Wüstenmuseum oder Kunst im Dialog?

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Fernand Weides schreibt über das Louvre Abu Dhabi

Fernand Weides schreibt über das Louvre Abu Dhabi

Wer Zeit und Geld hat, kann sich über die Weihnachtstage das am 11. November eröffnete Louvre Abu Dhabi ansehen. Das in einer Planungs- und Bauzeit von zehn Jahren entstandene Juwel unter den Museen der Region trägt nicht nur einen Prestige-Namen, für den die Scheichs rund eine Milliarde Euro (Beratung und Leihgaben inbegriffen) bezahlten, Experten sagen sogar voraus, dass es vor allem von „Westlern“ besucht werden könnte.

Kunstinteressierte Einheimische halten dagegen und meinen, man brauche nun nicht mehr in den Westen zu reisen, um hochwertige Kunst zu begutachten. In der Tat, das neue Louvre Abu Dhabi ist nicht nur ein Projekt erster Güte. Es darf auch, im Gegensatz zu in den 80er- und 90er-Jahren entstandenen Museen in der Golfregion, nicht mehr nur als „Wurzel-Museum“, wie Experte Kazerouni Kunsthäuser dort nennt, bezeichnet oder als Ort für islamische Kunst betrachtet werden, nein, es ist ein „universales“ Kunstmuseum, in dem Kunstgeschichte und Meisterwerke der ganzen Welt unter einem Dach präsentiert werden.

Der Bau des Louvre Abu Dhabi wird als „spektakulär“ beschrieben, umfasst dieser doch 6.000 Quadratmeter Fläche und eine Kuppel mit rund 180 Metern Durchmesser, die sich der renommierte französische Architekt Jean Nouvel einfallen ließ, um Räume, Gänge und Wasserkanäle zu überdecken. Nachts leuchtet dieser Sternendom majestätisch in den Abendhimmel, so dass der Bau zu einem neuen Wahrzeichen der Vereinigten Arabischen Emirate geworden ist. Gezeigt werden Meisterwerke aller Art, selbst einige für diese Gegend gewagtere Exponate sind dabei, doch entspricht es dem Willen der Urheber, Offenheit zu zeigen, um den „Dialog zwischen den Völkern“ anzustoßen, wie die FAZ notiert.

Ob dies auch so sein wird, muss sich zeigen. Gemäß einer Studie über „Museum und Politik in den Golfemiraten“, die genannter Experte veröffentlicht hat, reihen sich rezente Prestige-Vorhaben in eine Politik der sich progressiv entwickelnden Museumslandschaft ein. Man scheint bewusst von der auch durch die Medien propagierten Mähr, es habe dort eine „Einöde“ für Kunst geherrscht, abrücken zu wollen. Das würde bedeuten, dass man es mit dem Dialog zwischen den Kulturen ernst zu meinen scheint.

Die Zeiten sind günstig, es besteht auch in der westlichen Welt das Bedürfnis, „fundamentalistische“, von bestimmten Kräften neu bereitete Gräben zu überwinden. Der französische Präsident etwa reiste nicht nur wegen der Museumseröffnung nach Abu Dhabi, er besuchte auch andere Staaten der Region, um Kontakte zu knüpfen. Wirtschaftliche und politische Hintergründe spielen in dieser spannungsgeladenen Zeit eine wichtige Rolle, auch in Sachen Kultur, doch kunstinteressierte „Westler“ werden unabhängig davon in den kommenden Wochen und Monaten den Weg nach Abu Dhabi nicht scheuen, allein schon weil das teuerste bei einer Auktion erworbene Kunstwerk, „Salvator Mundi“ von Leonardo da Vinci (für rund 450 Millionen Dollar im November bei Christie’s ersteigert), von seinem neuen Besitzer, einem saudischen Prinzen, zur Ausstellung im Louvre Abu Dhabi ausgeliehen wird. Wann das der Fall sein wird, ist noch nicht bekannt. Trotzdem, rund zweihundert hochkarätige Werke warten in orientalischem Medina-Rahmen auf einen Besuch!