Hamas im Wandel

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Eine palästinensische Einheitsregierung vor Augen, signalisiert die radikalislamische Hamas Zeichen der Mäßigung.

Funktionäre der Organisation sprechen von Versöhnung mit dem Westen, einer Einstellung der Kämpfe, andeutungsweise gar davon, sich mit dem jüdischen Staat irgendwie zu arrangieren. Israel überzeugt das nicht. In manchen palästinensischen Kreisen indes keimt die Hoffnung, dass die Hamas auf politischer Ebene zu einem anerkannten Teil der Nahost-Gleichung werden könnte.

„Die Welt sollte begreifen, dass wir vieles geändert haben“, sagt Ghasi Hamad, der stellvertretene Außenminister der Hamas-Regierung im Gazastreifen. „Die Staatengemeinschaft sollte vor diesen Veränderungen nicht davonlaufen.“

Dazu wird einiges Geschick vonnöten sein: Selbst eine gemäßigte Hamas würde Israel nicht öffentlich anerkennen, wie es die Nahost-Vermittler fordern, oder ihr Waffenarsenal abrüsten. Die Israelis könnten kaum skeptischer sein. Doch ihre Appelle, die neue Regierung auszugrenzen, verhallen in der Staatengemeinschaft weitgehend ungehört. Das lässt auf eine Bereitschaft schließen, die Hamas beweisen zu lassen, dass sie sich geändert hat.

Bittere Lektionen

Nach Einschätzung von Beobachtern hat die Organisation in den vier Jahren an der Macht in Gaza einige bittere Lektionen lernen müssen. Offenbar haben die israelische Blockade des Gazastreifens, die Militäroffensive vor zwei Jahren und der Aufstand in der arabischen Welt Spuren hinterlassen. Die Hamas habe begriffen, dass sie „von der Staatengemeinschaft, besonders vom Westen, akzeptiert werden“ muss, wenn sie eine Führungsrolle bei den Palästinensern einnehmen will, erklärt der palästinensische Kommentator Hani Masri.

Die Hamas wurde 1987 in Gaza gegründet mit dem Ziel, einen islamischen Staat zu errichten. Anfangs konzentrierte sie sich auf Bildungs- und Sozialarbeit; selbst Israel unterhielt Kontakt zu ihr als Gegengewicht zu der damals dominierenden Fatah. Nach Ausbruch der Intifada verschrieb sich die Hamas der Gewalt. Seither fielen Hunderte Israelis ihren Bombenanschlägen und anderen Angriffen zum Opfer. Zudem verbündete sie sich mit Israels Erzfeinden Syrien und dem Iran, von denen sie Waffen und militärische Ausbildung erhielt. Heute soll sie über tausende Raketen verfügen, die bis weit nach Israel hinein treffen können, dazu moderne Panzer- und Flugabwehrwaffen.

Spaltung

Trotzdem scheint die Hamas hinter den Kulissen mitten in einem Wandel zu stecken, ausgelöst durch den Abzug Israels aus Gaza 2005 und ihren Wahlsieg wenig später. Hamas und Fatah bildeten zunächst eine gemeinsame Regierung, die aber nicht lange hielt. 2007 warf die Hamas die Fatah hinaus und übernahm die Macht in Gaza. Sie herrscht dort mit harter Hand, während der Fatah nur mehr das Westjordanland blieb. Die Teilung wurde von vielen Palästinensern bedauert und erschwerte das Streben von Präsident Mahmud Abbas nach Anerkennung eines palästinensischen Staates. Vorige Woche unterzeichneten beide Seiten ein Versöhnungsabkommen, das die Bildung einer Übergangsregierung bis zu Wahlen im nächsten Jahr vorsieht.

In jüngster Zeit hat die Hamas verschiedentlich signalisiert, dass es an ihr nicht scheitern soll. Ohne abrüsten oder ihr „Recht zum Widerstand“ aufgeben zu wollen, versichern führende Politiker jedoch, die „Ruhe“ mit Israel bewahren zu wollen. Anschläge auf Israel soll es nur noch im palästinensischen „Konsens“ geben – damit hat der erklärte Gewaltgegner Abbas ein Vetorecht gegen Terror. Und, ganz entscheidend: Die Hamas-Führung einschließlich des im Exil lebenden Chefs Chaled Maschaal hat erkennen lassen, dass sie einer möglichen Übereinkunft Abbas‘ mit Israel nicht im Wege stehen würde.

Kein Vertrauen

Dennoch traut Israel dem Braten nicht und bekniet den Westen nach Kräften, eine palästinensische Regierung unter Beteiligung der Hamas keinesfalls anzuerkennen. Die Katze lasse das Mausen nicht, gab Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zu verstehen. Der Nahostexperte Fawas Gerges ist hingegen überzeugt, dass sich die Hamas geändert hat: „Sie sind zu dem Schluss gekommen, dass ein Abkommen (mit Israel) der einzig gangbare Weg ist.“