Frankreich vor Wahlen mit Symbolkraft

Frankreich vor Wahlen mit Symbolkraft
(AFP/Guillaume Souvant)

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Bei der zweiten Runde der Départementswahlen in Frankreich am Sonntag geht es nicht nur um Mandate, sondern um Vertrauen, Zukunftsfäihgkeit und womöglich einen Rechtsruck. Ein Überblick.

Die landesweiten Départementswahlen in Frankreich, deren zweite und entscheidende Runde am Sonntag abgehalten wird, haben vor allem eine große symbolische Bedeutung. Den regierenden Sozialisten von Staatschef François Hollande droht eine schwere Schlappe, dem konservativ-bürgerlichen Lager um Ex-Staatschef Nicolas Sarkozy steht ein Triumph bevor, die rechtsextreme Front National (FN) könnte erstmals ein Département gewinnen. Das Wichtigste zu den Wahlen im Überblick:

Was wird am Sonntag genau gewählt?

Rund 42 Millionen Franzosen sind am Sonntag zu den Urnen gerufen. Sie wählen die Départementräte, also die politischen Beschlussorgane dieser französischen Gebietskörperschaften. Vergleichbar ist das in etwa mit den Kreistagen in Deutschland. Frankreich hat 101 Départements. Die Bewohner der Hauptstadt Paris können am Sonntag nicht wählen, denn hier ist der Stadtrat gleichzeitig Départementrat. Ähnliches gilt für den Großraum Lyon. Auch in zwei Übersee-Départements wird nicht gewählt.

Insgesamt schicken die Franzosen 4108 Vertreter in die Départementräte, die bislang Generalräte hießen. Jedes Département besteht aus mehreren als Kanton bezeichneten Wahlkreisen, von denen es insgesamt 2054 gibt. Erstmals mussten die Parteien in jedem der Kantone ein Kandidatenpaar aufstellen, das aus einem Kandidaten und einer Kandidatin besteht – es gilt die strikte Parität. Gewählt werden die Kandidaten für sechs Jahre.

Wie läuft die Wahl ab?

Beim ersten Wahlgang am Sonntag vor einer Woche brauchte ein Kandidatenpaar für einen Sieg mindestens 50 Prozent der abgegebenen Stimmen und zugleich die Stimmen von mindestens 25 Prozent der im Kanton eingeschriebenen Wähler. Einen Sieg in der ersten Wahlrunde gab es nur in rund 150 Kantonen.

Im zweiten Wahlgang, bei dem eine einfache Mehrheit für einen Sieg ausreicht, treten nun in 1614 Kantonen jeweils zwei Kandidatenpaare gegeneinander an. In 278 Kantonen gibt es eine Dreier-Konstellation.

Welche Aufgaben haben die Départementräte?

Eine Zeit lang schien das Schicksal der Départementräte besiegelt, sie sollten im Zuge einer großen Gebietsreform abgeschafft werden. Inzwischen hat die französische Regierung davon aber Abstand genommen. Derzeit sind die Départements unter anderem für soziale Leistungen zuständig, etwa die soziale Mindestsicherung RSA, Zahlungen an Behinderte und die soziale Hilfe für Kinder. Sie sind auch für Bau und Unterhalt von Mittelschulen und Landstraßen zuständig, sind bei der Wirtschafts- und Tourismusförderung aktiv und beim Ausbau von Internetleitungen.

Die genaue künftige Aufgabenverteilung zwischen den Gebietskörperschaften soll in einem Gesetz zur Territorialreform verankert werden. Dieses wird aber voraussichtlich erst im Sommer endgültig verabschiedet.

Welche Aussichten haben die Parteien?

Im ersten Wahlgang am vergangenen Sonntag war das konservativ-bürgerliche Lager mit knapp 29 Prozent der Stimmen an der Spitze gelandet. Sarkozys konservative UMP hat sich für die Wahlen mit der Zentrumspartei UDI verbündet. Auf den zweiten Platz kam die Front National von Marine Le Pen mit 25 Prozent. Hollandes Sozialisten erreichten mit etwas über 21 Prozent nur den dritten Platz.

Bei der zweiten Wahlrunde wird sich nun entscheiden, welches politische Lager tatsächliche die Mehrheit im Département erobern kann. Bislang hatte das linke Lager in 61 Départements eine Mehrheit. Es dürfte aber dutzende Départements verlieren und am Ende in nur noch zwischen 20 und 40 eine Mehrheit haben. Die FN könnte erstmals ein Département erobern.

Wie geht es nach den Départementwahlen weiter?

Beobachter erwarten, dass Hollande nach den Wahlen eine Regierungsumbildung vornehmen wird. Unklar ist, wie groß diese ausfallen könnte. Der Sozialist dürfte aber versuchen, seine parlamentarische Mehrheit zu festigen – und dazu Politiker vom linken Flügel der eigenen Partei oder von den Grünen in Minister- und Staatssekretärsposten berufen.

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