„Tram fahren, eine feine Sache“

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Am Sonntag geht’s los: Jahre der Planung, des Baus, der Ausbildung finden ihren Abschluss und die neue Luxtram nimmt den kommerziellen Betrieb auf. Wir sprachen mit Luxtram-Generaldirektor André von der Marck.

Tageblatt: Nach den Projekten in Straßburg und Nice ist die Luxtram bereits die dritte Straßenbahn, an deren Entstehung Sie federführend beteiligt sind. Haben Sie nicht dennoch ein bisschen Lampenfieber für die Premiere?
André von der Marck: Lampenfieber hat man natürlich immer, gerade bei der Inbetriebnahme der ersten Linie eines Systems. Mit ihr – dem Abschnitt Luxexpo-Kirchberg – beginnt nämlich eine neue, schöne Epoche. Ein Zurück gibt es nun nicht mehr.

Die Tram in Straßburg, für die Sie verantwortlich zeichneten, stellt einen der schönsten Erfolge der Renaissance der Tram in Frankreich dar. Sie sind Urbanist, was war die städteplanerische Dimension dieses Projekts?
Nach den neuen Trams in Nantes und Grenoble, welche die Pioniere waren, war Straßburg 1992-94 das erste Projekt, bei dem die Integration der Tram in das Stadtbild sowie die Stadterneuerung und -verschönerung von Beginn an im Zentrum der Planungen standen. Und deshalb hatte man recht bald nach der Einweihung das Gefühl, als wäre diese Tram schon seit langem Teil des städtischen Mobiliars gewesen. Außerdem war die Straßburger die allererste Tram, die integral in Niederflurtechnik verwirklicht wurde.

Thema Qualität des öffentlichen Transports, wie positioniert sich da die moderne Tram?
Damit öffentlicher Transport heute Erfolg hat, muss das Angebot von hoher Qualität sein.
Es geht dabei eindeutig nicht darum, die Leute in den öffentlichen Transport zu zwingen. Es geht darum, den Menschen ein Angebot zu machen, das diese als attraktiv empfinden, wo sie spontan sagen: „Tram fahren ist wirklich eine feine Sache!“

Luxtram ist ja nun kein rein luxemburgisches Projekt?
Die Luxtram-Mannschaft setzt sich aus zahlreichen Nationalitäten zusammen. Eine neue Tram ist immer ein kollektives Werk und wir haben hier Einflüsse aus vielen Richtungen verarbeitet: Wir haben luxemburgische Ingenieursbüros und Bauunternehmen. Die Expertise für das Gesamtprojekt stammt größtenteils aus Frankreich. Die Triebzüge wurden in Spanien entwickelt und gebaut, aber der Fußboden stammt aus Luxemburg, die Motoren aus Österreich, die Steuerungselektronik aus Deutschland. Und das Design kommt aus Frankreich und Belgien.
Wir haben auf einen großen Reichtum an Erfahrungen zurückgreifen können. Ich habe Wert darauf gelegt, mich mit den besten verfügbaren Fachleuten zu umgeben. Unsere Mannschaft ist mit dem Resultat ziemlich zufrieden, aber selbstverständlich wird das finale Urteil über die neue Tram ihren Benutzern zustehen.

Bei einer modernen Straßenbahn und natürlich auch bei der Luxtram geht es nicht nur darum, Menschen zu befördern. Das Ding muss auch noch schön sein – innen wie außen. Wie wichtig ist in diesem Zusammenhang das Design?
Es ist für ein solches Projekt sehr wichtig. Damit die Leute Lust haben, dieses neue Verkehrsmittel zu benutzen, muss dieses auch optisch attraktiv sein. Wir lieben das Schöne in allen Lebensbereichen, Landschaften, Architektur, Gegenständen des täglichen Gebrauchs. Und selbstverständlich auch im Transportsektor. Die Qualität des Designs ist hier absolut wesentlich.
Selbstverständlich muss aber das Ergebnis den Erwartungen und Bedürfnissen der Menschen entsprechen. Technologisch entspricht unsere Tram jedenfalls dem Besten, was derzeit verfügbar ist.

