Warnstreik wurde massiv befolgt

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LUXEMBURG - Ab 6 Uhr am Mittwochmorgen wurden die Stahlstandorte Luxemburgs bestreikt. Bis zu 4.000 Personen beteiligten sich an den verschiedenen Kundgebungen.

Europaweit wurde am Mittwoch gegen die Stilllegungspoltik des Stahlkonzerns ArcelorMittal demonstriert. In Luxemburg hatten OGBL und LCGB zu einem 24-stündigen Warnstreik aufgerufen, der am Mittwoch um 6 Uhr begann. Seit mehreren Wochen schon wurde die Produktion in Schifflingen und Rodange zurückgefahren. Die Arbeitsniederlegung werde quasi zu hundert Prozent befolgt, hieß es am Mittwochmorgen von Gewerkschaftern.

An den vier großen Kundgebungen vor den Stahlstandorten in Esch/Belval, Schifflingen, Rodange und Differdingen und an den Solidaritätsaktionen in Düdelingen, Bettemburg und Bissen beteiligten sich laut Gewerkschaftsangaben bis zu 4.000 Personen. Er sei nicht unzufrieden mit der Beteiligung, sagte OGBL-Zentralsekretär Jean-Claude Bernardini Tageblatt.lu in einer ersten Bilanz. Am Streik nahmen 95 Prozent des Personals teil. Die Produktion wird erst am Donnerstagmorgen hochgefahren.

Die vorläufige Stilllegung der Produktionsanlagen in Schifflingen und Rodange soll laut Unternehmensführung bis März 2012 dauern. Sie begründet die Entscheidung mit einem massiven Rückhang der Nachfrage. Die Gewerkschaften befürchten eine definitive Stilllegung. Betroffen wären mehrere hundert Beschäftigte.

Kundgebungen

Die erste und zugleich bestbesuchte Kundgebung hatte am Mittwochmorgen in Raemmerich vor dem Werk Esch/Belval stattgefunden. Kurz nach 8 Uhr hatten sich über 1.000 Demonstranten, vor allem Beschäftigte des Stahlkonzern, hier versammelt. Ihnen angeschlossen hatten sich auch etliche Gemeindebedienstete der Stadt Esch. Vor Ort waren auch die Bürgermeisterin der Stadt Esch, Lydia Mutsch, und der Bürgermeister von Sanem, Georges Engel.

Mehrere hundert Demonstranten hatten sich dann kurze Zeit später um zehn Uhr vor dem Werkstor in Schifflingen eingefunden. Mit dabei die Bürgermeister Roland Schreiner (Schifflingen), Alex Bodry (Düdelingen) und Dan Kersch (Monnerich). Ihre Solidarität mit den Stahlarbeitern sollten wenig später auch die Bürgermeister von Differdingen Claude Meisch und Petingen Pierre Melina demonstrieren.

Aktionen wurden in acht europäischen Ländern organisiert, in denen ArcelorMittal Werke betreibt. In quasi allen Ländern kämpfen die Beschäftigten gegen Produktionsstopp und Stilllegungen von Anlagen. Die Europäische Metallarbeiter-Föderation, welche die europaweite Aktion organsiert, fordert vom Stahlkonzern Investitionen in Europa. In den meisten Ländern beschränkten sich die Aktionen auf Kundgebungen oder Informationsversammlungen während der Arbeit, sodass die Produktion dennoch beeinträchtigt wurde.

Desaströse Politik

OGBL-Sprecher Jean-Claude Bernardini kritisierte am Mittwoch vor den Demonstranten die desaströse Politik des Konzern. Sie sei auf größten Profit in kürzester Zeit aus, um die Aktionäre zu entlohnen. Verhandlungen mit der aktuellen ArcelorMittal-Führung gestalteten sich äußerst schwierig. Den Sozialdialog verstünde der Konzern nur als Anlass, die eigene Position darzulegen. Die Meinung der Gegenseite werde kaum wahrgenommen.

Für Luxemburg erwarten sich die Gewerkschaften einen konkreten strategischen Plan für die Stahlindustrie. Der soll alle Standorte und Arbeitsstellen garantieren. Der Plan sollte bis Ende des ersten Trimesters stehen, so Bernardini.

Schifflingen und Rodange überlebensfähig

An die Regierung geht der Appell,sich auf Seiten der Belegschaft zu schlagen und ArcelorMittal an ihre Versprechen von 2006 anlässlich der Fusion von Arcelor und MittalSteel zu erinnen. Den Gewerkschaften zufolge seien Schifflingen und Rodange durchaus überlebensfähig. Das wollen sie anhand eines Audits beweisen.

Für den Erhalt der Standorte sprach sich am Mittwochmorgen auch die Escher Bürgermeister Lydie Mutsch aus. Sie warf dem Konzern mangelnden Respekt vor den Menschen in den Werken und im Land vor. Zuerst habe man 100 Jahre Stahl groß gefeiert, dann sei die Stilllegung in Rodange und Schifflingen angekündigt worden, so Mutsch. Ohne die Stahlindustrie in Luxemburg wäre ArcelorMittal niemals zum weltgrößten Stahlunternehmen geworden, betonte Mutsch. Schifflings Bürgermeister Roland Schreinber erinnerte seinerseits an die Bedeutung der Stahlindustrie für die Südgemeinden. Man werde eine Schließung der Industrie nicht einfach so hinnehmen.

Am 14. Dezember findet eine weitere Stahltripartite statt. Auf der Tagesordnung sollten die Schlussfolgerungen von Arbeitsgruppen diskutiert werden, die bei der ersten Dreierkonferenz im Oktober beschlossen worden waren. Sie sollten sich mit der weiteren Zukunft der Cellule de reclassement (CDR) und einem Industrieplan für die Luxemburger Stahlindustrie befassen. Sollten die Standorte in Schifflingen und Rodange weiter geschlossen bleiben, könnte die Zahl der Beschäftigten in der CDR auf bis zu tausend Mann anschwellen. Die CDR ist eine betriebsinterne Interimsagentur von ArcelorMittal. Sie nimmt überschüssiges Peronal auf, das in anderen Werken zu Wartungsarbeiten entsandt wird. Personen können auch zeitweilig an externe Betriebe vermittelt werden. Die CDR wird teilweise vom staatlichen Beschäftigungsfonds finanziert.