Kopf des Tages: Sergio Mattarella, der unbeugsame Staatschef

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Er steht nicht gerne im Rampenlicht, doch nach dem Scheitern der rechtspopulistischen Regierung in Italien sind derzeit alle Augen auf Staatspräsident Sergio Mattarella gerichtet. Um einen Ausweg aus der politischen Krise zu finden, unterbrach der 78-Jährige seinen Urlaub auf Sardinien und eilte nach Rom. Dort hat er sich am Mittwochnachmittag mit Partei-Vertretern getroffen, um Gespräche über eine neue Mehrheit im Parlament zu führen. Diese wird er am kommenden Dienstag fortsetzen.

Für gewöhnlich erfüllt Mattarella zeremonielle Aufgaben, hält Reden und repräsentiert Italien im Ausland. Doch in Krisenzeiten hat der italienische Staatschef die Zügel in der Hand: Er kann das Parlament auflösen, Wahlen ausrufen und den Ministerpräsidenten ernennen. Mattarella hat viel Erfahrung mit hohen politischen Ämtern. Sein guter Ruf als kompetenter und integrer Politiker ließ ihn schnell in hochrangige Ämter aufsteigen, zunächst in einer Reihe von christdemokratisch geführten Regierungen.

Er gehörte aber auch Regierungen der politischen Linken an, war sowohl Bildungs- als auch Verteidigungsminister. Als Teil des linken Parteiflügels der Christdemokraten hatte sich Mattarella 1990 von der Rechten abgewandt, als er als einer von fünf Ministern wegen eines neuen Mediengesetzes zurücktrat, welches als maßgeschneidert für Medienmogul Silvio Berlusconi kritisiert wurde. Manche junge Italiener wissen wenig über den heutigen Staatspräsidenten, dabei hat er im Jahr 2001 einen wichtigen Beitrag für die Jugend geleistet: Während seiner Zeit im Verteidigungsministerium setzte er sich für die Abschaffung der Wehrpflicht ein. Ihm verdankt Italien auch eine Wahlrechtsreform, die den Namen „Mattarellum“ trägt.

Vor seiner Wahl zum Staatschef 2015 war Mattarella ein angesehener Richter am italienischen Verfassungsgericht. Bis heute wirkt der Staatspräsident, als sei er eher für akademische Debatten als für politische Auseinandersetzungen gemacht. Vielleicht wäre der Rechtsgelehrte tatsächlich an der Hochschule geblieben, hätte das berüchtigte sizilianische Mafiasyndikat Cosa Nostra nicht 1980 seinen älteren Bruder Piersanti Mattarella ermordet. Piersanti hatte sich als Regionalpräsident Siziliens darum bemüht, die unzähligen Verbindungen zwischen seiner Mitte-rechts-Partei und der Schattenwelt des organisierten Verbrechens zu sprengen.

Auf dem Weg zu einem Gottesdienst wurde er erschossen. Sergio Mattarella war einer der Ersten am Tatort und hielt auf dem Weg ins Krankenhaus seinen sterbenden Bruder in den Armen. Den gesamten Nachmittag desselben Tages besuchten Menschen das Haus der Familie, um dem Getöteten Respekt zu zollen. Sergio Mattarella empfing sie im vom Blut seines Bruders befleckten Hemd. Es war sein erster Auftritt in der Öffentlichkeit. „Er steht für das saubere Sizilien, das einen schrecklichen Preis für die Befreiung der Insel von kriminellen Kräften gezahlt hat“, sagte der ehemalige sizilianische Regionalpräsident Rosario Crocetta einmal über ihn.

Jacques Zeyen
23. August 2019 - 15.12

Na dann sollte er dem Faschisten Salvini mal einen Dämpfer verpassen.