Ein Erbprinz auf Wirtschaftsmission

Ein Erbprinz auf Wirtschaftsmission
(Tageblatt)

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Wirtschaftsmissionen gehören zum Job eines Erbgroßherzogs. Er kommt so in der Welt herum und schafft seine Kontakte, die er später als Staatschef nützlich für sein Land einsetzen kann. So die Theorie.

Erbgroßherzog Guillaume steht im Bus. Blauer Blazer, beige Hose. Das passt eher zum Sommer als zu der trüben und kühlen November-Atmosphäre am Frankfurter Flughafen. Der Prinz hat die Spezialbehandlung mit Limousine verschmäht, die der Frankfurter Flughafen und die Fluggesellschaften Personen seiner Art gewöhnlich anbieten. Mit Ausnahme der Journalisten, die ihn begleiten, nimmt im Flughafenbus auch niemand von ihm Kenntnis.

Prinz Guillaume ist in Mission unterwegs. Er gibt der Wirtschaftsdelegation den offiziellen Anstrich. Es geht nach Abu Dhabi, nach Dubai, nach Katar und ins Emirat Ras-Al-Kheima. Und da eine Wirtschaftsmission, wenn ein Mitglied des Hofes sie offiziell führt, immer auch einen Minister mit sich nimmt, ist auch Wirtschaftsminister Jeannot Krecké mit von der Partie. Er war zuvor auf der weltgrößten Medizin-Messe in Düsseldorf und fliegt von dort aus nach Dubai, fährt dann nach Abu Dhabi. Begleitet werden sie von gut 30 Unternehmensvertretern und einigen Journalisten. Und da hier völlig verschiedene Interessen zusammengefügt werden, fällt die Gruppe immer wieder auseinander und setzt sich dann auch immer wieder zusammen.

Offizieller Besuch

Ein Gespräch mit ihm lehnt Erbgroßherzog Guillaume ab. Die nötige Zurückhaltung des Hofes gestatte ihm solche Gespräche mit Journalisten nicht, sagt er. Eine Ausnahme habe er nur anlässlich seinen 30. Geburtstages gemacht. Das ist nett und freundlich gesagt, so wie der 30-Jährige überhaupt offen und zugänglich auftritt. Aber bei dem Pressegespräch wird dann doch die Grenze gezogen.

Was in Frankfurt noch gelang, quasi inkognito durch den Flughafen zu gehen und auch so einzuchecken, findet in Abu Dhabi sein Ende. Die wenigen hundert Meter vom Flugzeug zum speziellen Empfangssaal unternimmt Erbgroßherzog Guillaume im BMW 730, weiß, mit Staatsnummer „1“. Das Auto wird seines sein während der gesamten Visite in den Vereinigten Arabischen Emiraten.

Aufgeschlossen und freundlich

Begrüßung durch den Protokollchef im Salon des Flughafens, Wechseln einiger freundlicher Worte, dann die Entschuldigung: Der Protokollchef eilt von dannen. Erbgroßherzog Guillaume sitzt alleine auf seiner Couch. Rund um ihn herum steht die Delegation: Pressechefin, Journalisten, Botschafter. Man trinkt Kaffee oder Möhrensaft. Und Prinz Guillaume sitzt alleine auf der Couch. Es muss ziemlich einsam sein in dieser Sonderstellung des Erbprinzen.

Dabei ist dieser junge Mann aufgeschlossen, ist freundlich, geht auf Menschen zu, redet mehr mit ihnen als die üblichen Smalltalk-Sätze „Wie geht es Ihnen? Danke der Nachfrage“ etc. Man kann fast den Eindruck haben, als interessiere sich der Prinz für die Menschen, die er im Laufe seines Besuches kennen lernt. Aber welche Menschen lernt er kennen?

