt am Montag abgeben. Laut einer Mitteilung vom Freitagnachmittag ermittelt zudem die Staatsanwaltschaft gegen den zurückgetretenen Bürgermeister.

Der 56-Jährige zog damit die Konsequenzen aus der Affäre um sein “Haus im Grünen”. Traversini („déi gréng“) war seit Januar 2014 Bürgermeister von Differdingen und ist seit 2013 Abgeordneter im Luxemburger Parlament.

Der Hintergrund: Ein Grundstück, das er geerbt hat, sollte in Zukunft im Allgemeinen Bebauungsplan (PAG) von einer Kleingartenzone in ein Wohngebiet umklassiert werden. Das Haus sowie ein Schuppen aus Holz in der Nähe der route de Pétange in Niederkorn grenzen direkt an den Wald. Angrenzende Parzellen sollen jedoch weiterhin in der Kleingartenzone bleiben.

Wie die Staatsanwaltschaft am Freitagnachmittag mitteilt, werde gegen Roberto Traversini wegen der Veruntreuung von öffentlichen oder privaten Geldern, wegen der „prise illégale d’intérêts“, wegen Geldwäsche und wegen des Verstoßes gegen das Gesetz über Stadtplanung und Entwicklung ermittelt. Der Richter hat am Freitag auch Durchsuchungen der Räumlichkeiten der Gemeindeverwaltung und der Büros des CIGL angeordnet.

Auf Fragen ging Traversini in seiner kurzen Rede nicht ein (Fotos: Editpress/Alain Rischard)

Auf dem Gelände wurden in den vergangenen Monaten zudem immer wieder Bauarbeiten durchgeführt, bei denen es fraglich ist, ob entsprechende Genehmigungen vorliegen oder vorliegen werden. Traversini selbst hatte erklärt, im Vorfeld nicht gewusst zu haben, dass er Genehmigungen hätte beantragen müssen. Die grüne Umweltministerin, Carole Dieschbourg, hatte das fehlende Dokument am 12. August rückwirkend ausgestellt.

Traversini nutzte CIGL für Arbeiten

Die Opposition, allen voran DP und “déi Lénk”, warf Traversini vor, sich nicht an die Gesetze zu halten. Zudem würde ein Interessenkonflikt vorliegen. Die DP sprach von „ungeheuerlichem Machtmissbrauch“ und „kriminellem Vorgehen“.

Auf einer Pressekonferenz am Mittwoch hatte der Politiker zugegeben, die Arbeit von Mitarbeiter des CIGL für Arbeiten auf seinem Grundstück in Anspruch genommen zu haben. Außerdem wurde bewiesen, dass die privaten Pläne für die beiden Häuser von einem Lehrling aus dem Differdinger Baudienst ausgemessen und gezeichnet wurden. Sie waren mit dem offiziellen Logo der Stadt Differdingen versehen.

„Brauche Ruhe in den nächsten Tagen“

In seiner kurzen Rede ging Traversini auf die Fortschritte ein, die der Gemeinderat seit den Wahlen von 2017 in Differdingen erreicht hat. Dies betreffe vor allem den Jugend- und den sozialen Bereich, insbesondere das Schaffen von sozialen Wohnungen. Er hoffe, dass diese Projekte erfolgreich weitergeführt würden.

Fragen beantwortete er keine. Wer für ihn nachrücken wird, hat er nicht offiziell verkündet. Jedoch läuft wohl alles auf Georges Liesch („déi gréng“) heraus. Auch zu seinem Amt im Parlament hat Traversini sich nicht geäußert. Mit den Worten „Ich brauche Ruhe in den nächsten Tagen“ verließ er den Saal.


Reaktion der Partei „déi Lénk“ Differdingen

Die Differdinger „déi Lénk“-Sektion drückt seinen Respekt für die Entscheidung des Differdinger Bürgermeisters aus, seine Verantwortung in der Angelegenheit zu übernehmen. Laut Parteimitteilung sei die einzige Motivation von „déi Lénk“ in dieser Affäre die Gewährleistung der Grundprinzipien der Demokratie. Die Partei schlägt zudem vor, diese Gelegenheit zu nutzen, um eine Debatte über Transparenz und potenzielle Interessenkonflikte im Zusammenhang mit einem politischen Mandat zu führen.

