Die sonderbare Informationspolitik des Schöffenrats

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Als am 14. Juli dieses Jahres eine deutsche Firma Ausmessungen und Bohrungen auf dem Spielplatz im Fond St-Martin durchführte, hörten die Einwohner die Nachtigall trapsen. Und vermuteten zu Recht, dass laut dem Willen des Schöffenrats die letzte Stunde dieser Oase im Ortszentrum geschlagen haben soll.

Als am 14. Juli dieses Jahres eine deutsche Firma Ausmessungen und Bohrungen auf dem Spielplatz im Fond St-Martin durchführte, hörten die Einwohner die Nachtigall trapsen. Und vermuteten zu Recht, dass laut dem Willen des Schöffenrats die letzte Stunde dieser Oase im Ortszentrum geschlagen haben soll.
Fränz Hoffmann

Luxemburg/Weimerskirch – Die „Lakerten“, ehedem nicht als besonders obrigkeitsunterwürfig bekannt, wollen sich dies so einfach nicht bieten lassen. Anfang der vergangenen Woche hissten sie an besagter Stelle ein Spruchband, worauf zu lesen war „Durch déi Gréng an déi Blo ass de Kanner hire Spillterrain net méi do“ (siehe Tageblatt vom 24. Juli).
Vor allem kritisierten sie in diesem Zusammenhang die mangelhafte Informationspolitik des Schöffenrats und die Art und Weise, wie hier ohne den geringsten Dialog mit den Betroffenen umgesprungen wird. Der Schöffenrat zeigte Einsicht. Zwei Tage nach dem Anbringen der Banderole, ließ man einen Pflock mit einer amtlichen Mitteilung einschlagen, der für die Aufklärung der erbosten Einwohner sorgen sollte.
Nicht am Maschendrahtzaun, sondern in einer „Höhe“, in der die Bürger, um den Text wahrzunehmen, sich demütig niederknieen müssen. Auf offiziellem Briefpapier (mit dem Logo der Hauptstadt) und lediglich mit einer Referenznummer (9/2008/524) gekennzeichnet und mit folgendem lakonischen Wortlaut:
„Conformément à l’article 5 du règlement grand-ducal du 8 juin 1979 relatif à la procédure à suivre par les administrations relevant de l’Etat et des communes, il est porté à la connaissance du public qu’une demande a été introduite en vue d’obtenir un accord de principe pour la construction d’un immeuble résidentiel à l’adresse 37, Fond St-Martin.
Le présent avis est affiché d’une manière visible, par les soins du requérant, sur la parcelle destinée à recevoir l’implantation de la construction, pendant le délai d’instruction du dossier. Toute personne qui estime que les décisions administratives à prendre au sujet de cette demande sont susceptibles d’affecter ses droits et intérêts pourra faire connaître ceci par écrit au bourgmestre. Elle aura par la suite la possibilité de consulter le dossier et de présenter ses observations éventuelles.“
Ende der Durchsage! Kein Datum, keine Unterschrift, kein Stempel! Starker Tobak, fürwahr! Was allerdings noch schlimmer ist: Keine Angabe darüber, bis wann man Einwände und Beschwerden beim Herrn Bürgermeister einreichen darf! Spekuliert der Schöffenrat etwa darauf, dass zahlreiche Bürger momentan im Urlaub sind und man ihnen später bedeuten kann, dass die Fristen, sorry, für einen Einspruch verstrichen sind?

„Baulücken“

Die augenblickliche blau-grüne Koalition beruft sich auf ihr sogenanntes „Baulücken“-Programm, mit dem brachliegendes Areal und Wohnraum zu einem erschwinglichen Preis erworben werden soll. Das ist an sich lobenswert, auch wenn man bei den aktuellen Immobilien-Preisen davon ausgehen kann, dass es sich keineswegs um „billigen“ sozialen Wohnungsbau handeln wird.
Vorgesehen sind in diesem präzisen Fall Kontrakte (Erbpachtverträge, der Boden bleibt im Besitz der Gemeinde) mit der Strassener Baufirma Stugalux, die sich daneben auch als Promotor betätigt. Wie beispielsweise in der Weimerskircher Schetzel-Straße und neuerdings im Fond St-Martin.
Über den Begriff „Baulücke“ lässt sich besonders dann streiten, wenn Grünflächen, die man sicherlich anders nutzen könnte, systematisch zubetoniert werden und wenn ein Spielplatz plötzlich zum Spekulationsobjekt wird.
Den „Blauen“ darf man sicherlich so manche erprobte Seilschaften zu Baulöwen und Immobilienhaien nachsagen. Dass ausgerechnet die „Grünen“, in deren Reihen man zahlreiche Sozialarbeiter und angebliche Kinderfreunde wiederfindet, diese Politik kautionieren, bleibt für viele ein Rätsel.

Wer sich wehrt …

… lebt nicht verkehrt. Bürgermeister Helminger wird sich über die Post, die ihm in diesen Tagen ins Haus flattern wird, nicht besonders freuen können. Zahlreiche Bürger haben ihm bereits einen Standard-Brief zum „Knuedler“ geschickt und weitere werden in den nächsten Tagen folgen. Und darin werden die Sünden des Schöffenrats unbarmherzig aufgedeckt.
Zum „Dialog“ mit den Einwohnern beispielsweise: „Malgré les bonnes intentions de la part des responsables communaux de vouloir associer les habitants aux prises de décisions (hearings) concernant leur quartier, nous regrettons qu‘à aucun moment la Ville ait consulté les habitants de Weimerskirch en vue de connaître leurs avis sur ce projet et qu’ils ont été placés devant le fait accompli. Nous notons par ailleurs qu’aucune réponse n’a été apportée à la lettre du syndicat Eich-Dommeldange-Weimerskirch du mois de novembre 2006 sur cette question …“
In demselben Schreiben wird auf die Wichtigkeit des Spielplatzes und die soziale Bedeutung für die Einwohner des Viertels hingewiesen, ebenso wie auf die Nachteile, die sich aus dem Bau einer größeren Apartmenthauses im Fond St-Martin ergeben (zusätzliches Verkehrsaufkommen auf einer bereits viel befahrenen Straße nach Kirchberg, weitere eingeschränkte Sicherheit, Mangel an Parkplätzen usw.) Mit der Zubetonierung des Spielplatzes werden die Kinder beim Spielen wieder auf Bürgersteige oder auf den Kirchen-Vorplatz verbannt und niemand kann ihre Sicherheit garantieren.
Weimerskirch könnte in den nächsten Wochen nicht nur wegen der sengenden Sonne ein heißes Pflaster für den Schöffenrat werden.