Erhoffte Milliardeninvestition – Mehrere Balkan-Staaten rechnen sich Chancen auf VW-Werk aus

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Die VW-Pläne für ein neues Mehrmarkenwerk in Südosteuropa verstören den Betriebsrat – und elektrisieren die potenziellen Standortstaaten. Zwischen Donau und Bosporus mehrt sich die Hoffnung auf den deutschen Großinvestor. Gleich mehrere Balkanstaaten fühlen sich berufen, doch noch ist die Entscheidung über die Milliardeninvestition nicht gefallen.

Von unserem Korrespondenten Thomas Roser, Belgrad/Sofia

Aufgeregt vermeldet die serbische Novosti bereits Vollzug. „Serbien steht vor einem wirtschaftlichen Erdbeben!“, kündigte die regierungsnahe Staatsgazette am Wochenende freudig ihren Lesern an. Mit „Folksvagen“ habe der größte Automobilhersteller der Welt sich trotz harter Konkurrenz zur Ansiedlung seines Großwerks in Serbien entschieden: Die „Performance der serbischen Wirtschaft“, aber auch die freundschaftlichen Beziehungen der heimischen Staatsführung zu „den Kollegen aus Deutschland“ seien das „Zünglein an der Waage zu unserem Nutzen“ gewesen.

Die VW-Pläne für ein neues Mehrmarkenwerk in Südosteuropa verstören den Betriebsrat des Autogiganten – und elektrisieren nicht nur die Presse der potenziellen Standortstaaten. Mit den EU-Mitgliedern Bulgarien und Rumänien sowie den EU-Anwärtern Nordmazedonien, Serbien und der Türkei fühlen sich mehrere Staaten der Region als Standort für das neue VW-Werk berufen. Doch mit einer Entscheidung ist wohl erst im Mai zu rechnen.

300.000 Fahrzeuge pro Jahr

Auf 1,4 Milliarden Euro wird die Höhe der geplanten VW-Investition taxiert. Während die VW-Werke in Emden und Hannover sich künftig auf die Produktion von Elektrofahrzeugen konzentrieren könnten, soll in dem neuen Werk im Südosten ab 2023 mit einer Kapazität von 300.000 Fahrzeugen im Jahr markenübergreifend VW-, Skoda- und Seat-Modelle gefertigt werden. Rund 5.000 Mitarbeiter soll das neue Werk direkt beschäftigen. Tausende weiterer neuer Arbeitsplätze dürften bei Zuliefer- und Dienstleistungsunternehmen entstehen.

Neben der Verkehrsanbindung und logistischen Anforderungen an ein mögliches Werksgelände gelten die Verfügbarkeit qualifizierter Arbeitskräfte und die Höhe der staatlichen Anreize als wichtigste Faktoren einer Standortentscheidung. Auffällig genug scheint Branchenliebling Ungarn bei den VW-Planungen keine Rolle zu spielen: Nicht nur kräftig steigende Löhne, sondern auch der zunehmende Mangel an Arbeitskräften im Donaustaat lassen die Wolfsburger lieber tiefer nach Südosten schielen.

Bulgarien ist leicht favorisiert

Auf einen relativ starken Automobilsektor können die Türkei (Ford, Hyundai, Honda), Rumänien (Ford, Dacia) und mit Abstrichen Serbien (Fiat) bei der VW-Hatz ins Feld führen. Gegen die Türkei sprechen die Spannungen zwischen der EU und Ankara. Rumänien wiederum machen fehlende Autobahnen, ein etwas höheres Lohnniveau und in manchen Regionen auch der angespannte Arbeitsmarkt zu schaffen. In Boomregionen wie Timisoara (Temesvar) oder Cluj (Klausenburg) dürfte das Personal für einen Großinvestor wie VW nur noch mit Mühe zu finden sei. Strukturschwache Regionen wie das ostrumänische Iasi verfügen zwar über das benötigte Arbeitskräftepotenzial, aber sind schlecht angebunden.

Das leicht favorisierte Bulgarien verfügt mit dem am Sofioter Flughafen gelegenen Gelände des seit 2008 stillgelegten Stahlwerks Kremikowtzi über einen nahezu perfekten Standort für das neue VW-Werk, um das aber auch die Boomstadt Plowdiw buhlt. Als EU-Mitglied kann Sofia zudem mit relativ stabilen Verhältnissen sowie den engen Handelsbanden zu Deutschland wuchern. Serbien und Außenseiter Nordmazedonien könnten – außer mit noch niedrigeren Lohnkosten – auch mit stärkeren Finanzanreizen locken: Als EU-Anwärter unterliegen sie noch nicht im vollem Umfang den strengen Auflagen für Staatsbeihilfen.

Der Lehrer
7. März 2019 - 20.04

Es ist reine Medienmache. Bulgarien und Serbien verfügen nicht die Fachkräfte und lösen Rumänien als verlängerte Werkbank ab. . Rumänien wird sich meiner Ansicht in den nächsten 10 Jahren zu einem Maschinenbaugiganten a la Italien entwickeln. Deshalb denke ich wird Volkswagen dieses Werk überdenken und weil der Automarkt gesättigt ist wird Volkswagen seine Produktion verringern

Nairam
6. März 2019 - 11.14

Anlässlich der hier in Rumänien Anfang des Jahres eingeführten Abzocksteuer für Unternehmen müsste VW blöd sein, hier ein neues Autowerk zu bauen. Außerdem ist die mit lauter Walachinnen und Walachen besetzte, postkommunistische Regierung nicht in der Lage, vor langer Zeit begonnene Autobahnarbeiten zu beenden. 15 km wurden 2018 neueröffnet, Hochachtung! Selbst die unter anderem in Rumänien produzierende Firma DACIA hat schon damit gedroht, ihre Produktion teilweise ins Ausland zu verlagern, wenn nicht endlich was mit den Autobahnen passiert.