„Diese Deals finden hier statt“

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Bei der ersten Sitzung des EU-Untersuchungsausschusses zu den "Panama Papers" wurde Luxemburg mehrmals genannt. Viele Deals würden hierzulande stattfinden.

Der EU-Untersuchungsausschuss zum Skandal um die sogenannten „Panama Papers“ will auch die vor wenigen Tagen in die Kritik geratene ehemalige EU-Kommissarin Neelie Kroes vorladen. „Unsere Arbeit beschränkt sich nicht nur auf die Panama-Papiere“, sagte der Ausschussvorsitzende Werner Langen nach der ersten Sitzung am Dienstag in Brüssel.

Kroes’ Name war im Zuge neuer Enthüllungen des Konsortiums Investigativer Journalismus (ICIJ) aufgetaucht. Sie war während ihrer Amtszeit Direktorin einer Briefkastenfirma und hatte dies nicht angegeben. Das Konsortium hatte auch die Affäre um die „Panama Papers“ ins Rollen gebracht.

Journalisten befragt

In der ersten Sitzung des Untersuchungsausschusses des Europaparlaments wurden Journalisten des Konsortiums von den Abgeordneten zu den Papieren befragt. Die Journalisten berichteten über ihre Entdeckungen bei der Sichtung der ihnen zugespielten Dokumente, aus der die Existenz von 214.000 Briefkastenfirmen hervorgeht. 140 dieser Firmen hätten gewählten Volksvertretern auf der ganzen Welt gehört, rief ICIJ-Direktor Gerard Ryle per Videobotschaft aus Washington in Erinnerung.

Es sei die Aufgabe von Journalisten, solche Missstände aufzudecken, und die Aufgabe von Politikern, darauf zu reagieren. Den Schutz von Informanten nannten gleich mehrere Journalisten als eine Hauptforderung, die als Konsequenz aus den Enthüllungen erfüllt werden müsse. Es sei klar, dass die „Panama Papers“ nur die „Spitze eines riesigen Eisberges“ seien, sagte Julia Stein vom Norddeutschen Rundfunk (NDR). Es sei erschreckend, zu sehen, wie leicht es sei, eine Briefkastenfirma zu gründen.

Briefkastenfirmen nicht illegal

Briefkastenfirmen an sich sind nicht illegal. Allerdings sei in 90 Prozent der Fälle davon auszugehen, dass mit der Briefkastenfirma illegale Handlungen vertuscht werden sollten. „Da es aber versteckt läuft, kann man das gar nicht überprüfen“, sagte Stein. Größere Transparenz bei Finanzgeschäften, eine bessere Durchsetzung der geltenden Gesetze und ein besserer Schutz für Informanten waren die Kernpunkte, die bei dem Treffen angesprochen wurden.

„Wir müssen dieses Business-Modell zerschlagen“, sagte der dänische Co-Berichterstatter Jeppe Kofod. Die EU müsse Banken dazu bringen, „sich an gewisse Gesetze zu halten“. Weltweit seien 13 der 20 größten Banken in die Skandale „Panama Papers“ und „Bahamas-Leaks“ verwickelt. Betroffen seien neben den Banken auch Aufsichtsbehörden, Parlamente und Regierungen.

Luxemburg mehrmals genannt

Verschiedene europäische Staaten hätten das System durch Wegschauen unterstützt. Zypern, Luxemburg, Monaco, Malta und Großbritannien wurden in der Diskussion mehrmals genannt. „Diese Deals finden hier statt, mitten unter uns“, sagte Jan Strozyk vom NDR. Die nächste Sitzung des Untersuchungsausschusses ist für den 13. Oktober geplant. Wann Ex-Kommissarin Kroes in den Ausschuss kommen soll, steht noch nicht fest.

Durch die Auswertung von 11,5 Millionen zugespielten Dokumenten hatte das weltweit tätige Journalistennetzwerk ICIJ im Frühjahr enthüllt, wie die Finanzkanzlei Mossack Fonseca mit Sitz in Panama zahlreichen Menschen dabei half, Steuern zu umgehen. Die Enthüllungen brachten viele Politiker, Sportler und andere Prominente in Bedrängnis und riefen weltweit Steuerfahnder auf den Plan.