Staunen über Vulkan-Spektakel

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Gleich vier benachbarte Vulkane speien in Russlands Fernem Osten Asche und Lava. Die fast menschenleere Wildnis der Halbinsel Kamtschatka lockt auch immer mehr deutsche Touristen an. Doch das «Land aus Feuer und Eis» birgt Gefahren.

Weitab der Zivilisation ereignet sich in Russlands Fernem Osten ein seltenes Phänomen, das auch erfahrene Forscher staunen lässt. „Es ist, als sehe man der Erde bei ihrer Entstehung zu“, schwärmt der Wissenschaftler Denis Budkow. Gleich vier benachbarte Vulkane auf der Pazifik-Halbinsel Kamtschatka spucken Magma und Asche. „Ich beschäftige mich schon lange mit unseren Feuerbergen – aber so etwas habe ich noch nie gesehen“, sagt Budkow. Bilder zeigen, wie Lava in Fontänen hochschießt, dann quillt die mehr als 1000 Grad heiße Glut die schneebedeckten Flanken hinab.

Kamtschatka, das „Land aus Feuer und Eis“, gilt seit dem Ende der Sowjetunion 1991 als Geheimtipp für Abenteuerreisen – auch für immer mehr Deutsche. Aber die Region rund achteinhalb Flugstunden östlich von Moskau birgt für Touristen Lebensgefahren. So riss bei einem der bisher schwersten Unfälle auf der Halbinsel eine mächtige Lawine im April 2010 fünf deutsche Wintersportler und fünf Russen in den Tod.

Achtung Gefahr

„Viele Touristen meinen irrtümlich, Kamtschatka sei ein reiner Abenteuerspielplatz“, sagt Reiseveranstalter Gework Schchijan im russischen Fernsehen. Rauchschwaden und Lavastrudel, die aus der malerischen Landschaft lodern, würden immer wieder unvorsichtige Schaulustige dicht an die Krater locken. „Für Allergiker und Asthmatiker sind aber schon Gas und Asche des Vulkans schädlich“, warnen Behörden. In der Wildnis abseits der Dreitausender werden zudem immer wieder Unvorsichtige von Bären getötet. Mit 12 500 Tieren besitzt Kamtschatka die größte Braunbärenpopulation der Welt.

Fast 200 Vulkane stehen in der Region zwischen der Beringstraße und dem Ochotskischen Meer, rund 30 davon sind aktiv. Seit November 2012 speien Karymski, Kisimen, Schiwelutsch und Ploski Tolbatschik – verschieden intensiv und mit längeren Pausen – Rauch und Lava. Der zeitgleiche Ausbruch gefährdet auch den Flugverkehr. Der Luftraum über dem Gebiet, das etwa so groß ist wie Deutschland und Österreich zusammen, wurde wegen Aschewolken teilweise gesperrt, so wie vor drei Jahren in Europa beim isländischen Vulkan Eyjafjallajökull.

Region war Sperrgebiet

Zu Sowjetzeiten war die Region in der Nähe zu Japan Sperrgebiet. Seit der Öffnung für Touristen kommen hier neben Wintersportlern auch Naturfans auf ihre Kosten: In den Flüssen drängen sich Lachse, Geysire speien klares Wasser. Die Umweltstiftung WWF kritisiert jedoch das zunehmende Treiben in der einzigartigen Biosphäre, die als Unesco-Welterbe anerkannt ist. Der Transport der Touristen per Hubschrauber erschrecke die Tiere, zudem bedrohe die geplante Ausbeutung von Bodenschätzen wie Erdöl und Platin die Natur. Doch Tourismus ist im Land der Vulkane – mit knapp 400 000 Einwohnern und hoher Arbeitslosigkeit – eine wichtige Einnahmequelle geworden.

Warum die vier Vulkane gerade jetzt und zeitgleich ausgebrochen sind, dafür finden sich in der Fülle geophysikalischer Messungen noch keine Hinweise. Zwar platze unter Kamtschatka, das zum sogenannten Feuerring um den Pazifik gehört, „die Naht der Erde“, sagt Forscher Budkow. Hier kollidieren auf der Erdkruste drei Kontinentalplatten. Aber ein größerer Crash sei bislang nicht registriert, meint die Geologin Tatjana Tschurikowa. „Wir müssen weiterforschen, denn die Eruptionen sind kein Zufall“, sagt sie dem Radiosender Echo Moskwy.