Arnaud Kieffer, ein Luxemburger Skilehrer in St. Moritz

Arnaud Kieffer, ein Luxemburger Skilehrer in St. Moritz

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Die Alpen bereiten sich auf den ersten großen Ansturm des Jahres vor. Mit dem Beginn der Weihnachtsferien wird es auch wieder viele Luxemburger in den Wintersport ziehen. Während sie sich auf die Piste freuen, beginnt für andere die Arbeit. Auch für den Wiltzer Arnaud Kieffer, einen Luxemburger Skilehrer in St. Moritz.

Der Tag von Arnaud Kieffer ist lang: Um 7.00 Uhr klingelt der Wecker. Gegen 8.15 Uhr wird der Gast bzw. werden die Gäste im Hotel abgeholt, anschließend geht es auf die Piste. Wenn die Lifte gegen 16.00 Uhr schließen, beginnt das Après-Ski. Auch das gehört zum Job. Gegen 17.00 Uhr ist Feierabend, erst dann kann die gute Laune auch einmal abgelegt werden. „Selbst wenn man meist nur drei Netto-Stunden am Tag auf Skiern steht, geschafft bist du abends trotzdem“, sagt Kieffer. Der 45-Jährige besitzt die Eigenschaften, die man für diesen Job braucht: Offenheit, ein guter Umgang mit Menschen und reichlich Sprachenkenntnisse zeichnen ihn aus. Und natürlich kann er exzellent Skifahren.

Vor 20 Jahren hatte alles angefangen. Als Student fuhr Arnaud Kieffer in den Skiferien nach Pontresina, den Nachbarort von St. Moritz. Er übernachtete in der Jugendherberge und lernte dort einen Skilehrer kennen. Nach wenigen Tagen erhielt er von ihm einen Anruf. Ob er nicht aushelfen könne, es fehle an Personal. Kieffer machte die Grundausbildung und half sieben Saisons aus, zumal sich der Job gut mit seinem Ingenieurstudium vereinbaren ließ: Das Thema seiner Dissertation an der Uni Kaiserslautern war die Zeitmessung im Sport über Funkverbindung.

10.000 Euro investiert

Nach dem Studium aber kam die Skilehrer-Karriere erst einmal zum Stillstand. Kieffer ging 1996 ins „Enseignement“ und wurde Lehrer, erst im Lycée technique in Esch, dann in Wiltz. Da blieb nur noch wenig Zeit für das Hobby Skifahren, zumal er inzwischen mit einer Norwegerin verheiratet und stolzer Vater einer Tochter war. Der Wendepunkt kam 2006. Die Ehe war in die Brüche gegangen und zu allem Überfluss brannte sein Haus in Wiltz vollständig ab. „Es war der Punkt, an dem ich ernsthaft überlegte, was ich aus meinem weiteren Leben machen sollte. Was ist wichtig und was nicht“, blickt Arnaud Kieffer zurück.

2007 verließ er das Unterrichtswesen und heuerte wieder als Hilfs-Skilehrer in Pontresina an. „Ich wollte es noch einmal wissen, zumal inzwischen auch Nicht-Schweizer zum Graubündner Skilehrerpatent zugelassen waren“, sagt Kieffer. Er machte sein „Brevet“ und arbeitet seitdem jeden Winter für den Verein privater Skilehrer St. Moritz. 10.000 Euro hat er nach eigenen Angaben investiert, um dorthin zu kommen, wo er jetzt ist.

Jede zweite Jahr Weiterbildung

Die Ausrüstung müssen die Skilehrer aus eigener Tasche bezahlen, zudem steht jedes zweite Jahr Weiterbildung an. Das ist Voraussetzung, damit die Lizenz gültig bleibt. „Die pädagogische Ausbildung der Skilehrer in der Schweiz ist besser als die der Lehrer in Luxemburg“, bemerkt Arnaud Kieffer, „zudem gibt es eine permanente Fortbildung und jede Menge Trainings“. Auf dem Programm stehen dann neben dem Skifahren in all seinen Varianten (Rennformen, Slalom- Riesenslalom, Kurzschwung- und Carvingvarianten, Trick-Skifahren, Buckelpiste, Style- und Weitsprung etc.) noch Methodik, Pädagogik, Samariter-Kurs, Tourismus und Recht, Touren- und Lawinenausbildung.

Ob man da als Flachländer nicht einen entscheidenden Nachteil gegenüber den Schweizern hat? „Wenn ich das mit 44 Jahren schaffe, dann ist es ja wohl machbar. Die Anforderungen sind: technisch sauberes Skifahren und Carven, ein bisschen Renntechnik sowie sprachliche und methodische Grundfertigkeiten“, so Kieffer. „Überhaupt muss ich sagen, dass die Luxemburger hier beliebt sind. Luxemburg ist klein und bescheiden, das kommt hier gut an“, sagt der wohl einzige Graubündner Skilehrer aus dem Großherzogtum.

Bescheidenheit ist ein gutes Stichwort. Ein privater Skilehrer verdient im Engadin je nach Ausbildung und Ort zwischen 160 und 240 Schweizer Franken (ca. 105 und 160 Euro) pro Tag. Im Skiclub St. Moritz kostet der Skilehrer 390 CHF (240 EUR) am Tag. Zum Vergleich: Gruppen-Kurse in den Skischulen gibt es bereits zum Preis von 280 Franken (ca. 180 Euro) für Kinder bzw. 350 Franken (230 Euro) für Erwachsene für fünf Tage (ohne Skipass). Für den Skilehrer bleibt in Anbetracht der Abgaben, Materialkosten bzw. Kost und Logis nicht allzu viel übrig. „Zum Überwintern reicht’s“, erklärt Arnaud Kieffer, „aber wenn ich nicht auch als Ingenieur arbeiten würde, ginge es nicht.“ Seinen Kollegen geht es nicht anders, auch für sie ist Skilehrer ein Zweitberuf. „Von Elektriker bis Zahnarzt, es ist alles dabei. Die Motivation ist immer die gleiche: die Leidenschaft zum Skisport und der Spaß, jemandem etwas beizubringen.“

110 Tage Ski

Arnaud Kieffer kam in der letzten Saison auf 110 Tage Ski. Und so soll es weitergehen. Von Weihnachten bis Ende Februar ist Hochsaison, in diesem Winter ist der Exot unter den Skilehrern in St. Moritz bereits einen Monat ausgebucht. Engländer, Schweizer, Deutsche, Italiener und vor allem Russen gehören im mondänen St. Moritz zur Hauptkundschaft. Da kann es schon zu heiklen Situationen kommen. Einmal überraschte eine russische Kundin ihn mit dem unmissverständlichen Angebot, anstelle des Ski-Unterrichts doch lieber Champagner mit ihm trinken zu wollen. Nur tagsüber sei er buchbar, antwortete der Luxemburger daraufhin charmant und die Dame musste sich wohl oder übel in die engen Skischuhe zwängen.

Arnaud Kieffer hat seine Leidenschaft zum Beruf gemacht, wenn auch „nur“ zum Zweitberuf. Ginge es nach ihm, dann steht er erst am Anfang. „Ich habe in St. Moritz einen Skilehrer-Kollegen, der ist mit 73 noch topfit. Und als Vorbild gilt mir mein Großvater Jos Miny. Der hat bis ins hohe Alter von 80 Jahren Turnstunden gegeben.“ Mit Freude und einer gehörigen Portion Leidenschaft. Philip Michel