Welche waren die besonderen Herausforderungen beim Luxemburger Projekt?
Nun, bei jeder neuen Tram besteht die große Herausforderung darin, zunächst einmal ein Projekt zu entwerfen, das auf Akzeptanz stößt, und dann von der Projekt- in die Realisierungsphase überzugehen. Wichtige Entscheidungen erfordern oft längere Zeit, damit die richtige Lösung heranreifen kann. In Straßburg brauchte die Entscheidung für die Tram 20 Jahre. Gerade für die Einführung der ersten Linie eines Systems müssen oft große Widerstände überwunden werden.
Und man muss fähig sein, mit zahlreichen Betroffenen zusammenzuarbeiten: den Diensten des Staates und der Gemeinde, den Anliegern, den politischen Entscheidungsträgern und natürlich dem Publikum. Man muss sie alle zu Teilhabern des Projekts machen. Eine besondere Herausforderung besteht natürlich in der Organisation der Baustellen, die möglichst wenige Auswirkungen auf die Bereiche um sie herum haben sollen. Der Bau einer Tram ist ein ausgesprochen komplexes Projekt. Auch was unsere technischen Installationen betrifft. Übrigens verfügen wir neuerdings in-house sogar über eine eigene Tramfahrschule.

Jede neue Tram begegnet einer gehörigen Portion Skepsis, ja sogar Feindseligkeit. Konnten Sie feststellen, dass sich die Mentalitäten hier in Luxemburg im Laufe der Verwirklichung der ersten Linie zum Besseren entwickelt haben?
Ganz klar! Die Existenzberechtigung der Tram wird kaum noch ernsthaft in Frage gestellt. Die Leute haben feststellen können, dass eine Tram-Baustelle keine pharaonesken Dimensionen annimmt und während zehn Jahren eine ganze Stadt blockiert. Sie begreifen jetzt auch, dass diese Tramway ihre Daseinsberechtigung nicht isoliert, sondern in der engen Kooperation mit und in Ergänzung zu den anderen Transportmodi findet. Wenn die Tram erst mal bis zur Stäreplaz verkehrt, wird sie mit großer Sicherheit eine Menge Leute von ihrer Nützlichkeit überzeugen, die ihr heute vielleicht noch etwas reserviert gegenüberstehen.

Und zum Abschluss ein ganz wichtiges Thema: Sicherheit. Was sagen Sie da zum Publikum, damit die Einführung der Tram möglichst „d’une façon conviviale“ und vor allem ohne Unfall über die Bühne geht?
Die erste Botschaft haben wir an unser eigenes Personal gerichtet: Wir haben unseren Fahrern klargemacht, dass es in den ersten Monaten wirklich nicht darum geht, Geschwindigkeitsrekorde aufzustellen.
Zwar sind die 4,6 Kilometer der Strecke Rout Bréck-Luxexpo problemlos in elf Minuten zu schaffen, doch werden wir uns in der Anfangsphase mit 13 Minuten begnügen.
Denn das Publikum muss sich erst an die Tram gewöhnen können. Andererseits sind unsere Fahrer zum Teil neu im Beruf und müssen daher noch Erfahrung unter reellen Betriebsbedingungen sammeln. Für unsere Mannschaft hat Sicherheit jedenfalls absoluten Vorrang.
Das Publikum wollen wir daran erinnern, dass eine Tram sehr wenig Lärm macht und zudem über einen relativ langen Bremsweg verfügt. Deshalb muss man unbedingt die neuen Ampeln respektieren und man darf auf keinen Fall Fahrzeuge im Gleisbereich anhalten oder abstellen.


Mit der Tram, aber sicher!

Seit 1985 wurden in Europa rund 55 neue Tramnetze eingeweiht. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Tram ein äußerst sicheres Verkehrsmittel ist. Autofahrer und Fußgänger müssen sich allerdings angewöhnen, die Regeln einzuhalten.

Rote Ampeln missachten und Kreuzungen blockieren gelten in Luxemburg als Nationalsport. An den Staus in der Rushhour tragen nicht zuletzt jene Rücksichtslosen eine Mitschuld, die in eine Kreuzung einfahren, obwohl evident ist, dass sie auf der anderen Seite nicht wieder rauskommen. Womit sie dann den querenden Verkehr blockieren.
Diese Sorte asoziales Verhalten ist gang und gäbe, weil es in der Regel ohne Konsequenzen für den Zuwiderhandelnden bleibt.

Wenn man aber mit einer Tram zu tun hat, ist von dieser Handlungsweise definitiv abzuraten. Und zwar aus reinem Selbsterhaltungstrieb. Denn wenn man quer auf den Gleisen anhält oder eben mal schnell durch Rot brettert, und eine 64-Tonnen-Tram rauscht mit 20-50 km/h heran … Dann?

Nun, dann walten ganz einfach und unerbittlich die Gesetze der Physik. Abteilung klassische Mechanik. Und die werden sich ausnahmslos immer zum Nachteil des Autofahrers auswirken: Beim einzigen Zwischenfall, der sich bisher ereignete, nachdem ein Autofahrer durch ein Rotlicht gefahren war, wurde der Schuldige glücklicherweise nur leicht verletzt, seine Karre wird aber demnächst der Schrottpresse zum Fraß vorgeworfen.

