Die neue Juncker-Kommission

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Nach dem Rückzug der Slowenin Alenka Bratusek sieht die neue EU-Kommission vom Luxemburger Jean-Claude Juncker etwas anders aus als zunächst geplant. Ein Überblick.

Am Mittwoch soll das Plenum des Europaparlaments über die Einsetzung des neuen Kollegiums abstimmen. Die Zustimmung des Parlaments ist notwendig, damit der künftige Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und seine 27 Kommissare wie geplant Anfang November ihr Amt antreten können. Das Europaparlament kann aber nur die gesamte Kommission ablehnen oder akzeptieren. Notwendig ist die einfache Mehrheit – also die Mehrheit der anwesenden Abgeordneten. Zwar gibt es in fast allen Fraktionen Widerstand gegen einzelne Kandidaten – etwa gegen den französischen Sozialisten Pierre Moscovici, der die Haushaltsdisziplin überwachen soll, obwohl er sich als Finanzminister Frankreichs selbst über die Defizitregeln hinweggesetzt hatte.

Massive Kritik wurde auch an der Nominierung des britischen Konservativen Jonathan Hill laut, der den Finanzsektor überwachen soll. Vor allem linke Abgeordnete werfen Hill vor, er sei selbst als Banken-Lobbyist tätig gewesen. Einige kleinere Fraktionen wollen daher geschlossen oder mehrheitlich gegen die neue Kommission stimmen – etwa die Grünen, die Fraktion der Vereinigten Linken und die britischen Eurogegner.

„Nein“, sehr unwahrscheinlich

Ein Nein des Plenums gilt dennoch als sehr unwahrscheinlich, nicht zuletzt dank einer Absprache der beiden größten Gruppen: Die Fraktion der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) und der Sozialdemokraten, die zusammen 411 der 751 Mandate stellen, unterstützten gegenseitig ihre umstrittenen Kandidaten und haben bereits ihre Zustimmung zur Juncker-Mannschaft signalisiert. „Selbst wenn es einige Abweichler gibt, dürfte dies die Mehrheit für die neue Kommission nicht gefährden“, hieß es in der EVP-Fraktion.

Der Nominierung des früheren Luxemburger Regierungschefs Juncker zum neuen Kommissionspräsidenten hatte das Parlament bereits im Juli zugestimmt. Es trug damit dem Ergebnis der Europawahl vom Mai Rechnung, bei der die konservative Europäische Volkspartei (EVP), deren Spitzenkandidat Juncker war, am besten abgeschnitten hatte.

Am 1. November soll die von Präsident Jean-Claude Juncker geführte Kommission antreten. Ein Überblick:

Belgien: Marianne Thyssen (58), Christdemokratin, belgische Europaabgeordnete. Sie wird Kommissarin für Beschäftigung, soziale Angelegenheiten, Qualifikationen und Mobilität der Arbeitnehmer.

Bulgarien: Kristalina Georgiewa (61), Konservative, bisherige EU-Kommissarin für humanitäre Hilfe und Krisenschutz. Sie wird Vizepräsidentin der EU-Kommission für Haushalt und Personal.

Dänemark: Margrethe Vestager (46), Sozialliberale, frühere dänische Ministerin für Wirtschaft und Inneres. Sie wird Wettbewerbskommissarin.

Deutschland: Günther Oettinger (61), Christdemokrat, bisheriger EU-Energiekommissar und früherer baden-württembergischer Ministerpräsident (CDU). Er wird Kommissar für digitale Wirtschaft und Gesellschaft.

Estland: Andrus Ansip (58), Liberaler, früherer estnischer Ministerpräsident. Als Vizepräsident der EU-Kommission soll er sich um den digitalen Binnenmarkt kümmern.

Finnland: Jyrki Katainen (43), Konservativer, zuletzt übergangsweise Wirtschafts- und Währungskommissar, früher finnischer Ministerpräsident. Als Vizepräsident der EU-Kommission zuständig für Arbeitsplätze, Wachstum, Investitionen und Wettbewerbsfähigkeit.

Frankreich: Pierre Moscovici (57), Sozialist, früherer französischer Finanzminister. Er übernimmt als Kommissar die Bereiche Wirtschaft und Finanzen, Steuern und Zoll.

