Europa als Friedensprojekt erhalten: Traditionelle Vorfeier zum 1. Mai vom Tod des Großherzogs Jean überschattet

Europa als Friedensprojekt erhalten: Traditionelle Vorfeier zum 1. Mai vom Tod des Großherzogs Jean überschattet

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Am Dienstag fand in Kayl die traditionelle Vorfeier zum 1. Mai statt. Bei dieser Gelegenheit wurde auch des ersten Arbeitsdeputierten Jean Schortgen gedacht.

Es ist bereits Tradition. Am Vorabend des 1. Mai versammeln sich Bürger von Kayl und Tetingen, um gemeinsam den Tag der Arbeit zu begehen und des ersten Arbeiterabgeordneten Jean Schortgen zu gedenken. Der Tetinger Bergarbeiter Schortgen war 1914 erstmals ins Parlament gewählt geworden. Nur vier Jahre später, am 1. Mai 1918, kam er, erst 38 Jahre alt, bei einem Grubenunglück ums Leben.

Treffpunkt für die Vertreter lokaler Vereinigungen am Dienstagabend war die Kayler Bannmühle. Von hier aus ging es unter den Klängen der Kayler Musikgesellschaften durch die Faubourg-Straße zur Schungfabrik, symbolträchtiger Ort einer Vergangenheit, als Eisenerz und Eisenindustrie den Lebensrhythmus der Menschen der Region bestimmte.

Die aufwendig instand gesetzten Räumlichkeiten empfangen seit geraumer Zeit schon die Besucher nicht mehr zu mühseliger Arbeit, sondern zur kulturellen Betätigung. Am Dienstagabend warteten die drei Tetinger Musikgesellschaften „Harmonie Victoria Téiteng“, der Chor „Ëmmer frou Téiteng“ und der „Cercle des mandolinistes Téiteng“ mit einem musikalischen Programm populärer Melodien auf.

Schmerzvoller Umbruch

Keine 1.-Mai-Vorfeier ohne feierliche und politische Ansprache. Doch dieses Mal wurde die Rede von Bürgermeister John Lorent durch das Ableben von Großherzog Jean überschattet. Lorent erinnerte an die mehrmaligen Besuche des ehemaligen Staatsoberhaupts in Kayl. Dabei habe dieser stets Interesse für die Belange des schaffenden Volkes gezeigt. Wegen seiner Zurückhaltung und Liebenswürdigkeit hätten auch monarchiekritische Menschen der Persönlichkeit des Verstorbenen stets ihren Respekt gezollt.

Die Regentschaft von Großherzog Jean war auch vom schmerzvollen Umbruch der 1970er- und 1980er-Jahre gekennzeichnet. Die Krise in der Stahlindustrie, die damals noch über 20.000 Menschen beschäftigte, gefährdete das Überleben eines ganzen Landes. Groß seien die Existenzängste der Menschen insbesondere im Süden des Landes gewesen, so Lorent. Dass es dem Land heute besser als jemals zuvor gehe, sei auch ein Verdienst von Großherzog Jean.

Zweites aktuelles Thema, das Lorent ansprach, waren die bevorstehenden Wahlen zum EU-Parlament am 26. Mai. Europa sei als Friedensprojekt gedacht gewesen, und insbesondere ein Land wie Luxemburg habe größtes Interesse daran, dass der Friede in Europa weiterhin gedeihe. Das sollte man am Wahltag nicht vergessen. Im EU-Parlament säßen derzeit bereits zu viele Abgeordnete, welche die EU von innen zerstören wollten. Nationalismus und Hegemoniebestrebungen hätten stets zu Krieg und Zerstörung geführt, so Lorent. Am 26. Mai sollten jene Kandidaten gewählt werden, die ein friedliches und soziales Europa wollen. Zum Abschluss stimmten „Harmonie Victoria“ und „Ëmmer frou“ Beethovens „Ode an die Freude“ an.