Diesel stirbt nicht

Diesel stirbt nicht
(AFP/Paul J. Richards)

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Vor dem Hintergrund der VW -Affäre bricht die deutsche Autobranche eine Lanze für Diesel-Motoren.

Der Lobby-Verband VDA stemmt sich dagegen, dass diese Technologie wegen der Abgasmanipulation bei Europas größtem Autobauer in Verruf gerät. „Da ist Vertrauen zerstört worden, darüber mache ich mir keine Illusion“, räumte VDA-Präsident Matthias Wissmann am Dienstag in Berlin. Die in Deutschland stark verbreitete Diesel-Technologie sei allerdings nötig, um die CO2-Ziele zu erreichen. Zudem werde dort weniger Kraftstoff verbraucht als bei Benzin-Motoren. „Es wäre daher umwelt- und klimapolitisch ein großer Fehler, wenn der Diesel in Misskredit geraten würde.“

ANTEIL VON DIESEL-FAHRZEUGEN IN DEUTSCHLAND STEIGT

Volkswagen hatte im September auf Druck der US-Umweltbehörde EPA zugegeben, Stickstoffwerte mit einer Software geschönt zu haben. Weltweit sind fast elf Millionen Fahrzeuge davon betroffen. Seitdem blickt die Branche mit Argusaugen darauf, ob sich die Kunden beim Kauf zurückhalten. Die jüngsten und überraschend guten Zahlen geben dies allerdings nicht her. Im November stieg die Zahl der Neuzulassungen binnen Jahresfrist um neun Prozent auf 272.000. Dabei lag der Anteil von Dieselfahrzeugen bei knapp 50 Prozent, während er zwischen Januar und November nur rund 48 Prozent betrug. „Wir haben keine Anzeichen, dass der Diesel am deutschen Markt einbricht“, sagte Wissmann. Ein endgültiges Urteil, wie sich das Geschäft mit Dieselfahrzeugen in Westeuropa entwickelt, „würde ich mir erst im Frühjahr zutrauen“.

In Frankreich allerdings sei der Anteil von mehr als 60 Prozent auf gut 50 Prozent gesunken. „Deshalb rufe ich nicht die Apokalypse aus.“ In den USA hingegen liege der Marktanteil von Diesel-Autos nur bei rund drei Prozent. „Da wären Einbrüche keine Beinbrüche“, sagte Wissmann. Allerdings wäre es ein Rückschlag für den Ausbau der Dieseltechnologie in Übersee.

BMW -Chef Harald Krüger äußerte sich derweil skeptisch zur Zukunft des Dieselmotors. Es werde der Punkt kommen, an dem es schlichtweg unwirtschaftlich sei, „den Dieselantrieb immer weiter an die Anforderungen einer zunehmend ambitionierten Gesetzgebung anzupassen“, sagte Krüger dem „Handelsblatt“. „Dann wird Elektromobilität die entscheidende Rolle spielen.“ In Europa liegt der Diesel-Anteil der Münchener bei 80 Prozent. Die VW-Abgasaffäre habe bislang keine Spuren im Absatz von BMW hinterlassen, sagte Krüger.
Beim Ziel, bis 2020 eine Million Elektroautos auf die Straße zu bringen, hängt Deutschland stark hinterher. Der VDA setzt darauf, dass die Politik sich noch in diesem Jahr auf Kaufanreize einigt.

VDA: GEGENWIND WIRD 2016 STÄRKER

Insgesamt stellt sich die Autobranche nach einem überraschend guten Jahr 2015 auf schwierigere Zeiten ein. „Der Gegenwind wird stärker, die Herausforderungen nehmen im kommenden Jahr erheblich zu“, sagte Wissmann. Der Kampf gegen den Terror, die Konjunkturrisiken in Schwellenländern wie Russland und Brasilien und die politischen Spannungen im Nahen Osten trübten die Stimmung bei den Autobauern. Für 2016 erwartet der Branchenverband ein Plus von zwei Prozent auf 78,1 Millionen Pkw weltweit. In Deutschland soll die Zahl der neu zugelassenen Fahrzeuge leicht auf 3,2 Millionen zulegen. Das ist ein deutlich geringeres Wachstum als 2015: Laut VDA fahren in diesem Jahr vier Prozent mehr neue Autos auf den Straßen und damit mehr als ursprünglich erwartet. Vor allem die Region Westeuropa habe sich 2015 überraschend gut entwickelt.