Griechenland: Dimitris Avramopoulos (61), Konservativer, griechischer Verteidigungsminister. In Junckers Kommission für Migration, Inneres und Staatsbürgerschaft vorgesehen.

Großbritannien: Jonathan Hill, Lord Hill of Oareford (54), Konservativer, früherer Fraktionschef der Tories im britischen Oberhaus. Er wird Kommissar für Finanzstabilität, Finanzdienstleistungen und Kapitalmarktunion.

Irland: Phil Hogan (54), Konservativer, ehemaliger irischer Umweltminister. Er kümmert sich um Landwirtschaft und ländliche Entwicklung.

Italien: Federica Mogherini (41), Sozialdemokratin, italienische Außenministerin. Sie wird EU-Außenbeauftragte und führt damit die Treffen der EU-Außenminister.

Kroatien: Neven Mimica (61), Sozialdemokrat, bisher EU-Verbraucherschutzkommissar. Er wechselt ins Ressort internationale Zusammenarbeit und Entwicklung.

Lettland: Valdis Dombrovskis (43), Konservativer, früherer lettischer Ministerpräsident. Als Vizepräsident der Kommission soll er sich um den Euro und den sozialen Dialog kümmern.

Litauen: Vytenis Andriukaitis (63), Sozialdemokrat, ehemaliger litauischer Gesundheitsminister. Er wird Kommissar für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit.

Luxemburg: Jean-Claude Juncker (59), Christsozialer, ehemaliger luxemburgischer Ministerpräsident. Juncker ist der künftige EU-Kommissionspräsident. Er wurde bereits im Juli vom Parlament bestätigt.

Malta: Karmenu Vella (64), Sozialdemokrat, früherer maltesischer Tourismusminister. In seine Zuständigkeit fallen Umweltschutz, Meerespolitik und Fischerei.

Niederlande: Frans Timmermans (53), Sozialdemokrat, niederländischer Außenminister. Er wird als „Erster Vizepräsident“ die rechte Hand von Juncker. Sein Ressort: bessere Rechtssetzung, interinstitutionelle Beziehungen, Rechtsstaatlichkeit und die EU-Grundrechtecharta.

Österreich: Johannes Hahn (56), Christdemokrat, bisheriger EU-Kommissar für Regionalpolitik. Kümmert sich künftig um europäische Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsverhandlungen.

Polen: Elzbieta Bienkowska (50), Liberalkonservative, polnische Infrastrukturministerin. In Brüssel wird sie für Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum, Raumfahrt sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) zuständig sein.

Portugal: Carlos Moedas (44), Sozialdemokrat, Staatssekretär beim portugiesischen Ministerpräsidenten. Juncker gibt ihm das Ressort Forschung, Wissenschaft und Innovation.

Rumänien: Corina Cretu (47), Sozialdemokratin, rumänische EU-Abgeordnete. Die Rumänin wird Kommissarin für Regionalpolitik.

Schweden: Cecilia Malmström (46), Liberale, bisherige EU-Innenkommissarin. Sie wird Handelskommissarin.

Slowakei: Maros Sefcovic (48), Sozialdemokrat, bisheriger EU-Verwaltungskommissar. Er wird Vizepräsident der EU-Kommission für die Energieunion.

Slowenien: Violeta Bulc (50), slowenische Entwicklungsministerin, gehört in ihrem Land zur politischen Mitte. Sie ersetzt die Sozialliberale Bratusek, die sich nach Widerstand aus dem EU-Parlament zurückgezogen hatte. Bulc soll das Transportressort übernehmen.

Spanien: Miguel Arias Cañete (64), Konservativer, spanischer Ex-Minister für Landwirtschaft, Ernährung und Umwelt. In der Juncker-Kommission übernimmt er Klimapolitik und Energie.

Tschechien: Vera Jourova (50), Liberale, tschechische Ministerin für Regionalentwicklung. Sie wird Justiz-, Verbraucherschutz- und Gleichstellungskommissarin.

Ungarn: Tibor Navracsics (48), Mitglied der rechtskonservativen Fidesz-Partei, ungarischer Außenminister. In der EU-Kommission übernimmt er das Ressort Bildung, Kultur und Jugend.

Zypern: Christos Stylianides (56), Christdemokrat, zyprischer Abgeordneter im Europaparlament. Sein Ressort: humanitäre Hilfe und Krisenmanagement.