42 Monate Haft auf Bewährung

42 Monate Haft auf Bewährung
(Unfallbericht)

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Der ehemalige Fokker-50-Pilot Claude Poeckes bekommt 42 Monate Haft auf Bewährung sowie eine Geldstrafe. Freisprüche gibt es für die drei ehemaligen Luxair-Generaldirektoren.

Kurz nach 15 Uhr sprach Richter Prosper Klein die Urteile: Pilot Claude Poeckes 42 Monate Haft auf Bewährung und eine Geldstrafe in Höhe von 4000 Euro. Drei Flugzeugtechnicker der Luxair bekommen ebenfalls Haftstrafen auf Bewährung: Marc Gallowitch erhielt 18 Monate und eine Geldstrafe von 2000 Euro. Guy Arendt und Léon Moes wurden zu einer Gefangnisstrafe von jeweils 24 Monate auf Bewährung und einer Geldstrafe in Höhe von 2500 Euro verurteilt. Die drei ehemaligen Luxair-Generaldirektoren Christian Heinzmann, Jean-Donat Calmes und Roger Siezen sind freigesprochen.

Die vier Verurteilten wurden auch dazu verurteilt, die Kosten des Verfahrens (etwa 200.000 Euro) zu tragen. Die Verteidiger haben jetzt 40 Tage Zeit, um Appell gegen das Urteil einzulegen.

Was die finanziellen Entschädigungen betrifft, so erhält nur die Familie der beim Crash getöteten Stewardess Geld. Sie hatte bislang noch keine Entschädigung erhalten. Der ehemaligen Lebensgefährtin des beim Unfall umgekommenen Kopiloten wurde keine Entschädigung zugespreochen. Sie hatte schon Geld von der Luxair erhalten. Für alle anderen Fälle erklärte sich das Gericht für nicht zuständig. Die Klagen wurden aber als zulässig erklärt.

Keine Kontrolle

Der Pilot Claude Poeckes soll vor dem Absturz am 6. November 2002 die Schubhebel der Fokker 50 nach hinten gezogen haben, um rasch an Tempo und Höhe zu verlieren. Die gewählte anormale Propellerstellung – die einer Art Schubumkehr gleichkommt – darf aber nur am Boden zum starken Abbremsen benutzt werden.

Die Folge: Die Maschine war nicht mehr kontrollierbar und stürzte aus 200 Metern Höhe in die Tiefe. Warum der Pilot den Griff zum Schubhebel machte? Die Antwort lieferte der Stimmenrekorder aus dem Cockpit, der im Prozess abgespielt wurde und die letzten Minuten vor dem Unglück wiedergibt. „Er wollte einfach nach Hause“, fasste Staatsanwalt Serge Wagner im Oktober 2011 zusammen. Wegen dichten Nebels hatte die Maschine an jenem Tag aber zunächst keine Landeerlaubnis bekommen. Und als dann endlich das OK kam, lief alles überhastet ab.

Keine Regeln

Der Pilot hatte im Prozess ausgesagt, sich nicht mehr an das Unglück erinnern zu können. Er bedauerte, dass so viele Menschen gestorben seien. „Ich gehe aber nicht davon aus, dass wir etwas falsch gemacht haben“, erklärte er. Den Schubhebel habe er höchstens unabsichtlich betätigt. Für den Vorsitzenden Richter Prosper Klein war aber klar: „Viele Regeln sind nicht eingehalten worden.“ Der Landeanflug war nicht vorbereitet, der Co-Pilot nicht angeschnallt, die Passagiere waren nicht informiert worden.

Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft trägt auch der Flugzeughersteller Fokker eine Mitschuld an dem Unglück. Denn: Eigentlich hätte der Schubhebel im Cockpit technisch überhaupt nicht nach hinten gezogen werden können. Die Sicherheitsvorrichtung habe nicht funktioniert, hatte Wagner im Plädoyer ausgeführt. Fokker seien die technischen Probleme an Maschinen gleichen Typs bekannt gewesen – und der Hersteller hätte nachbessern müssen.

Ein Mammutprozess

Mit 33 Verhandlungstagen war er der bisher längste Prozess in Luxemburg. Und auch sonst ungewöhnlich: Der Prozess hat erst fast neun Jahre nach dem Unglück begonnen, weil tausende Dokumente ausgewertet und technische Details analysiert werden mussten. Einsprüche, Anträge und angeforderte Gutachten verzögerten immer wieder den Prozessstart.