Risse in junger Demokratie: Indonesiens Präsident Widodo hat viele Hoffnungen enttäuscht

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In einer Woche wählt Indonesien einen neuen Präsidenten. Die Umfragen favorisieren den amtierenden Joko Widodo. Bei seinem ersten Sieg als „neue Hoffnung“ Indonesiens gefeiert, ist fünf Jahre später jedoch einiges vom Glamour des gefeierten Politstars abgeblättert.

Von unserer Korrespondentin Barbara Barkhausen, Sydney

Wenn die Indonesier am 17. April an die Wahlurnen treten, entscheidet sich das Schicksal der einzigen wirklichen Demokratie Südostasiens. Joko Widodo, der amtierende Präsident, steht erneut seinem alten Widersacher Prabowo Subianto gegenüber. Der Gegensatz der beiden Politiker könnte nicht krasser sein. Subianto, ein früherer General, dem Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden, und Widodo, ein volksnaher Politiker, der sich vom Möbelhändler und Bürgermeister zum Gouverneur von Jakarta und später zum Präsidenten hochgearbeitet hat. Dass Jokowi, wie Joko Widodo in Indonesien genannt wird, es an die Spitze der jungen Demokratie schaffte, wurde weltweit gefeiert. Große Hoffnungen ruhten auf dem Politiker, der zeitweise mit Barack Obama verglichen wurde.

Präsidentschaft mit Exekutionen gestartet

Doch bereits zu Beginn seiner Präsidentschaft überraschte der 57-Jährige mit einer Reihe harscher Entscheidungen. So ließ er acht verurteilte Drogenhändler hinrichten, darunter zwei Australier, die als reformiert galten. Menschenrechte standen auch in den Folgejahren nicht hoch auf Jokowis Agenda: Homosexuelle Menschen, die einheimische Bevölkerung in West-Papua und religiöse Minderheiten litten unter seiner Präsidentschaft genauso wie zuvor. „Präsident Jokowis rhetorische Unterstützung der Menschenrechte hat nicht zu sinnvollen, politischen Initiativen geführt“, kritisiert auch Andreas Harsono, Indonesien-Spezialist von Human Rights Watch.

Obwohl Jokowi für den moderaten Islam steht, hat die Radikalisierung auch vor Indonesien nicht haltgemacht. In der jüngeren Vergangenheit sprengten sich ganze Familien und radikalisierte Frauen in die Luft, um Christen mit in den Tod zu reißen. Sie gehörten meist der Terrororganisation Jemaat Ansharud Daulah an, die auch schon Anschläge in der indonesischen Hauptstadt Jakarta verübt hat.

„Repression und Umarmung“

Wie aufgeheizt die Stimmung zwischen den Religionen ist, wurde vor zwei Jahren deutlich, als Jakarta einen neuen Gouverneur wählte. Basuki Thahaja Purnama, genannt Ahok, damals der amtierende Gouverneur und ein Christ mit chinesischen Wurzeln, sah sich mit schweren Vorwürfen konfrontiert. Er sollte den Koran beleidigt haben. Dadurch verlor er nicht nur die Wahl, sondern musste wegen Blasphemie sogar zwei Jahre ins Gefängnis.
Ahok-Anhänger wie Islamisten gleichermaßen gingen auf die Straße und demonstrierten für ihre Überzeugungen. „Das politische Klima hat sich seit der letzten Wahl stark verändert“, bestätigt Marcus Mietzner, ein deutscher Indonesienexperte an der Australian National University in Canberra. Islamisten, die von Jokowis Vorgänger Susilo Bambang Yudhoyono protegiert würden, hätten sich mit Jokowis Rivalen Prabowo Subianto verbündet, dem Schwiegersohn des einstigen Diktators Suharto.

„Jokowi hat auf diese Oppositionsbewegung mit zwei Mitteln reagiert: Repression und Umarmung“, erklärt Mietzner. „Er hat einige Islamisten strafrechtlich verfolgen lassen und ihren Anführer ins Exil getrieben, aber andere hat er in seine Regierung eingebaut.“ So war sein jetziger Vizepräsidentschaftskandidat Maruf Amin 2016/17 einer der Anführer der islamistischen Bewegung. In Mietzners Augen ist Indonesien seit 2014 nach rechts gerückt: „Jokowi hat den Wandel für sich ausgenutzt, anstatt ihn zu bekämpfen.“ So habe er die Polizei, die Armee, Governeure, Distriktoberhäupter und andere Staatsträger in einer Weise für seine Kampagne eingespannt, wie das keiner seiner Vorgänger seit 1998 getan habe. All dies habe „die demokratische Qualität Indonesiens reduziert“, meint der Experte.

Trotzdem stehen Jokowis Chancen, die Wahl am 17. April zu gewinnen, gut. Die Wirtschaft ist stabil, die Inflation niedrig und Investitionen in Bildung und Gesundheit sowie große Infrastrukturprojekte – neue Flughäfen, Straßen, Brücken und Schulen – kommen beim Volk gut an. Weltweite Schlagzeilen machte auch das von Jokowi angeschobene Projekt, den schmutzigsten Fluss der Welt, den Citarum in West-Java, innerhalb von sieben Jahren wieder sauber zu machen.