Saudische Frauen wehren sich

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Ohne ihren Ehemann dürfen saudische Frauen kaum etwas entscheiden. Über eine Online-Petition und im Netz wollen Tausende jetzt den König wachrütteln.

In Saudi-Arabien werden Frauen massiv benachteiligt: Sie benötigen das Einverständnis ihres Ehemannes oder Vaters, um ins Ausland zu reisen, um zu arbeiten und um zu studieren. Witwen müssen gar ihren Sohn oder Bruder um Erlaubnis fragen. Außerhalb des Hauses dürfen Frauen keinen persönlichen Kontakt zu nicht verwandten Männern haben. Autofahren ist ihnen ohnehin verboten, und selbst beim Mieten einer Wohnung, bei der Beantragung eines Passes oder als Patientin im Spital benötigen sie oft die Erlaubnis eines Mannes.

Dagegen regt sich jetzt Widerstand: Mehr als 14.000 Frauen und auch Männer haben laut BBC eine Petition unterschrieben, in der sie fordern, dass das System der männlichen Vormundschaft abgeschafft wird. Am Sonntag fluteten saudische Frauenrechtsaktivisten die sozialen Medien mit Anleitungen, mit welchen Forderungen sich Frauen schriftlich an König Salman wenden sollten. Über 2.500 Telegramme sollen daraufhin im königlichen Büro eingegangen sein.

#IAmMyOwnGuardian

Die Aktivistin Aziza al-Yousef wollte die Petition am Montag beim königlichen Gericht in Riad einreichen, doch sie wurde abgewiesen mit der Begründung, sie solle die Unterschriften per Post schicken, wie CNN berichtet.

Die Kampagne nahm im Juli an Fahrt auf, nachdem ein Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch darauf hingewiesen hatte, dass die männliche Vormundschaft über Frauen das Haupthindernis bei der Durchsetzung von Frauenrechten im Land ist. Mehr als zwei Monate lang hatten saudische Frauen daraufhin in sozialen Medien ein Ende der Bevormundung gefordert.

Unter Hashtags wie #IAmMyOwnGuardian oder #stopenslavingsaudiwomen twitterten zahlreiche Saudi-Araberinnen Kommentare, Kunstwerke und Videos, um gegen die veralteten Regeln zu protestieren. Ein Hauptanliegen der Frauen ist es, laut der Aktivistin al-Yousef, Frauen ab einem Alter zwischen 18 und 21 Jahren das Recht zuzugestehen, „wie eine Erwachsene behandelt“ zu werden.

„Verbrechen gegen die saudische Gesellschaft“

„Die Frauen hier sind gefangen“, zitiert CNN eine saudische Bürgerin, die anonym bleiben möchte. „Alles hängt von deinem Vormund ab. Wenn er in Ordnung ist, wenn er ein guter Mann ist, lässt er dich arbeiten oder studieren, was ein Grundrecht ist. Wenn er das nicht ist, wird er dich davon abhalten.“

Die höchste religiöse Autorität im Land, der Großmufti, bezeichnete die Kampagne als „Verbrechen gegen die saudische und muslimische Gesellschaft“. Auch andere saudische Frauen sprachen sich unter dem Hashtag #TheGuardianshipIsForHerNotAgainstHer auf Twitter gegen eine Lockerung der Gesetze aus.

Das Problem: Reaktionäre Kleriker

Bereits vor fünf Jahren hatten sich al-Yousef und ihre Mitstreiterinnen für die Gleichberechtigung von Frauen starkgemacht. Damals habe sie keine Antwort von der Regierung erhalten, berichtet sie der BBC. „Aber wir haben immer Hoffnung – ohne Hoffnung kann man nicht arbeiten.“ Bisher hat es noch keine offizielle Reaktion auf die Petition gegeben.

Zwar kündigte die saudische Regierung schon 2009 und 2013 an, das Vormundschaftssystem abzuschaffen. Es wurden auch einige Reformen umgesetzt – Frauen dürfen wählen und haben einfacheren Zugang zum Arbeitsmarkt. Vor der Gewährung grundlegender Rechte schreckte die Politik aber bislang zurück.

Wie der „Guardian“ schreibt, sind viele Mitglieder der Königsfamilie weiteren Reformen nicht abgeneigt. Das Problem seien vielmehr die ranghohen Geistlichen, die mögliche Veränderungen blockierten.