„Meere leisten einen großen Dienst“

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Von unserem Redakteur Eric Rings, Bonn

Zum ersten Mal hat mit den Fidschi-Inseln ein sogenannter gefährdeter Staat die Präsidentschaft der Klimakonferenz inne. Durch die Klimaerwärmung drohen die Fidschi-Inseln im Meer zu versinken. Bei der COP 23 in Bonn stehen die Themen Ozean und Küsten im Vordergrund. Auf genau diese Bereiche hat sich die Luxemburgerin Dorothée Herr, Managerin bei der Weltnaturschutzunion IUCN, spezialisiert. Ein Interview.

Tageblatt: Was macht Ihre Organisation?

Dorothée Herr: Die IUCN agiert weltweit und hat ihren Sitz im Schweizer Gland, nahe Genf. Sie setzt sich für die Bewahrung der Natur und natürlichen Ressourcen ein. Mein Büro befindet sich in Berlin. Dort decke ich die Bereiche Küsten und Meere ab. Für meine Organisation geht es darum, nach naturbasierten Möglichkeiten zu suchen. Wir schauen, wie wir mit der Natur Lösungen gegen den Klimawandel finden können.

Und was wären diese Lösungen?

Dabei geht es sowohl um die Anpassung als auch um die Vermeidung von CO2. Tropische Regenwälder beispielsweise speichern viel CO2. Werden diese abgeholzt, dann setzt sich enorm viel Kohlendioxyd in die Atmosphäre ab. Aber auch Mangroven oder Seegräser speichern viel CO2, das ist mittlerweile wissenschaftlich belegt. Mangroven oder Seegräser in den Küstengebieten sind allerdings viel effizienter als tropische Regenwälder. Denn sie speichern drei- bis viermal mehr CO2 pro Hektar. Doch ihr Areal ist größenmäßig beschränkt. Dennoch geht es nicht darum, zu sagen, Tropenwälder seien besser als Mangroven in den Küstengebieten, sondern darum, dass die einzelnen Ökosysteme ihre eigene Rolle spielen, wenn es gilt, Lösungen bei der Vermeidung von CO2 zu finden.

Was muss man in den Küstengebieten beachten?

In den Küstengebieten gilt neben der Vermeidung von CO2 das Kriterium der Anpassung als essenziell. Mangroven spielen eine wichtige Rolle beim Küstenschutz. Dies gilt auch für die Korallen, die eine wichtige Rolle für die lokale Fischerei spielen. Man muss darauf achten, dass die Korallen geschützt und nachhaltig gemanagt werden.

Warum sind die Ozeane so wichtig?

93 Prozent der Treibhausgase in der Atmosphäre werden durch die Ozeane aufgenommen. Deshalb erweisen uns die Meere einen sehr großen Dienst. Das entlastet die Atmosphäre. Ohne diesen Effekt würde die Klimaerwärmung noch viel schneller voranschreiten. Nachteil dieses Phänomens ist, dass sich die Ozeane durch vermehrte Treibhausgase erhitzen, schneller sauer werden und der Sauerstoffgehalt sinkt.

Wie kann sich Ihre Organisation in der COP einbringen?

Für unsere Organisation, aber auch allgemein im Meeres- und Küstenbereich, können wir feststellen, dass sich die Länder zunehmend bewusst werden, insbesondere kleine Inselstaaten, dass sie ihre Lösungen in die national festgelegten Beiträge (NDC, „Nationally Determined Contributions“) einbringen sollten, wie beispielsweise Lösungen für die Küsten oder das Meer.

Dazu gehören eine nachhaltige Fischerei, Mangrovenschutz, struktureller Schutz oder das Management der Interaktionen zwischen Mensch und Tier. All diese Dinge sollten in die Diskussion eingebracht werden, um zu zeigen, dass dies ein Teil des großen Puzzles ist. Am Ende sollte man aber trotzdem den großen fossilen Brennstoff-Geschichten den Hahn zudrehen, sonst kann die Natur nicht Schritt halten, um sich dort anzupassen.

Glauben Sie, dass die Präsenz Ihrer Organisation hier auf der COP etwas bewirken kann?

Auf jeden Fall. Ich arbeite seit 2009 für die IUCN. Ich war jedes Jahr – mit einer Ausnahme – auf der COP, um dem Thema Küste und Ozean mehr Gewicht zu verleihen. Nun ist es das erste Mal, dass ein kleiner Inselstaat die Präsidentschaft innehat. Es wurde noch nie so viel über Meere und Küsten gesprochen wie dieses Jahr. Durch unsere Organisation haben wir uns viel technisches Wissen erarbeitet. Wir können sagen, hier haben wir sogenannte „best practices“, wie man die Problematik bei den Meeren und Küsten lösen kann.

Es sind viel mehr Akteure hier, die sich mit dem Thema Meer und Küsten beschäftigen, eben weil Fidschi die Präsidentschaft hat. Sonst standen eher die Wälder im Vordergrund. Das ist ja auch wichtig, aber nun ist das Thema Ozean mehr in den Vordergrund gerutscht. Beide Themenbereiche sind wichtig und müssen zusammen richtig funktionieren.