Eine Tram ist im Vergleich zum Auto ein ausgesprochen sicheres Verkehrsmittel: Die anderen Verkehrsteilnehmer müssen sich aber an die Tatsache gewöhnen, dass ihr Bremsweg gegenüber gummibereiften Fahrzeugen um etwa das Dreifache länger ist. Braucht ein Auto zehn Meter, um von 40 km/h auf null zu bremsen, so sind es bei der Tram 30. Der Rollwiderstand (umgangssprachlich „Grip“) von Gummi auf Asphalt ist nämlich wesentlich höher als der von Stahl auf Stahl.

Handysüchtige leben gefährlich

Diese Tatsache hat aber umgekehrt den enormen Vorteil für die Tram, dass sie erheblich weniger Energie verbraucht und damit deutlich umweltfreundlicher ist. Der längere Bremsweg erklärt auch, warum die Tram an Übergängen („Furten“) für Autos, Fußgänger und Velos immer Vorrang hat. Weshalb auch keine Grünphase angezeigt wird. Eine Furt ist vom „Code de la route“ her nicht mit einem gewöhnlichen „Zebrastreifen“ gleichzusetzen, an dem der Verkehr per pedes Vorrecht hat.

Wenn die Ampel doppelt Rot zeigt, heißt es stehen bleiben. Und wenn sie gar nichts zeigt, darf man den Schienenweg zwar überqueren, muss sich aber dennoch vergewissern, ob nicht gerade eine Tram im Anmarsch ist. Eine neue Tram wie die Luxtram ist aber allein schon dadurch sehr sicher, weil sie über eine eigene Fahrbahn verfügt. Kein anderer Verkehrsteilnehmer hat etwas im Gleisbereich verloren. Die Schienen dürfen nur an einigen ausdrücklich vorgesehenen Stellen überquert werden. Bei Kreuzungen Straße/Schienen gibt es einen grundlegenden Unterschied zu den Kreuzungen Straße/Straße. Denn die Autofahrer teilen sich eine solche Kreuzung nicht mit der Tram.

Der Schienenbereich ist vielmehr das alleinige Eigentum der Tram. Die Kreuzung ist lediglich der einzige Ort, an dem Autos die Gleise überqueren dürfen. Anhalten oder gar parken dürfen sie in diesem Bereich, an dem ihnen wie gesagt keinerlei Teilhabe zukommt, grundsätzlich nicht.

Es würde niemandem, der auch nur halbwegs bei Sinnen ist, einfallen, sein Auto querwegs auf einem CFL-Bahnübergang anzuhalten. Nun, das Anhalten auf Tramschienen ist haargenauso beknackt, selbst wenn Tramstrecken keine Schranken haben. In einer Kategorie Verkehrsteilnehmer sind in letzter Zeit besonders viele Verkehrsopfer zu beklagen: die Handysüchtigen mit dem Knopf im Ohr.

Abgeschnitten von der Außenwelt, allein auf ihren Bildschirm konzentriert, hühnern sie ohne Rücksicht auf ihr eigenes Mückenleben unter den nächstbesten Laster, Bus oder eben … Straßenbahn. Fußgänger müssen stets bedenken, dass Trams, ähnlich wie Elektro- oder Hybridbusse, außergewöhnlich leise sind, so dass es, wenn man sie denn endlich hört, meist schon zu spät ist.

Francis Wagner
12. Dezember 2017 - 11.05

@ Sabine: "Die Tram ist sowas von 20. Jahrhundert." Und das Auto ist noch älter und altmmodischer, nämlich aus dem Jahre 1886.

Luss
11. Dezember 2017 - 12.03

@Sabine. IHR Denken ist sowas von Mittelalter. Und wenn Sie Purzelbäume schlagen: Mit der Tram werden SIE die nächsten 100 Jahre leben müssen! Mindestens !

Sabine
10. Dezember 2017 - 18.27

Wann wird diese altmodische Tram endlich wieder abgeschafft? Busse sind viel flexibler. Die Tram ist sowas von 20. Jahrhundert.

daan
9. Dezember 2017 - 9.55

endlech 1 Tram mir kommen den Amerikaner emmer mei no.............lo nach just eisen Airport 7X mei grouss gebaut dat 500 bis 600 Passageierflieger hei landen kennen..........watt mei Touristen watt mei Tram Passageier ? Letzebuerg ass voll am Boom voll porno

de Pensionär
8. Dezember 2017 - 22.42

Eine sehr feine Sache ! Außer in Kindesjahren bin ich zwar zwangsläufig in Luxemburg nicht mehr Tram gefahren, aber ich habe dieses noch "von damals" in äußerst guter Erinnerung !