Keine gute Woche für die deutsche Linke – unser Berlin-Korrespondent analysiert

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Von unserem Korrespondenten Werner Kolhoff, Berlin

Würde die Linke so kritisch beobachtet wie die AfD, es würde wohl viel öfter über ihre Intrigen, politischen Verirrungen und Fehltritte geschrieben werden. Die letzte Woche war wieder voll davon.

Dass Verschwörungstheorien auch bei den Sozialisten weit verbreitet sind, ist nicht neu. Man muss nur NATO sagen, und schon sprudeln sie hervor. BND und MAD (Militärischer Abschirmdienst) haben ähnliche Wirkung. Jan Korte, Fraktionsgeschäftsführer im Bundestag, ließ sich davon zu der steilen These verführen, der Ausfall von Merkels Regierungsflieger könne etwas mit „Netzwerken von Rechtsterroristen in der Bundeswehr bis in den MAD“ zu tun haben. Wie man das so macht, wenn man keinerlei Beweise hat, schrieb Korte weiter: „Auch wenn der Defekt keine Sabotage gewesen sein sollte: Für die Bundesregierung sollte der Vorfall ein Weckruf sein.“

Mitunter sektiererisch

Woanders würde eine Parteiführung so etwas wohl als sektiererisch rügen, hier lässt man es durchgehen. Das gilt auch in wichtigen außenpolitischen Fragen, wie die Reaktionen auf den Zwischenfall in der Straße von Kertsch zeigen. Zwar sind die Hintergründe nicht vollständig aufgeklärt, doch Heike Hänsel, Fraktionsvize, wusste, dass „alles“ auf einen „innenpolitisch motivierten Willen zur Eskalation“ seitens der Ukraine deute. Weil dessen Präsident Poroschenko als Konsequenz nämlich NATO-Präsenz im Asowschen Meer verlangte hatte.

Klar, dass Hänsel „einseitige“ Sanktionen gegen Russland ablehnte. Dietmar Bartsch, Fraktionsvorsitzender, äußerte sich zurückhaltender. Er wies darauf hin, dass es seit 2003 einen Vertrag gibt, der beiden Seiten einen ungehinderten Zugang zum Asowschen Meer garantieren soll. „Daran müssen sich alle Beteiligten halten.“ Hänsels Erklärung rügte er aber nicht. Lasst alle Blumen blühen, das ist linke Lebensphilosophie. Die übrigens bei der AfD ganz ähnlich gilt und dort Rechtsabweichler schützt.

In den neuen Ländern überall hinter der AfD

Die Linke rangiert derzeit in den Umfragen in ihrem Stammgebiet, den neuen Ländern, überall hinter der AfD. In drei davon wird nächstes Jahr gewählt. Trotzdem leistet sie sich dies: Fünf Stunden Debatte bei einer Klausurtagung am letzten Freitag und keine Einigung beim Streitthema Migration. Dabei ist das im Osten ein Schlüsselthema.

Der Konflikt mit Fraktionschefin Sahra Wagenknecht, die sich gegen „offene Grenzen“ ausgesprochen hatte, wurde mit Wortgirlanden umkränzt. Übrigens, dass ein Parteiführer nebenher zur Unterstützung der eigenen Position noch eine Privat-„Bewegung“ unterhält, wie Sahra Wagenknecht mit ihrer Plattform „Aufstehen“, gibt es in dieser Form auch nur noch bei den Rechtspopulisten. In Gestalt von Björn Höckes Unterstützerkreis „Flügel“.

Links und Rechts einig in Ablehnung

Hinzu kommen haarsträubende Fehler wie am Donnerstag bei der Abstimmung über den UN-Migrationspakt im Bundestag. Entschieden wurde zwar nicht über den Pakt selbst, sondern nur über einen Entschließungsantrag der Großen Koalition. In dem wurde das UN-Papier begrüßt, zugleich aber betont, dass es nicht bindend sei. Dem muss man als Opposition nicht zustimmen, auch wenn man für den Migrationspakt ist.

Grüne und FDP enthielten sich deshalb. Nicht so die Linke. Sie stimmte unter Hinweis darauf, dass sie einen eigenen Antrag mit dem Titel „Internationale Rechte für Migrantinnen und Migranten stärken“ vorgelegt habe, geschlossen mit Nein. So wie sonst nur noch die AfD. Links und Rechts einig in Ablehnung, dieser Eindruck blieb.

Nein, es war wohl keine gute Woche für die deutsche Linke.