Ein Hauch von Utopie

Ein Hauch von Utopie

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In der Gantebeensmillen stieg das Kontrastprogramm zum Nationalfeiertag. Wer hier luxemburgische Fähnchen suchte, war am falschen Ort gelandet.

Erst kurz vor Beginn der Party war die „Millen“ als Veranstaltungsort für das Fest enthüllt worden – ein Anwesen mit einem verlassenen Restaurant, zwei leeren Swimmingpools und einem weitläufigen verwahrlosten Garten am Ende der rue Anatole France im ansonsten idyllischen Alzettetal. Auf dem Weg dorthin weicht die urbanisierte Umgebung von Bonneweg zunächst gepflegten Schrebergärten, ehe man schließlich einen Wald erreicht.

Dort windet die bis zu diesem Punkt noch schnurgerade Straße in Serpentinen ins Tal hinab und führt direkt auf die Gantenbeinsmühle zu.

Mehr als zwei Wochen hatten die Veranstalter „Jonk Lénk“ damit verbracht, das Gelände für das „Antinationale Fest“ vorzubereiten. Schrott und Schutt im Erdgeschoss des ehemaligen Restaurant-Hotels wurden weggeräumt, Lichterketten im überwucherten Garten angebracht und Wände mit antifaschistischen Parolen sowie Postern verziert. Strom gab es im Gebäude auch keinen, weswegen extra noch ein großer Generator und ein paar kleinere angekarrt worden waren.

Musik, Expo und Reflexion

Das fertige Ergebnis konnte sich definitiv sehen lassen: Durch die „Gantebeensmillen“ wehte ein Hauch von Utopie – was umso irrealer erschien, wenn man sich vor Augen führte, dass nur wenige Autominuten entfernt die glatten Glaswände des Finanzplatzes Luxemburgs in die Höhe ragen. Zu diesem Eindruck trugen nicht nur das gratis verteilte (vegane) Essen und die kreative Aneignung des zur Verfügung stehenden Raums mit Ausstellungen, Graffiti und Gedichten an den Wänden bei.

Auch die von den Veranstaltern geäußerte Kritik an der gebündelten Zelebration von Nation, Kapital und Monarchie am luxemburgischen Nationalfeiertag war letztlich an die Forderung nach einer neuen, gerechteren und von Ausgrenzungs-Mechanismen befreiten Welt geknüpft, in die der Abend einen kleinen Einblick gewähren sollte.

Sozialistische und antifaschistische Texte

Auf musikalischer Ebene wurde dieser subversive Aspekt des Fests noch einmal zusätzlich unterstrichen. Die luxemburgische Band „Hallimasch“ teilte Bier mit dem Publikum und brachte in ihrem rhythmisch nicht immer ganz einwandfrei gespielten, aber dafür zum Mitgrölen anregenden, klassischen Punk immer wieder die eine oder andere sozialkritische Botschaft unter.

Die Franzosen von „Cunted Kunts“ nutzten den ganzen Saal für Showeinlagen und brachten ihn mit ansteckendem Pop-Punk-Vibe zum Tanzen. Und die Frontfrau der schwedischen Straight Edge-Hardcore-Band „Waste“ schrie während 15 sehr intensiven Minuten zu massiven Breakdowns und rasenden D-Beats den Zuhörern Songtexte über Sozialismus und Antifaschismus entgegen.

Nach den Bands legten dann noch DJs auf und erweckten das Areal der Gantenbeinsmühle mit flirrenden Lichtern und pumpenden Beats bis ins Morgengrauen hinein zu neuem Leben.