Wir dürfen uns nicht von Angst leiten lassen

Wir dürfen uns nicht von Angst leiten lassen
(Christoph Schmidt)

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Die jüngsten Terroranschläge und Amokläufe lösen Entsetzen aus. Wie sollte man mit seiner persönlichen Angst umgehen?

Die jüngsten Gewaltakte in Deutschland und Europa rufen bei vielen Menschen Angst hervor. Aber deshalb nicht mehr aus dem Haus zu gehen, ist keine Lösung. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) ruft im Interview der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart dazu auf, sich nicht von Angst leiten zu lassen – und erzählt, in welcher Situation er selbst schon einmal Angst hatte.

ZUR PERSON:

Winfried Kretschmann (68) ist der erste grüne Ministerpräsident eines deutschen Bundeslandes. Er regierte seit 2011 mit der SPD und seit Mai dieses Jahres mit der CDU als Juniorpartner. Derzeit freut er sich auf Urlaub in Griechenland und Schottland.

Viele Menschen verspüren heute Angst angesichts der Amokläufe und Terrorakte in Deutschland und Europa – wie sollen sie Ihrer Meinung nach damit umgehen?

Antwort: Wir dürfen uns nicht von Angst leiten lassen. Der Angstforscher Gerd Gigerenzer hat das sehr schön formuliert: Die Terroristen schlagen immer zweifach zu. Der erste Anschlag gilt unserem Körper, der zweite gilt unserem Gehirn. Gegen den ersten Anschlag versuchen wir uns zu schützen, so gut es geht. Vor dem zweiten Anschlag kann sich nur jeder selber schützen. Wenn wir dann aus Angst vor Terror unser Leben verändern, dann ist auch der zweite Anschlag gelungen. Dem müssen wir auf jeden Fall widerstehen.

Was würden Sie einem Bürger sagen, der beispielsweise erwägt, nicht mehr nach Paris zu fahren aus Angst vor dem Terror?

Antwort: Die Täter schlagen wahllos zu. Auch beim Urlaub im Allgäu oder an der Ostsee kann ein Irrer mit dem Messer auf Sie losgehen. Dann müsste man sich zum Schluss ja irgendwo einschließen. Uns müsste einfach klar sein, dass die Wahrscheinlichkeit, dass mir persönlich etwas passiert, sehr gering ist. Das heißt nicht, dass man nicht wachsam sein muss. Wachsam sein muss man auf jeden Fall.

Frage: Wie sicher ist das Leben in Baden-Württemberg?

Antwort: Baden-Württemberg gehört nach wie vor zu den sichersten Regionen der Welt. Aber es kann keine hundertprozentige Sicherheit geben – ein Restrisiko bleibt immer. Es sind einzelne Terrorakte, die einzelne Menschen gefährden. Aber statistisch gesehen gibt es viele Dinge, die viel gefährlicher sind.

Haben Sie manchmal Angst um sich oder Ihre Familie?

Antwort: Ich habe als Ministerpräsident Personenschutz. Ich gelte ja qua Amt als gefährdet. Ich werde von Personenschützern begleitet, mein Haus ist von Videokameras überwacht. Aber wirkliche Angst habe ich nicht.

Hatten Sie persönlich schon einmal Todesangst?

Antwort: Nein, das hatte ich noch nie. Mir ist mal einer im Auto von der Seite reingerast, da hatte ich kurzzeitig Angst, aber keine Todesangst.