Schiffs-Dinner

Die höfische Tradition verlässt ihn natürlich nicht bei einer Reise in ein Emirat, das nicht anders als ein Fürstentum ist. Also lädt die Handelskammer am zweiten Tag abends zu einem Dinner auf ein Boot ein. Eine Dschunke, umgebaut in ein Restaurant-Schiff, fährt den alten Hafen rauf und runter, bis alle ihr Abendessen verspeist haben. Aber zuvor wird es förmlich. Robert Dennewald, Präsident der Fedil und die Vertreter der luxemburgischen Außenhandelsorganisation stehen vor dem Schiff aufgereiht und begrüßen alle Teilnehmer, darunter den Erbgroßherzog. Und natürlich hält Dennewald auch eine kurze Rede, in der der Erbgroßherzog noch einmal persönlich begrüßt wird.

Die Dschunke wird an jenem Abend für zwei Stunden luxemburgisches Territorium. Erbprinz Guillaume tut das, was Sicherheitsbeamte vermutlich nahe an einen Herzinfarkt bringen würde. Er mischt sich unter die Gäste, schüttelt Hände, steht in einem Kreis von Menschen, die in Dubai wohnen, die dort Geschäfte machen, die Handel treiben. Er unterhält sich, lächelt. Typisch für ihn ist die Kopfhaltung, leicht nach unten geneigt, wenn er zuhört. Und dabei taucht dann eine fast lächerliche Frage auf: Darf man einem Prinzen des Hauses Nassau die Hand schütteln? Ich versuche es, strecke ihm meine Hand hin. Die Überraschung in seinen Augen, das winzige Zögern zeigen: Man darf nicht. Es muss andersherum laufen. Der Prinz gibt einem die Hand. Das ist genauso wie in der Tanzschule, wo man klassisch und ungeheuer altmodisch lernt, dass nicht der Mann der Frau die Hand gibt, sondern die Frau dem Mann. Aber die kurze Erfahrung zeigt: Der Mann ist offen, sehr gut informiert, neugierig und hat Lust am Kontakt mit Menschen bis zu dem Punkt, wo die unsichtbare Grenze ist, die man – bitte – nicht überschreitet.

Gespräche auf Augenhöhe

Prinz Guillaume ist auf der Wirtschaftsmission auf der arabischen Halbinsel nicht das Aushängeschild der Delegation, das nur repräsentiert. Er führt insgesamt acht Gespräche. Sie finden alle in der Familie statt, sprich der „Crown Prince of Luxembourg“ trifft Fürstinnen (Scheichinnen) und Fürsten (Emir und Scheichs). Und davon viele „Crown Princes“ wie er. Mit dem einen oder anderen ist er sogar befreundet.

Der Vorteil des Erbgroßherzogs: Er ist in der Regel sehr gut vorbereitet, er gilt als harter Arbeiter, der sich für jedes Gespräch einliest. Und: Er unterhält sich auch mit Journalisten. Aber eben nicht offiziell und dieses Vertrauen bricht man besser nicht.

Arabische Interessen

Erbgroßherzog Guillaume hat in Abu Dhabi mit der Außenhandelsministerin und mit dem Wirtschaftsminister geredet. Daraus lassen sich bereits die arabischen Interessen erschließen. Außerdem hat sich fast einen Tag mit dem Verteidigungsminister und Armeechef unterhalten. „Crown Prince Mohammad“ und „Crown Prince Guillaume“ sollen alte Freunde sein. In Dubai war Ergroßherzog Guillaume Gast von Prinz Juma bin Maktoum, Mitglied der Herrscherfamilie. Im Scheichtum Ras-Al Kheima ist er Gast des Herrschers selbst.

Die eigentlich wichtigen Gespräche aber führt er in Katar, das neue Partnerland von Luxemburg. Hier trifft Guillaume von Nassau auf den Industrieminister, auf den Wirtschafts- und Finanzminister und auch auf den Staatschef, den Kronprinzen von Katar, Scheich Tamin Bin Hamad Al Thani, dessen Familie gerade in Luxemburg Banken eingekauft hat.

Was macht ein Kronprinz von Luxemburg auf einer Reise durch arabische Länder? Er macht internationale Politik einfach schon durch die Tatsache, dass sich ein arabischer Scheich nicht mit einem Minister abgeben muss, der morgen womöglich abgewählt wird. Die Stetigkeit einer Dynastie ist der Trumpf, den Erbgroßherzog Guillaume in Arabien ausspielen kann.