Das etwas andere Gespräch mit der Großherzogin

Das etwas andere Gespräch mit der Großherzogin
(Jean-Claude Ernst)

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Großherzogin Maria Teresa kennt sich mit den Krisengebieten dieser Welt aus. Wir haben uns mit ihr über ein brisantes Thema unterhalten: Frauen und der Dschihad.

Die meisten Beobachter denken beim Thema Dschihad und Frauen zunächst an Unterdrückung und „Foreign Fighters“. Allerdings gibt es nicht nur mutige Männer, sondern auch Frauen, die sich in krisengebeutelten Ländern gegen den Dschihadismus auflehnen. Frauen, die sich mit aller Vehemenz gegen ihre Unterdrücker wehren. Genau diese Beispiele „des Lichts“ spricht die Großherzogin als Erstes an, unterhält man sich mit ihr über Frauen und den Dschihad. Vor allem der individuelle Mut vieler Frauen beeindruckt sie.

Die Großherzogin nennt exemplarisch die Schicksale einer Tunesierin und von zwei Irakerinnen. Beide Frauen, vor ihren Taten unbekannt und auf sich alleine gestellt, lehnten sich gegen Glaubenskrieger auf.

„Wahre Heldentat“

„Alleine die Tatsache, dass einzelne Frauen sich ohne Hilfe gegen dschihadistische Unterdrückung wehren, ist bereits eine wahre Heldentat an sich“, hebt die Großherzogin im Gespräch mit dem Tageblatt hervor.

Ein Beispiel hierfür sei die Zivilcourage der Tunesierin Khaoula Rashidi. Als am 7. März 2012 ein Dschihadist an der tunesischen Universität von Manouba die Nationalflagge einholte, um sie durch das schwarze Banner des Islamischen Staats (IS) zu ersetzen, versuchte die Studentin Khaoula Rashidi, dies zu verhindern. „Es ist bewundernswert, wie mutig diese Studentin war“, lobt die Großherzogin die Tunesierin.

Der Flaggenzwischenfall

Rashidi wurde für den Flaggenzwischenfall vom tunesischen Staatspräsidenten mit einem Orden ausgezeichnet. Nicht weniger beeindruckend sei der Fall von zwei Irakerinnen, die sich gleich mehrmals mit dem IS anlegten, um fünf irakische Soldaten zu retten, die in einem IS-Gebiet stecken geblieben waren. Eine der beiden Irakerinnen sei so weit gegangen, dass sie die Soldaten bei sich aufgenommen und ihre Ausweise gefälscht habe. Die Soldaten wurden auf dem Papier zu Söhnen der Frau.

„Es ist unglaublich. In dem Haus, in dem sie die Soldaten aufnahm, befanden sich ihre Schwiegertöchter und Enkel“, erzählt die Großherzogin. Die Frau habe alle Hausbewohner inklusive Kinder und Soldaten in einen Bus gepackt und mit auf die Reise genommen. „Sie haben elf Checkpoints des Islamischen Staats passiert, ohne entdeckt zu werden.“ Die Frau kam am Ziel an und ließ die Soldaten frei.

Schattenseiten der Thematik

Einige Kilometer in der Nähe von Bagdad nahm sich eine weitere Frau des Schicksals der fünf Soldaten an und organisierte ihnen ein Fahrzeug. „Solche positiven Beispiele liegen mir sehr am Herzen.“

Großherzogin Maria Teresa ist sich jedoch auch der Schattenseiten der Thematik bewusst. Neben den zahlreichen Entführungs- und Misshandlungsopfern sei das Phänomen der weiblichen Terrortouristinnen ein ernst zu nehmendes Problem. Die sozialen Medien spielten in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle.

Viele der jungen Frauen würden im weitesten Sinne über das Internet angeworben werden. Viele seien lediglich zwischen 14 und 19 Jahre alt. Sie seien sinnsuchende junge Menschen, deren Leben aus ihrer eigenen Sicht keinen Sinn ergebe (siehe S. 10). „Das muss man sich vorstellen: Diese Frauen wollen den dschihadistischen Wahnsinn leben. Dabei weisen Experten darauf hin: Die jungen Frauen verstehen gar nicht, was beim IS auf sie lauert oder dort wirklich vorgeht. Es ist eine Tragödie.“

„Falsche Ideale“

Viele glaubten, sie würden nach ihren Taten auf einer Ebene mit der Ehefrau des Propheten Mohammed stehen. Demnach seien die jungen Frauen aus religiösen und politischen Gründen auf der komplett falschen Spur.

„Es sind falsche Ideale, allerdings durchdringen sie die Psyche dieser instabilen jungen Menschen und haben einen dementsprechend negativen Einfluss“, lautet die Analyse der Großherzogin.

Es gelte, dieser Entwicklung entgegenzuwirken.