Der Baukasten für einen EU-Wachstumspakt

Der Baukasten für einen EU-Wachstumspakt
(Tageblatt/Isabella Finzi)

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Mit der Stichwahl in Frankreich hat die Debatte um einen Wachstumspakt in der EU an Fahrt gewonnen. Bereits jetzt ist geplant, dass das Thema den EU-Gipfel Ende Juni bestimmen soll.

François Hollande hatte die Debatte angestoßen, als er ankündigte, den Fiskalpakt neu zu verhandeln. Er setze auf Wachstum und nicht auf Sparen, hieß es im Wahlkampf. Hier eine Übersicht der Instrumente im Baukasten für einen EU-Wachstumspakt:

Projektbonds

Die Projektbonds sind umstritten – aber vor allem, weil jeder etwa anderes darunter versteht. Die CSU etwa lehnt sie ab, weil sie neue schuldenfinanzierte Investitionen fürchtet. Allerdings hat die Bundesregierung bereits 2011 signalisiert, dass sie bestimmte Formen der Projektbonds sehr wohl mittragen würde. Deshalb hatte die EU-Kommission bereits im Herbst vorgeschlagen, sogenannte Projektanleihen über die Europäische Investitionsbank (EIB) mit Bürgschaften abzusichern. Dies soll in einem Pilotprojekt getestet werden. Mit dem EU-Parlament finden Gespräche über einen Gesetzesvorschlag statt.

Der Clou: Der Investor könnte sich dadurch billiger finanzieren. Die Bundesregierung könnte mitmachen, weil die Risiken im EU-Haushalt abgebildet werden – also keine zusätzlichen öffentlichen Kredite aufgenommnen werden. Auch das Hollande-Team denke in diese Richtung und unterscheide klar zwischen „Projektbonds“ und „Euro-Bonds“, heißt es.

Europäische Investitionsbank

Allerdings werden auch hier zwei Punkte diskutiert. Zum einen geht es um die erweiterte Rolle der EIB etwa bei den erwähnten Projektbonds. Zum anderen wird eine Aufstockung des EIB-Kapitals um zehn Milliarden Euro diskutiert.

Better Spending

Unter dem Stichwort „better spending“ laufen in Brüssel und zwischen den Hauptstädten Diskussionen über einen zielgerichteteren Einsatz der EU-Struktur- und Kohäsionsfonds. Alle sind sich einig, dass die milliardenschweren Fonds stärker auf Wachstum ausgerichtet werden sollen und das Geld schneller abfließen soll. Aber der Teufel steckt im Detail. Denn die EU-Nettozahler wollen als Gegenleistung etwa für einen Verzicht auf eine nationale Kofinanzierung eine kontinuierliche Prüfung durch die EU-Kommission. Damit soll verhindert werden, dass in den EU-Staaten die Regionalregierungen weiter EU-Förderung in fragwürdige Projekte stecken, die wenig mit Wachstumsförderung zu tun haben. Deshalb fürchten die Empfängerländer jetzt, dass sie am Ende nicht schneller, sondern weniger Geld erhalten.

Streitpunkt Strukturreformen

Die Bundesregierung dringt darauf, dass die Regelungen des sogenannten Euro-Plus-Paktes noch verbindlicher gemacht werden. Danach müssen die Länder einmal jährlich ihre geplanten Reformen nach Brüssel melden, wo Ankündigungen und Umsetzung überprüft werden. Echte Differenzen zwischen Paris und Brüssel sowie Berlin könnten auftreten, wenn Hollande wirklich das Renteneintrittsalters in Frankreich wieder senken sollte. Die EU-Kommission, so heißt es in diplomatischen Kreisen, halte sich schon jetzt nur mit Rücksicht auf die Präsidentschaftswahlen mit Kritik zurück. Denn anders als etwa Italien oder Spanien habe Frankreich mit nötigen Strukturreformen noch gar nicht begonnen.

Eurobonds und Konjunkturprogramme

Differenzen gerade zwischen Frankreich und Deutschland gibt es aber auch über andere Punkte der Agenda. So fordert Hollande etwa weiter Eurobonds, also eine gemeinsame Ausgabe von Staatsanleihen der Euro-Länder, um die Kreditzinsen zu senken und von der guten deutschen Bonität zu profitieren. Die Bundesregierung ist weiterhin dagegen. Ebenfalls abgelehnt werden in Berlin – egal mit welchem französischen Präsidenten – neue, schuldenfinanzierte Konjunkturprogramme.

(Andreas Rinke/Reuters/Tageblatt.lu)