Reaktion der Partei DP Differdingen

„Dem Bürgermeister blieb keine andere Möglichkeit, als sein Amt niederzulegen. Roberto hat sich der Salami-Taktik bedient und immer nur das zugegeben, was wir ihm auch wirklich nachweisen konnten. Gestern wurde uns noch vom Umweltministerium bestätigt, dass auch eine Genehmigung für die Umbauten am Haus nötig war. Bislang hat Roberto Traversini dies immer bestritten“, erklärte François Meisch (DP) auf Tageblatt-Nachfrage. „Ich befürchte, es handelt sich nur um die Spitze des Eisberges, was die Verfehlungen angeht. Die Frage, wer noch davon gewusst hat, ist auch noch unbeantwortet. Nun ist die Justiz am Zug“, so Meisch weiter. Wie es nun im Gemeinderat weitergehen sollte, erklärte der DP-Politiker so: „Wir müssen uns nun alle gemeinsam an einen Tisch setzen.“

 

Müller jemp
24. September 2019 - 19.19

Hier geht es nicht um die Erbschaft einer Hundehütte, hier geht's um das oberste Prinzip des demokratischen Rechtsstaates, um Ehrgefühl, Vertrauenswürdigkeit und Anstand!

Leila
21. September 2019 - 19.55

Hallo Jemp, ich stelle jetzt mal wahrscheinlich "eng domm Fro": wer sind die 8 anderen, die Sie ein paar mal angedeutet haben. Ich weiß es wirklich nicht, aber es interessiert mich.

Moggel
21. September 2019 - 8.01

Eng domm Fro! Wann do eppes net stemmt. Wann alles éierlech ofgaangen ass, dann kann et jo net esou schlëmm kommen. Ech selwer hunn meng Erfarung gemaacht am Zesummenhang mat enger erschwindelter Virmondschaft fir sech widerrechtlech Verméigen ze kropen.

Jemp
20. September 2019 - 22.08

Es ist jetzt an 8 anderen, diesem Beispiel zu folgen und ebenfalls zurückzutreten! Aber eher mehr Dreck am Stecken!!! ??????

Clemi
20. September 2019 - 21.26

Mag sein, Amtsmissbrauch ist ja auch richtiger, aber die Quintessenz ist: Macht korrumpiert, und das fängt oft "klein" an. Die bisherigen nationalen Politiker-Reaktionen legen beredtes Zeugnis davon ab, dass dieses quasi Selbstverständnis von "ist doch nur halb so schlimm" quer durch alle Parteien bis hin zu den Piraten-Neulingen vorhanden ist. Schlimm genug.

Marc
20. September 2019 - 20.18

Moggel, ech denken dir sollt elo ophhalen. Soll do eng Persoun hingeriicht gin....

Jacques Zeyen
20. September 2019 - 20.13

Richtig. Er hat soviel Gutes getan und...danach darf er machen was er will?Aber bitte schön. Wenn wir Abgeordnete haben die sich selbst nicht an die Gesetze halten die sie stimmen,dann wird's aber eng. Wer muss sich dann noch an Gesetze halten? Aber deswegen ermittelt ja auch die Staatsanwaltschaft. Gut so.

Moggel
20. September 2019 - 16.43

Nun sollte man die Geschichte mit der Erbschaft auch mal durchleuchten. Ich habe da immer so ein komisches Gefühl wenn von Vormundschaften die Rede ist.

Marcel
20. September 2019 - 16.43

Madame Dieschbourg misst och zerecktréiden. Sie ass un der Spetzt vun engem Ministerium, den villen Leit Liewen sauer mecht an viilmols verhënnert datt d'Leit eppes kennen réaliséieren. Hir extrem Approche war jo guer net esou extrem am Fall vum Här Traversini sengem Dossier. Den Waldhaff haaten se séier zougemaach, well den Restaurateur e puer Quadratmeterbeigebaut haat. Sollen sie an hir Konsorten elo do zum Beispiel en Tagungszentrum bauen fir iwert den Buchenbösch an Metteleuropa ze schwätzen, dann giff ouni matt enger Wimper ze zecken, och eventuellen en Auditorium fir 300 Leit do op den Parking gestallt gin.

L.Marx
20. September 2019 - 15.40

Machtmissbrauch ist allerdings ein grosses Wort. Traversini ist kein schleimiger Berufspolitiker, war nie darauf getrimmt, nach dem Motto, "nur wer nichts tut, macht keine Fehler" Karriere zu machen. Sicherlich hat er Fehler gemacht, ging etwas naiv an die Sache heran. Und das hat er ja auch zugegeben. Nun ist er weg. Was das politisch bedeutet, wird die Zukunft zeigen. Die DP wird den Linken in gewohnt politische Ehrlichkeit wohl ewig dankbar sein für die Drecksarbeit, die sie in den letzten Wochen gemacht hat. Politik, auch und gerade Lokalpolitik, ist nicht gerade ein Betätigungsfeld, das zu bestellen die Menschen Schlange stehen. Alle die jetzt jubeln sollten aufpassen, wie hoch sie gerade die Latte legen. Sonst werden irgendwann nur noch die als potentielle Anwärter übrig bleiben, die eigentlich niemand haben wollte. Und jeder wird sich fragen, wie das denn nur passieren konnte.

