„Das Handwerk hat ein Imageproblem“

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Seit etwas mehr als einem Jahr ist Sébastien Steffes (37) Präsident der Vereinigung „Jonk Handwierk“ mit 200 Mitgliedern (Firmen). Ein Gespräch mit dem in Fels ansässigen Grafiker über die Lage der Branche, ihr Image, fehlende Fachkräfte und Auszubildende.

Tageblatt: Ihr Grafik-Atelier heißt „Molotov“. Das klingt so martialisch …
Sébastien Steffes: Der Name ist vom Konzept abgeleitet. Unser Ansatz ist es, kleinen Unternehmen zu helfen. Wir wollen ihnen denselben „Boom“ im übertragenen Sinne wie den „Big Playern“ ermöglichen. Wir haben als Kunden Start-ups, die auf Namenssuche sind, bis hin zu etablierten Betrieben, die ein Rebranding ihrer „Corporate Identity“ wollen.

Sie vertreten die Interessen Ihrer Mitglieder auf dem politischen Parkett. Was sind derzeit die größten Baustellen der Branche?
Eine ist der Platz zur Ansiedelung junger Handwerksbetriebe. Wir als junge Handwerker brauchen häufig eher kleine Parzellen für Betriebsgründungen. Hier im Land wird aber den „großen“ Ansiedelungen – ich nenne jetzt als Beispiel Google – die ganze Beachtung geschenkt.

Es gibt doch aber Gegenbeispiele wie den „1535° Creative Hub“ in Differdingen …
Ja, klar. Aber wie viele Projekte dieser Art befinden sie sich im Großraum Luxemburg-Stadt beziehungsweise im Süden das Landes. Wenn es Möglichkeiten gibt wie die alte Mühle in Reisdorf, wo auch ein „Creative Hub“ möglich wäre, sind solche Gebäude klassiert. Da darf man nichts umbauen.

Viele Bürgermeister reden aber gerne bei jeder Gelegenheit darüber, dass sie eine „zone artisanale“ gründen – gerade hier im Norden.
Auch das stimmt. Aber dann müssen Interessierte gleich 20 Ar kaufen, die viel kosten. Da verschuldet sich ein Start-up gleich mal mit einer Million, bis die Firma mit Halle und Ausstattung steht. Wenn es dann überhaupt ein Darlehen bekommt.

Weitere Sorgen?
Junghandwerker haben die gleiche Sorgen wie „Alt“-Handwerker. Die ewig immer gleiche Leier: Nachwuchs zu finden und qualifizierte Arbeitskräfte.

Das erklärt, warum 49% der Arbeitnehmer im Handwerk in Luxemburg Grenzgänger sind. Ohne sie könnte die Branche derzeit nicht funktionieren, oder?
Das stimmt. Es gibt viele Handwerksbetriebe, in denen 20 unterschiedliche Nationalitäten gut zusammenarbeiten. Das ist ein Mehraufwand an Organisation. (Luxemburger haben laut „Chambre des métiers“ einen Anteil von 14 Prozent an der Gesamtbeschäftigtenzahl im Handwerk hierzulande; Anm. d. Red.).

Und warum gibt es so wenig Nachwuchs?
Das ist ein großes gesellschaftliches Problem in Luxemburg. „Geh’ nicht ins Handwerk, geh’ auf die Uni“, heißt es in vielen Elternhäusern. Dabei gibt es so schöne und abwechslungsreiche Berufe im Handwerk, das allgemeine Bild stimmt einfach nicht.

Das hört sich nach einem großen Imageproblem an …
Ja. Das Handwerk hat ein Imageproblem. Denn selbst, wenn die jungen Leute studiert haben, heißt es: „Also jetzt kannst du aber nicht ins Handwerk zurück, du bist überqualifiziert.“ Dabei werden auch im Handwerk viele hoch qualifizierte Leute gebraucht.

Sie haben doch auch studiert …
Eben. Und ich finde meinen Beruf toll! Abwechslung, persönliche Entfaltung und der Kontakt mit vielen verschiedenen Menschen machen den Reiz aus.

Ist das Handwerk vielleicht auch unter finanziellen Gesichtspunkten nicht „sexy“ genug?
Im Handwerk wird nicht schlecht bezahlt. Es ist sowieso von Gewerk zu Gewerk unterschiedlich. Klar könnte der Preis für qualifizierte Handarbeit, die das Handwerk nun mal ist, höher sein. Aber: Der Staat als Konkurrent auf dem Arbeitsmarkt zahlt Gehälter, die in einem Handwerksbetrieb unmöglich sind. Als „Patron“ im Handwerk kann man irgendwann mehr als ein Staatsbeamter verdienen. Das sehen viele aber nicht. Letztendlich geht es ja nicht nur ums Geld. (Beim Staat arbeiteten laut Statec mit rund 84.000 Beschäftigten Ende 2017 fast genauso viele wie laut „Chambre“ im Handwerk mit 85.000 Beschäftigten, Stand 2016. Anm. d. Red.)

Immer wieder kommt in dem Zusammenhang die Kritik, die Schule tue zu wenig. Immer noch?
Die Schulen bemühen sich schon. Wir glauben eher, dass es an Koordination und Information fehlt. Es gibt zahlreiche „kleine“ Initiativen, die vielleicht, wenn sie mit dem nötigen Budget ausgestattet wären und auf nationaler Ebene stattfinden würden, mehr Anklang finden würden.
Es liegt doch schon in der Natur des Menschen: Kinder wollen basteln, Burgen bauen, etwas kreieren. Dieser kreative, handwerkliche Geist sollte unterstützt werden.

Da sind „Léierplazendag“, „Prix d’innovation“ und „LuxSkills“ also nur heiße Tropfen auf den Stein?
Nein, das glaube ich nicht, wir unterstützen und begrüßen solche Initiativen sehr, es sind aber noch nicht genug.

In spätestens drei Jahren müssen sie als Präsident in „Rente“ gehen …
Genau. Aktives Vorstandsmitglied dürfen nur Mitglieder sein, die unter 40 Jahre alt sind. Aber dann geht es ohne mich weiter, da mache ich mir keine Sorgen. Ich verstehe mich sowieso eher als Ideengeber und Initiator sowie Koordinator unserer Arbeitsgruppen.

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Das Handwerk in Zahlen

– Rund 90.000 Beschäftigte;
– rund 7.000 Betriebe;
– sechs Bereiche:
Lebensmittel, Mode, Gesundheit und Hygiene, „Mécanique“, „Construction“ („gros œuvre“ und Gerüstbau), „Technique“ (Sänitar, Elektrik, Installation, Heizung usw.) und „Divers“ (Kommunikation, Multimedia, Kunsthandwerk usw.);
– Betriebsgründungen 2016: 140;
– anstehende Betriebsübergaben 2016: 1.200
– Übernahmen nach Ausbildung in ein Arbeitsverhältnis: 70 % beim „Diplome d’aptitude professionnelle“ (DAP), der Rest geht weiter in Richtung „maîtrise“ oder „Bac technique supérieur“ (BTS).
Quelle: Chambre de métiers

Gerard
15. April 2018 - 15.57

an wann een eppes machen leist vun enger Handwierker Firma,dann get gewurchtelt an nemmen seier an seier,well den nechsten waart schon,ech hun genuch Erfahrungen gemach.