Le Pen peilt Sieg an

Le Pen peilt Sieg an
(Michel Spingler)

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Drei Wochen nach den Anschlägen von Paris ist die rechtsextreme Front National (FN) bei den Regionalwahlen in Frankreich auf einen Erfolg zugesteuert.

Bei der ersten Wahlrunde am Sonntag hatte die Partei von Marine Le Pen Umfragen zufolge gute Chancen, mit rund 30 Prozent stärkste Kraft zu werden. Den Sozialisten von Staatschef François Hollande drohte mit vorausgesagten 22 Prozent eine Wahlschlappe. Nach den Anschlägen in Paris vom 13. November mit 130 Toten öffneten die Wahllokale am Sonntagmorgen unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen.

In Paris patrouillierten verstärkt Polizisten und Soldaten. Zu den Wahlurnen gerufen waren 44,6 Millionen Franzosen, gewählt wurde in den 13 künftigen französischen Regionen und in vier Überseegebieten. Wer in den Regionalparlamenten künftig die Mehrheit hat und damit den Regionalpräsidenten stellt, wird voraussichtlich erst in der zweiten Wahlrunde in einer Woche entschieden. Es galt als unwahrscheinlich, dass eine Partei bereits im ersten Wahlgang eine absolute Mehrheit in einer Region erzielt.

Ausländerfeindliche Partei

Erste Schätzungen zum Ausgang der Wahl wurden gegen 20.00 Uhr erwartet. Am Nachmittag lag die Wahlbeteiligung bei 43 Prozent. Die Front National, die nach den Anschlägen in Umfragen zulegte, hatte in der ersten Wahlrunde in sechs Regionen gute Chancen, die meisten Stimmen zu erhalten. Letztlich gewinnen könnte die ausländerfeindliche Partei in zwei oder sogar drei Regionen: Die FN ist insbesondere in der nordfranzösischen Region Nord-Pas-de-Calais-Picardie Favorit – dort tritt Parteichefin Le Pen als Spitzenkandidatin an.

Gute Chancen hat die Partei auch in der südfranzösischen Region Provence-Alpes-Côte d’Azur, wo Le Pens 25-jährige Nichte Marion Maréchal-Le Pen die FN-Liste anführt. Die Front National hat noch nie in ihrer Geschichte eine Region angeführt. 30 Prozent in der ersten Runde wären zudem das beste Ergebnis in der Geschichte der Partei bei einer landesweiten Wahl. Bereits bei den Europawahlen im Mai 2014 war die FN stärkste Kraft in Frankreich geworden. Damals kam die Partei auf rund 25 Prozent.

Wähler mobilisieren

Eine erneute Wahlschlappe stand derweil Hollandes Sozialisten bevor: Zwar stiegen die Zustimmungswerte für den Staatschef nach den Anschlägen vom 13. November in Umfragen kräftig an; Beobachter erwarteten aber, dass sich das auf den Ausgang der Regionalwahlen kaum auswirken würde. Bislang stellten die Sozialisten in fast allen Regionen den Regionalpräsidenten; sie dürften nach dem zweiten Wahlgang in einer Woche nur noch drei oder vier Regionen behalten.

Für die Sozialisten war es deswegen besonders wichtig, Wähler zu mobilisieren. Premierminister Manuel Valls sagte nach Abgabe seiner Stimme: „Es gibt nur eine Sache zu tun: wählen.“ Der Wahlzettel sei auch eine „Waffe“ im Kampf gegen den Terrorismus. Allerdings lag die Wahlbeteiligung am Mittag bei 16,27 Prozent und damit nur geringfügig höher als bei den letzten Regionalwahlen vor fünf Jahren zum gleichen Zeitpunkt.

Symbolische Bedeutung

Hollande gab seine Stimme am Vormittag in der Stadt Tulle ab, wo er lange Zeit Bürgermeister war. Das konservativ-bürgerliche Lager von Ex-Staatschef Nicolas Sarkozy hatte lange Zeit auf einen deutlichen Sieg bei den Regionalwahlen gehofft, zuletzt aber Boden gegenüber der FN verloren.

Umfragen sagten den Konservativen am Sonntag rund 29 Prozent der Stimmen voraus. Die Regionalwahlen haben eine besondere symbolische Bedeutung: Es sind die letzten großen Wahlen vor den Präsidentschaftswahlen 2017. Dort hat Marine Le Pen gute Chancen, in die Stichwahl einzuziehen.

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