J.C.KEMP
20. September 2019 - 13.38

Trotzdem ist ihm gut zu schreiben, dass er zurückgetreten IST. Was andere quer durch die Parteienlandschaft nie taten obwohl sie es eigentlich hätten tun müssen.

icebear
20. September 2019 - 13.25

Da get et och Zait das Mme. Nachtsheim an Mr. Lobo vum CIGL nozeien ,well dei hun hierem Chef jo genuch Gefällegkeeten gemaach soss wãren esou Schulungen am Interet vum Härr Traversini jo net meiglech gewirscht.

Leila
20. September 2019 - 13.22

In solchen Fällen sollten die Bürger entscheiden können, ob sie für einen Rücktritt sind. Die DP will heiliger sein als der Papst ("kriminelles Vorgehen")… Einfach lachhaft, solche übertriebenen Aussagen! Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein... waren/sind alle sauber und bleiben sie es auch in Zukunft? Wer weiß das schon?

ronald
20. September 2019 - 13.11

Als Buergermeeschter an Conseiller démissionnéiert. Mais kommunal politesch Ethik ass jo awer och eppes komplett Aneschtes ewei national politesch Ethik. Als Deputeierten weider Gesetzer ausschaffen, amendeieren an stëmmen déi een dann als Buergermeeschter ignoreiert. Aber hallo!!

Biirger
20. September 2019 - 13.11

Dat ass schued fiir Déifferdang. Anerersäits ass et onverständlëch wéi et esou wäit konnt kommen.

Nëckel
20. September 2019 - 12.49

Schued, déi ganz Affär, ganz, ganz schued. E gudde Mann, den Déifferdeng verluer geet wéinst esou Topechkeeten. D'Welt ass um frecken, mä mär "spillen" op esou Saachen. Bravo Lëtzebuerg, bravo ! Dem Här Traversini nëmmen dat Bescht gewënscht.

ronald
20. September 2019 - 12.49

Jo Respekt, den Minimum mol. Mais den Mann bleiwt Deputéierten, well dat ass jo nun awer eppes komplett Aneschtes vun Politik...

Muller Guy
20. September 2019 - 12.21

Eng richteg Entscheedung. Leider besschen spéit. War d'Ierwschaft vun sou engem Luxushondshaischen dat iwerhapt wert? Lo sollen awer och déi aner Parteien déi sou op déi Demissioun gepocht hun déi nächten kéier wou sou eng Geschicht mat engem vun hieren Memberen geschit doufir suergen dass den dann och demissionéiert. As dat virdrun schon geschit? Ech denken éier selten.

Clemi
20. September 2019 - 12.14

Genau. Aber ein macht-missbrauchender Abgeordneter ohne Regelkenntnisse ist auch nicht das Gelbe vom Ei ... An alle Anhänger der "Kompensierungstheorie" à la "er hat doch so viel Gutes getan" wie z.Bsp. der Kommentator im LW vom Donnerstag: dann hätte es extrem viele Rücktritte in der Weltgeschichte ob in Politik oder Unternehmen gar nicht geben müssen. Auch der Kanzler der deutschen Einheit fiel über Parteispenden beispielsweise. An die Bagatellisierer wie Lucilinburhuc und erstaunlicherweise auch KPL-Präsident Ruckert: auch ein "kleiner" Machtmissbrauch wie 4 Stunden für 1 Geländer oder eine Gratis-Hausaufmessung ist ein Machtmissbrauch und kann damit niemals in die Kategorie "Kavaliersdelikte", "ist doch nicht so schlimm" etc. eingestuft werden. An noch viele andere: natürlich gibt es solche Sachen mit Sicherheit noch an (zu) vielen Stellen im Land. Villeicht hatte Herr Traversini einfach Pech. Aber es sind genau diese typisch Luxemburger Sachen à la "wanns de ee kenns" die bewirken, dass Luxemburg in Korruptionsindex' nicht da steht wo man glauben könnte, sondern viel weiter hinten. Dazu kommt, dass in Luxemburgs Politik, auf allen Niveaus, die "Kultur" des Fehler-Erkennens und des Möglicherweise-Zurücktreten-zu-müssen irgendwie abhanden gekommen ist. Und ja, deshalb sitzen an vielen Stellen welche die gar nicht mehr dort sitzen sollten, aber trotzdem wieder gewählt wurden und/oder von der jeweiligen Partei/Koalition an der Macht gehalten wurden. Typesch lëtzebuergesch halt...

MarcL
20. September 2019 - 11.49

Respekt für diese Entscheidung, es war die einzige Möglichkeit politisch einen sauberen Schlussstrich unter die Angelegenheit zu ziehen.

Jacques Zeyen
20. September 2019 - 11.46

Na also.Jetzt kann er sein Häusle bauen und niemand schaut ihm auf die Finger.

Lucilinburhuc
20. September 2019 - 11.11

So jetzt haben die Paragraphenheinis wieder ein Sieg eingefahren. Blaming Culture is widespread in Small Country.